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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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abhandengekommen. In Tagträumen war es leicht, furchtlos zu handeln, nun hatte er sich aber unter Zwang krankgemeldet und dann auf dem offiziellen Papier der Antiquitätenbehörde zahllose Genehmigungen für eine Ausgrabung in der Libyschen Wüste ausgestellt und unterschrieben, obwohl er für die Libysche Wüste überhaupt nicht zuständig war. Seitdem hatte er neben seinem Telefon ausharren müssen, falls Nicolas Probleme bekam und er angerufen wurde, um seine Unterschrift zu bestätigen.
    Man hatte ihn nicht allein gelassen. Manolis und Sofronio, Pilot und Copilot von Nicolas, passten auf ihn auf. Sie hatten alle Außentüren und Fenster verschlossen, die Schlüssel eingesteckt und sein Handy konfisziert. Jetzt folgten sie ihm auf Schritt und Tritt, sogar ins Bad. Und Sofronio war des Arabischen so weit mächtig, dass er, wenn das Telefon klingelte, alle Gespräche mithörte und mit erhobenem Finger drohte, die Verbindung sofort zu unterbrechen, sollte Ibrahim irgendetwas versuchen.
    Nicolas und seine Leute hatten tatsächlich vor, eine unschätzbar wertvolle historische Stätte in Siwa zu plündern. Sein ganzes Leben hatte Ibrahim dem Erbe Ägyptens gewidmet, und jetzt half er diesen Verbrechern, es zu rauben. Er drehte sich abrupt um und ging in sein Büro. Manolis folgte ihm. «Ich hole mir nur Arbeit», sagte er seufzend. Manolis kam trotzdem mit. Ibrahim zog ein paar Papiere aus der obersten Schublade und schaute beim Hinausgehen verstohlen zum Türschloss. Wie er vermutet hatte, steckte der Schlüssel von innen. Auf dem Flur fasste er sich an den Kopf. «Mein Stift!», sagte er.
    Manolis wartete draußen, während Ibrahim in sein Büro zurückkehrte und einen dicken roten Füller von seinem Schreibtisch nahm. Er hielt ihn hoch, damit Manolis ihn sehen konnte. Sein Herz begann ungesund schnell zu schlagen, sein Mund wurde trocken. Durch die lebenslange Schreibtischarbeit fehlte ihm jede Kraft und Beweglichkeit. Er legte eine Hand an die Bürotür und sagte sich, dass jetzt der richtige Moment sei. Er wollte die Tür zuknallen und den Schlüssel herumdrehen, um etwas Zeit rauszuschlagen und sich dann zu befreien … aber seine Hand gehorchte nicht. Ibrahim verlor den Mut und ging hinaus. Sein Herzschlag verlangsamte sich. Der Adrenalinfluss ebbte ab. Er hatte das dringende Bedürfnis zu urinieren. Beschämt senkte er den Kopf. Er war ein Feigling, ein Versager, ein Nichts. Jedes Leben war ein Geschenk Allahs. Und seines hatte er völlig verschwendet.

II
    Bir Al Hammam. Zwei Gipfel, verbunden durch einen niedrigen Felskamm. Steile Sandhänge, die auf jeder Seite schnurgerade wie die Pyramiden abfielen. Ein Süßwassersee am südlichen Fuß, gesäumt von Schilf und Vegetation. Der abnehmende Mond schimmerte auf dem Wasser, dessen Oberfläche von Insekten und von Fischen, die nach ihnen schnappten, gekräuselt wurde. Fledermäuse verließen schreiend ihre Höhlen im löchrigen Kalkstein, um in den nahen Gärten nach Nahrung zu suchen.
    Nicolas ließ die Fahrzeuge im Halbkreis vor dem Fuß des Berges aufstellen, um ihre heimlichen Aktivitäten zu verbergen. Obwohl wahrscheinlich niemand vorbeikommen würde. Sie befanden sich immerhin zehn Kilometer nördlich von Siwa und drei Kilometer von der nächsten Straße oder Siedlung entfernt. Er überwachte das Entladen der Ausrüstung und verteilte Schaufeln, Hacken, Taschenlampen und Waffen. Leonidas befahl er, eine der Kalaschnikows zu nehmen und auf den Container zu klettern, um dort Wache zu halten.
    Das Mondlicht war hell genug, damit Mohammed arbeiten konnte. Mit seinem Bagger grub er tief in die Wüste und lud den Sand hinter sich ab. Dabei neigte sich der Bagger allmählich immer weiter nach vorn, sodass er zurücksetzen und sich eine Fahrrinne graben musste. Der Berg war wie ein Eisberg, der größte Teil lag unter dem Sand. Nach drei Stunden war der Bagger von der Grube verschluckt, die er geschaffen hatte. Aber noch war er auf nichts gestoßen. Anfänglich hatten Nicolas und seine Leute neugierig zugeschaut, doch mit der Zeit ließ ihr Interesse nach. Hin und wieder bat Nicolas ihn innezuhalten, um den freigelegten Fels untersuchen zu können. Während dieser Pausen schaute sich Mohammed um. Die Dünen waren so kalt und weiß, dass man sie für Schneeverwehungen halten konnte. Leonidas kam von seinem Wachposten auf dem Container herunter und beklagte sich über die Kälte. Niemand nahm seinen Platz ein. Sie kauerten sich zusammen und rauchten ihre

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