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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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beides als Notbehelf benutzt hat?»
    Der Mann, der ihnen zuvor gefolgt war, tauchte plötzlich vor ihnen auf und sprach immer noch leise, aber ernst in sein Handy. Er schaute in ihre Richtung und senkte sofort den Blick. Als Knox Gaille in eine Nebengasse lotste, schaute sie ihn stirnrunzelnd an. Schnell bereute er seine Wahl. Die Gasse war verlassen und dunkel, ihre Schritte hallten auf dem Pflaster wider. Und als Knox sich umschaute, sah er, dass der Mann ihnen folgte.
    «Was ist los?», fragte Gaille.
    «Nichts», sagte Knox, nahm ihren Arm und führte sie hastig weiter. «Ich bin nur hungrig, das ist alles.»
    Sie schaute ihn ungläubig an, zuckte aber mit den Achseln und folgte ihm. «Sie haben gerade von dem Sarkophag erzählt», erinnerte sie ihn.
    «Ja», sagte er nickend. Als er sich erneut umschaute, bemerkte Knox erleichtert, dass die Entfernung zu ihrem Verfolger größer geworden war. «Ptolemäus benötigte auf jeden Fall einen Notbehelf. Es dauerte ja noch Jahrzehnte, ehe er Alexander nach Alexandria überführen konnte. Und es würde erklären, wie der Sarkophag hierhergekommen ist. Sie sollten das Ding einmal sehen. Ein Monstrum. Aber ein perfekter Schutz für Alexanders Leichnam bei der Überführung.»
    «Aus ägyptischer Sicht klingt das vernünftig», stimmte Gaille zu. «Wissen Sie, dass die Ägypter glaubten, Alexander wäre der Sohn von Nektanebos   II.?»
    Knox runzelte die Stirn. «Meinen Sie den alten Alexanderroman ?»
    Der Alexanderroman war ein phantastischer Bestseller des Altertums, voller Halbwahrheiten, Übertreibungen und Lügen über Alexander, einschließlich der Geschichte, dass Nektanebos   II. den makedonischen Hof besucht hatte, wo er Philipps Frau Olympia verführte und Alexander zeugte.
    «Nicht nur. Als Alexander bei Issus die Perser schlug, machte er sich nicht nur de facto zum Herrscher von Ägypten. Für die Ägypter war er dadurch auch Nektanebos’ rechtmäßiger Nachfolger. Wussten Sie, dass einer von Alexanders ägyptischen Herrschernamen ‹Der die Fremden vertreibt› lautete, genau wie bei Nektanebos?»
    «Hey!», protestierte Knox. «Sagten Sie nicht, Sie wüssten nichts über Nektanebos?»
    «Ich sagte, ich wüsste ein bisschen», gab Gaille lächelnd zurück. «In Frankreich betrachtet man das als ein bisschen. In England vielleicht nicht.»
    «Dann halten Sie den Alexanderroman also für glaubwürdig?», fragte er, lenkte sie nach rechts und schaute sich dabei erneut um. Ihr Verfolger war noch da, offenbar näher als zuvor. Und dann kamen vor ihnen zwei Männer um die Ecke. Knox war bereit, loszulaufen. Doch die zwei Männer gingen weiter, ohne auf Knox oder den Verfolger zu achten.
    «Offensichtlich beruht er nicht auf Tatsachen», sagte Gaille. «Nektanebos kam nie in die Nähe von Griechenland. Aber ich kann mir gut vorstellen, warum eine solche Geschichte unter den Ägyptern verbreitet wurde. Vielleicht hat Alexander dies sogar unterstützt. Er war nicht nur ein kluger Mann, er hatte auch ein unglaubliches Gespür für Stimmungen und Gefühle. Meiner Meinung nach hat er deshalb auch Siwa besucht. Man nimmt zwar an, dass er dort war, weil das Orakel von Amun von den Griechen verehrt wurde. Aber auch die Ägypter verehrten es, und zwar schon seit Jahrhunderten. Wussten Sie, dass alle Pharaonen der 28. Dynastie vor der Besteigung des Throns nach Siwa gepilgert sind, um anerkannt zu werden, und dass alle mit Widderhörnern dargestellt wurden, genau wie Alexander?»
    Schließlich kamen sie auf die Corniche. Ein Brecher schlug gegen die Felsen und sprühte Gischt über die hohe Mauer, sodass die Straße schwarz glänzte. Knox warf wieder einen Blick zurück und sah, dass ihr Verfolger sein Handy in die Tasche gesteckt hatte und sich umschaute, als wartete er auf jemanden.
    «Stimmt das?», fragte Knox.
    Gaille nickte energisch. «Die Ägypter nahmen es mit der Legitimation ihrer Pharaonen sehr genau. Alexander folgte auf Nektanebos, also war er in gewisser Hinsicht natürlich sein Sohn. Die Geschichte, dass Nektanebos mit seiner Mutter geschlafen hat, war lediglich eine bequeme Erklärung dafür.» Sie lächelte entschuldigend. «Egal. Genug der Fachsimpelei. Wo ist Ihr Restaurant?»
    «Gleich dort vorn.» Er schaute sich ein letztes Mal um. Ihr Verfolger ging mit einem breiten Lächeln auf eine dunkelhaarige Frau und zwei kleine Kinder zu, nahm sie in den Arm und wirbelte sie freudig lachend durch die Luft. Erleichtert atmete Knox auf. Nichts als Paranoia.

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