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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Wissenschaftlerin von seiner Gnade abhängig gewesen. Dieser Moment – der Moment, seiner Gnade ausgeliefert zu sein – hatte ihr Leben verändert.
    Nach der Diskussionsrunde war Elena zwei Tage lang in ihrem Museum unablässig von Raum zu Raum gestreift wie eine Abhängige auf Entzug. Jedes Mal, wenn sie arbeiten wollte, war sie sofort von einem heftigen Verlangen ähnlich einem Hungergefühl abgelenkt worden. Sie hatte es nie nötig gehabt, Männer anzurufen, aber bei Pavlos konnte sie nicht anders. Aus Furcht, er könnte sich über sie lustig machen, hatte sie sich schroff gemeldet und gesagt, dass er bei der Diskussion interessante Punkte vertreten hätte. Er hatte ihr gedankt. Dann hatte sie der Mut verlassen. Sie hatte den Hörer ans Ohr gehalten, hatte etwas Kluges oder Verletzendes sagen wollen, aber ihr war nichts eingefallen. Als er sie gefragt hatte, ob sie mit ihm essen gehen würde, hätte sie heulen können.
    Wie war es mit ihm gewesen? Unbeschreiblich. Als wäre die Innigkeit ihrer Liebe zu viel für ihr Gedächtnis, konnte sie sich nur an wenige Einzelheiten erinnern. Aber sie wusste noch genau, wie sehr sie diese Liebe genossen hatte. Noch heute erlebte sie manchmal einen intensiven Moment des Glücks, wenn sie auf der Straße jemanden sah, der ihm ähnelte, wenn sie den Rauch seiner Zigarettenmarke roch oder wenn ein Mann sie genauso anschaute, wie Pavlos es getan hatte, sicher, dass er sie ins Bett kriegen konnte, wann immer er wollte. Wie dieser arrogante Franzose.
    Pavlos’ Tod hatte Elena am Boden zerstört. Natürlich hatte er das. Sie war noch immer nicht darüber hinweggekommen. Wie konnte sie auch? Der Kummer war, ebenso wie die Liebe, ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte sich den Kummer als eine große Meeresdünung vorgestellt, die einen für eine Weile ins Elend zog, ehe sie einen genau dort wieder absetzte, wo man vorher gewesen war. Aber so war es nicht. Der Kummer hatte sie völlig verändert. Ihr Herz war hart geworden.

II
    Die Frau ließ den Umschlag durch das offene Rückfenster von Nessims Saab fallen, während er anhielt, um von einem Straßenhändler eine Schachtel Zigaretten zu kaufen. Die Räder wirbelten Staub auf, als er davonfuhr, zurück in die Tiefgarage seines Hotels. Dann ging er hinauf in sein Zimmer, um die Akte zu lesen. Sie war enttäuschend dünn. Aber eigentlich hatte er ja gar nicht erwartet, dass es überhaupt eine Akte über Knox gab. Er blätterte durch die Seiten. Die Schrift war durch zu häufiges Kopieren kaum zu lesen, und die Fotos waren fast schwarz.
    Schnell wurde ihm klar, dass der Geheimdienst im Grunde gar nicht an Knox interessiert gewesen war. Es war um einen anderen Mann gegangen, um einen Richard Mitchell, mit dem Knox mehrere Jahre zusammengearbeitet hatte. Mitchell hatte offenbar eine große Klappe gehabt und den äußerst gut vernetzten Leiter der staatlichen Antiquitätenbehörde beschuldigt, auf dem Schwarzmarkt antike Papyrusrollen zu verkaufen. Mit dieser leichtsinnigen Äußerung hatte er genau das erreicht, was zu erwarten gewesen war: seinen Ausschluss aus der ägyptologischen Gemeinschaft und die Ablehnung jedes weiteren Antrags auf eine Ausgrabung.
    Das erklärte zumindest, was Knox in Scharm getan hatte: Er hatte die Zeit totgeschlagen, bis sich die Aufregung gelegt hatte, und von Schätzen auf dem Meeresboden geträumt. Aber bei der Suche nach ihm half diese Erkenntnis nicht weiter. Ganz anders die letzte Seite der Akte: Es handelte sich um eine Liste aller bekannten Freunde und Kollegen von Knox samt ihrer Privatadressen.

III
    Nur empfing Mohammed an der Tür. Sie sah abgekämpft aus. Das bedeutete, dass Layla einen schlechten Tag gehabt hatte. «Du siehst schön aus», sagte er, küsste ihre Wange und reichte ihr einen kleinen Strauß Blumen, die die Köpfe hängen ließen.
    «Wie kannst du dir das leisten?», fragte sie weinend.
    «Die Blumen sind ein Geschenk», erwiderte er sanft. «Sharif wollte, dass du sie bekommst.» Er schaute an ihr vorbei, den Flur entlang zu Laylas Zimmer. «Ist sie wach?»
    Nur nickte. «Aber müde.»
    «Ich gehe nur kurz rein.» Er klopfte leise an die Tür, öffnete sie und ging hinein. Die Kleine lächelte, als sie ihn sah. Er kniete sich neben ihr Bett, griff in seine Tasche und holte eine schwarze Königin hervor, die er geschnitzt und lackiert hatte. Er schnitzte gern. In den seltenen Pausen auf der Baustelle durchsuchte er die Kisten nach Holzresten, die er mit seinem

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