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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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konntet.« Dann stieß Stoppel mit beiden an und trank genussvoll seinen Becher leer. Während er sich seine Pfeife anzündete, sah er Walther an. »Du bist wohl hier in diesem Haus zur Welt gekommen?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Oh nein! Als der Graf meinen Vater als Wachtmeister in sein Regiment holte, musste meine Mutter in eine Hütte im Dorf ziehen. Ich bin erst etliche Jahre später zur Welt gekommen und habe das Forsthaus immer nur von außen gesehen.«
    Der Junge hatte längst beschlossen, seinen Frieden mit dem Förster zu machen. Stoppel konnte nichts dafür, dass er nun die Stelle einnahm, die früher einmal sein Vater ausgefüllt hatte.
    »Könnt ihr neben euren Körben noch etwas anderes tragen?«, fragte Stoppel. »Ich sollte nämlich für die Mamsell Baumharz sammeln, und das könntet ihr mitnehmen.«
    »Deswegen hat Frau Frähmke uns hierher geschickt«, bekannte Gisela.
    Der Förster musterte die beiden vollen Pilzkörbe und schüttelte den Kopf. »Das wäre zu schwer für euch. Wisst ihr was? Ich komme mit euch. Dann kann ich Seiner Erlaucht gleich von dem Gelichter berichten, das sich in seinen Wäldern herumtreibt.«
    Während Gisela erleichtert wirkte, kämpfte Walther mit seinem verletzten Stolz. Er war der Meinung, die zusätzliche Last des Baumharzes durchaus bewältigen zu können. Außerdem kränkte es ihn, dass Stoppel ihn nicht für fähig zu halten schien, Gisela auf dem Heimweg zu beschützen.
    Doch angesichts von Stoppels fortwährender Freundlichkeit vergaß Walther rasch seinen Unmut, und als Stoppel ihm Pulver und Kugeln brachte, mit denen er die Pistole laden konnte, war er wieder versöhnt.

8.
    W ie von der Köchin Cäcilie angekündigt, ließ das Wetter das Sammeln von Pilzen schon vom nächsten Tag an nicht mehr zu. Noch am Abend fiel ein eiskalter Regen, den der stürmische Wind in jede Ritze und Falte trieb. Als Walther das Feuerholz holte, bedauerte er, keine Handschuhe zu tragen. Es fror ihn an den Fingern, und seine Jacke war zu dünn, um den Regen abzuhalten.
    Bei seiner Rückkehr in die Küche zitterte er so stark, dass Cäcilie den Kopf schüttelte. »Du hättest zurückkommen und wärmere Sachen anziehen sollen!«
    »Ich dachte, ich schaffe es auch so. Aber das nächste Mal ziehe ich mich um«, versprach Walther und stellte sich an den Herd, um sich aufzuwärmen.
    Unterdessen räumte Cäcilie die Scheite ein. »Ich werde mit der Mamsell reden, damit sie dir richtige Winterkleidung zuteilt«, sagte sie und wies dann auf Gisela, die am Tisch saß und Pilze putzte. »Sie braucht auch einen wärmeren Rock, eine Weste und ein dickes Schultertuch, wenn sie nach draußen geht.«
    »Gisela braucht die Sachen dringender als ich«, erklärte Walther.
    »Ihr braucht sie beide!« Die Köchin ließ sich nicht beirren, sondern wies Walther an, dem Mädchen bei den Pilzen zu helfen. »Dann wird sie schneller fertig, und du kannst ihr noch ein wenig von dem beibringen, was unser Herr Pastor morgen von ihr wissen will. Sonst tanzt sein Stock wieder auf ihrem Hintern, und das wollen wir doch alle nicht.«
    »Der Pastor übertreibt es wirklich«, sagte Walther leise.
    Die Köchin zuckte mit den Schultern. »Die einen haben die Macht, Tausende von Soldaten loszuschicken, die sich gegenseitig totschießen sollen, andere haben nur die Macht über ein paar Kinder, die sie nach Herzenslust verprügeln können. Leben muss man mit beidem.«
    »Der Mann behandelt uns nicht einmal gleich!«, erklärte Walther mit Nachdruck. »Gisela und mich straft er bei dem kleinsten Fehler, während er bei Graf Diebold immer wieder Nachsicht übt. Außerdem schlägt er ihn niemals, ohne mich vorher zu verbleuen.«
    »Das tut mir leid für dich und auch für Gisela, aber ich fürchte, ihr werdet es ertragen müssen. Und nun führe dein Messer nicht so, als wären die Pilze jemand, den du abstechen willst. Wenn ich Stoppel richtig verstanden habe, hast du heute schon einen Menschen verletzt.« Die Köchin klang ungläubig, doch Walther nickte.
    »Es war ein Landstreicher, der es mit seinen Spießgesellen auf Gisela und mich abgesehen hatte. Ich begreife nicht, weshalb der Kerl so dumm sein konnte. Außer den beiden Körben mit Pilzen hatten wir doch nichts bei uns.«
    »Für jemand, der hungrig ist, stellen zwei Körbe mit Pilzen durchaus eine Verlockung dar«, gab Cäcilie zurück.
    Gisela legte den Pilz, den sie gerade geputzt hatten, in die Schüssel und sah die Köchin empört an. »Aber die hätten

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