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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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wirbelten sie zwar mehr Bodenablagerungen auf, behielten jedoch leichter die Orientierung. Sie waren noch nicht weit gekommen, da entdeckten sie den Eingang einer Kammer, deren loculi zum größten Teil noch versiegelt waren. Im Lichtstrahl von Augustins Taschenlampe konnte man auf einem Siegel das eindrucksvolle Porträt eines Mannes sehen, der sie mit großen Augen direkt anstarrte. Die Öffnung des benachbarten loculus war verwittert. Im Licht ihrer Taschenlampen funkelte etwas Metallisches auf. Vorsichtig zog Augustin eine Grableuchte heraus, die er in seine Tasche steckte.
    Sie schauten sich drei weitere Kammern an. Die Schnur blieb an der Wand des gekrümmten Gangs hängen. Augustin zog sie los. Das Wasser wurde immer trüber. Manchmal wirbelte es so stark, dass sie einander kaum noch sehen konnten. Knox überprüfte seine Sauerstoffflasche. Hundertunddreißig Bar. Sie waren übereingekommen, ihren Sauerstoffvorrat zu dritteln: ein Drittel für den Hinweg, ein Drittel für den Rückweg und ein Drittel zur Sicherheit. Als Knox Augustin den Stand zeigte, deutete der den Weg zurück, den sie gekommen waren. Aber die Schnur stand nicht mehr unter Spannung. Augustin rollte sie auf. Er rollte und rollte. Dann drehte er sich zu Knox um. Hinter seiner Taucherbrille trat leicht alarmiert das Weiß seiner Augen hervor. Knox runzelte die Stirn und breitete fragend die Arme aus. Augustin hielt das lose Ende der orangefarbenen Schnur hoch, das eigentlich am Griff des Korbs festgebunden sein sollte.

II
    In der Gesellschaft von Kindern fühlte sich Ibrahim unwohl. Er war Einzelkind, hatte weder Nichten noch Neffen und erwartete nicht, Vater zu werden. Aber Mohammed hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihm und seinem Team bei dieser Ausgrabung zu helfen. Deshalb konnte Ibrahim Mohammeds Tochter kaum eine Besichtigung verweigern, obwohl es seiner Meinung nach verrückt war, ein krankes Kind an diesen staubigen, vom Tod beherrschten Ort zu bringen.
    Einer von Mohammeds Arbeitern spürte sie unten in einer Grabkammer auf. «Ein Anruf für dich», brummte er. «Die Firmenzentrale.»
    Mohammed verzog das Gesicht. «Entschuldigen Sie», bat er Ibrahim. «Ich muss mich darum kümmern. Aber ich bin gleich zurück. Können Sie so lange bei Layla bleiben?»
    «Natürlich.» Ibrahim machte sich auf alles gefasst, als Mohammed ihm das Bündel aus Decken und Wickeln reichte, aber das arme Mädchen war federleicht. Nervös lächelte er sie an. Sie lächelte zurück. Sie schien Angst vor ihm zu haben und zu denken, dass er sie als Plage betrachtete. «Dieser Mann war kein Ägypter, oder?», fragte sie. Durch Geschwüre im Mund zuckte sie bei jedem Wort zusammen. Ibrahim zuckte mit ihr.
    «Nein», sagte Ibrahim. «Er war Grieche, vom Norden des Meeres. Dein Vater ist ein kluger Mann. Er wusste, dass es ein Grieche war, weil er in seinem Mund eine Münze gefunden hat, die man Obolus nennt. Die Griechen glaubten, dass die Seelen eine solche Münze brauchen, um den Fährmann Charon zu bezahlen, damit er sie über den Fluss Styx in die Unterwelt rudert.»
    «Die Unterwelt?», fragte Layla. Sie hatte fragend die Augen aufgerissen; es sah aus, als wären die Lider zurückgezogen worden. Ibrahim schluckte und schaute weg. Für einen Moment fühlte er sich den Tränen nahe. Ein so kleines Mädchen mit einem so harten Schicksal.
    Seine Arme begannen zu ermüden, als Mohammed endlich zurückkehrte. Er strahlte Layla mit einer solchen Zuneigung an, dass Ibrahim sich verloren fühlte und beschämt war. Er hatte plötzlich das Gefühl, kein Recht auf seinen Platz in der Welt, auf die Luft, die er atmete, auf den Raum, den er ausfüllte, und auf sein leichtes Leben zu haben. Er trat einen Schritt zurück in den Schutz der Dunkelheit. «Sie haben mir doch von diesen Tests erzählt, bei denen wir Ihnen helfen können», sagte er leise zu Mohammed. «Wo könnte ich denn selbst einen machen?»

III
    Knox und Augustin schauten sich besorgt an, aber sie waren erfahrene Taucher und gerieten nicht in Panik. Sie überprüften ihren Sauerstoffvorrat. Jeder hatte noch zwanzig Minuten, fünfundzwanzig, wenn sie sorgsam damit umgingen. Augustin zeigte nach vorn. Knox nickte. Sie mussten einen Weg nach draußen finden oder zumindest eine Luftblase, wo sie warten konnten, bis sich das Sediment gelegt hatte und sie wieder etwas sahen.
    Sie kamen in eine Sackgasse. Knox hob den Druckmesser vor die Taucherbrille, um den Luftdruck zu überprüfen. Er fiel unbarmherzig.

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