Das Gottesgrab
Drei, wenn wir Glück haben.»
«Gut. Kennen Sie Elena Koloktronis?»
«Die Archäologin? Ich habe sie ein-, zweimal getroffen. Wieso?»
«Sie ist bei einer Ausgrabung im Nildelta. Meine Assistentin wird Ihnen ihre Kontaktnummer geben. Nehmen Sie Elena morgen mit. Wenn sie sich für dieses Grabmal verbürgt, wird Ihnen die Dragoumis-Gruppe zwanzigtausend Dollar geben. Ich denke, damit müssten alle Ihre Kosten für die Ausgrabung sowie für jedes weitere kranke Kind, das noch auftaucht, gedeckt sein.»
«Ich danke Ihnen», sagte Ibrahim. «Das ist äußerst großzügig.»
«Reden Sie mit meiner Assistentin. Sie wird Ihnen unsere Bedingungen erklären.»
«Bedingungen?»
«Glauben Sie, wir stellen Kapital in dieser Größenordnung ohne Bedingungen zur Verfügung?»
«Aber …»
«Wie gesagt, reden Sie mit meiner Assistentin.» Und damit klappte er sein Handy zu.
« Und er sagte zu mir: Zweitausenddreihundert Tage wird es dauern; dann erhält das Heiligtum wieder sein Recht. ‹Zweitausenddreihundert Tage!›», rief der Priester frohlockend. «Zweitausenddreihundert Tage! Aber das ist nicht der Originaltext. Der Originaltext spricht von den ‹abendlichen und morgendlichen Opfern›. Und diese Opfer finden einmal im Jahr statt. Zweitausenddreihundert Tage bedeuten deshalb nicht zweitausendreihundert Tage. Keineswegs. Sie bedeuten zweitausenddreihundert Jahre . Und wer kann mir sagen, welches Jahr zweitausenddreihundert Jahre nach der Sünde des Demetrios ist? Keiner? Dann sage ich es euch. Es ist das Jahr zweitausendundacht nach Christus. Jetzt. Es ist dieses Jahr. In diesem Jahr wird unser Heiligtum endlich gereinigt. So steht es in der Bibel, und die Bibel lügt nicht. Und erinnert euch, das alles hat Daniel genau vorausgesagt, sechshundert Jahre vor Christi Geburt.» Er hob mahnend und warnend einen Finger. «So steht es geschrieben, Leute. So steht es geschrieben. Unsere Zeit ist gekommen. Unsere Zeit ist gekommen. Ihr seid die auserwählte Generation, auserwählt von Gott, um sein Gebot zu erfüllen. Wer von euch will sich seinem Ruf widersetzen?»
Zufrieden beobachtete Nicolas, wie die Leute Blicke wechselten und ein erstauntes Raunen vernehmen ließen. Ihre Zeit war tatsächlich gekommen, dachte er, und das war kein Zufall. Sein Vater hatte seit vierzig Jahren darauf hingearbeitet, er selbst seit fünfzehn. Sie hatten Anhänger in jedem Weiler, Dorf und in jeder Stadt. In den Bergen hatten sie gewaltige Waffen- und Proviantlager angelegt. Veteranen der Balkankriege hatten ihnen Geschütztechnik und Guerillataktiken beigebracht. Sie hatten Schläfer in regionalen und nationalen Regierungen, Spione in der Armee, Freunde in der internationalen Gemeinschaft und der makedonischen Diaspora. Außerdem war der Propagandakrieg bereits in vollem Gange. Die Programme der Fernseh- und Radiosender der Dragoumis-Gruppe waren randvoll mit Sendungen, die einzig darauf abzielten, die Makedonier aufzurütteln, ihre Zeitungen waren voll von Artikeln über makedonische Heldentaten und Opfer, voll von Berichten über den luxuriösen Lebensstil und die unglaubliche Grausamkeit ihrer Athener Unterdrücker. Und es funktionierte. Zorn und Hass breiteten sich in ganz Nordgriechenland aus, selbst unter jenen, die wenig Sympathie für die separatistische Bewegung hatten. Die Bürger begehrten auf, es gab Unruhen und immer mehr ethnische Übergriffe. Alles deutete auf eine bevorstehende Eskalation hin. Aber noch waren sie nicht am Ziel. Sosehr es Nicolas auch ersehnte, noch waren sie nicht so weit. Für eine Revolution mussten die Menschen so aufgestachelt sein, dass sie zum Märtyrer werden wollten . Wenn man jetzt die Waffen verteilte, würde es für eine Weile hoffnungsvoll aussehen, aber dann würde alles im Sande verlaufen. Der Gegenschlag würde kommen. Die griechische Armee würde aufmarschieren, Familien würden bedroht und Untersuchungen durchgeführt werden. Es würde willkürliche Verhaftungen, Rückschläge und Gegenpropaganda geben. Ihre Sache würde um Jahre zurückgeworfen, vielleicht sogar unwiderruflich lahmgelegt werden. Nein. Sie brauchten noch etwas mehr, bevor es beginnen konnte. Etwas Besonderes. Ein Symbol, für das das makedonische Volk bis zum Tode kämpfen würde.
Und nach dem Anruf aus Ägypten war es immerhin möglich, dass sie dieses Symbol bald haben würden.
II
Der ägyptische Armeeoffizier sprach noch immer ins Telefon. Er schien schon seit einer Ewigkeit zu reden. Schließlich kam er mit
Weitere Kostenlose Bücher