Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
Vom Netzwerk:
wissen, warum.
    «Zuerst trinken wir ein Glas», sagte er. «Dann essen wir. Rotwein? Eigene Kelterung.»
    «Danke.» Während er die Flasche öffnete und zwei Gläser einschenkte, schaute sie sich um. Ein Ölporträt eines grimmig aussehenden Mannes mit schwarzem Bart und furchtbar vernarbter Haut um sein linkes Auge hatte einen Ehrenplatz über dem riesigen Kamin. Es war ein Porträt von Philipp   II., dem Vater von Alexander dem Großen. Als sie zwischen dem Bild und Dragoumis hin- und herschaute, hörte sie leicht schockiert, wie er bewusst eine gewisse Parallele zwischen Philipp und sich selbst zog, indem er andeutete, das Muttermal an seinem linken Auge sei eine Art Stigma, so als wäre Philipp wiedergeboren. «Das glauben Sie doch nicht wirklich?», platzte sie hervor.
    Er lachte laut und aufrichtig. «Es gibt ein Sprichwort: Wenn ein weiser Mann Geschäfte mit Chinesen macht, spricht er Mandarin.»
    «Und wenn er Geschäfte mit dem Aberglauben macht …», meinte Gaille.
    Sein Lächeln wurde breiter. Mit einem Nicken deutete er auf ein zweites Gemälde von einer schönen, jungen, dunkelhaarigen Frau in einfachen, bäuerlichen Kleidern. «Meine Frau», sagte er. «Ich habe es selbst gemalt. Aus dem Gedächtnis.»
    Gaille lächelte unsicher. «Sie haben es weit gebracht», sagte sie.
    «Das habe ich. Meine Frau nicht.» Er deutete zum Fenster. «Sie liegt dort draußen begraben. Sie liebte den Blick von diesem Berg. Früher sind wir häufig zu Fuß hier hinaufgewandert. Deswegen habe ich das Land gekauft und hier mein Heim errichtet.»
    «Das tut mir leid.»
    «Als junger Mann war ich ein Unruhestifter. Ich bin von Dorf zu Dorf gegangen und habe die makedonische Sache gepredigt. Die Athener Geheimpolizei wollte mit mir sprechen. Sie können sich vorstellen, dass ich diesen Wunsch nicht teilte. Als sie mich nicht finden konnten, gingen sie zu meiner Frau. Sie forderten sie auf, ihnen zu sagen, wo ich war. Sie weigerte sich. Sie gossen Benzin auf ihren Bauch, ihre Brüste und Arme. Sie sagte ihnen nichts. Dann zündeten sie es an. Sie sagte immer noch nichts. Sie gossen Benzin auf unseren kleinen Sohn. Schließlich redete sie. Meine Frau hat schreckliche Verbrennungen erlitten, aber mit der richtigen Behandlung hätte sie vielleicht überlebt. Ich hatte kein Geld für eine solche Behandlung. Meine Frau starb, weil ich lieber gepredigt als gearbeitet habe, Frau Bonnard. An dem Tag, an dem ich sie begrub, beschloss ich, mit der Politik aufzuhören und reich zu werden.»
    «Das tut mir leid», sagte Gaille hilflos.
    Dragoumis brummte nur, als wollte er ausdrücken, dass es dafür keine passenden Worte gab. «Ich kannte Ihren Vater», sagte er dann.
    «Das hat mir Ihr Sohn bereits erzählt. Aber ich stand ihm nicht sehr nahe, wissen Sie.»
    «Ja, das weiß ich. Das hat mich immer traurig gemacht.»
    Gaille runzelte die Stirn. «Warum sollte Sie das traurig machen?»
    Dragoumis seufzte. «Sie wollten mit ihm nach Mallawi reisen, nicht wahr?»
    «Ja.»
    «Doch dann hat er die Reise verschoben?»
    «Er musste dringende persönliche Dinge klären.»
    «Ja», sagte Dragoumis. «Mit mir.»
    «Nein», entgegnete Gaille. «Mit einem jungen Mann namens Daniel Knox.»
    Dragoumis machte eine Geste, als käme das für ihn auf das Gleiche heraus. «Wissen Sie viel über Knox?», fragte er.
    «Nein.»
    «Seine Eltern waren auch Archäologen. Spezialisten für makedonische Geschichte. Sie haben diesen Teil der Welt oft besucht. Ein reizendes Paar, eine entzückende Tochter. Sie arbeiteten eng mit Elena zusammen. Vor zehn Jahren besuchten sie eine ihrer Ausgrabungsstätten in den Bergen. Elenas Ehemann holte sie vom Flughafen ab. Auf der Fahrt sind sie leider …»
    Gaille sah ihn gelähmt an. «Alle vier?», fragte sie.
    Dragoumis nickte. «Alle vier.»
    «Aber … was hat das mit meinem Vater zu tun?»
    «Es war ein Unfall. Ein furchtbarer Unfall. Aber nicht jeder glaubte das.»
    «Sie meinen … es war Mord ? Das verstehe ich nicht. Warum sollte jemand die Eltern von Knox umbringen?»
    «Nicht seine Eltern. Elenas Mann. Pavlos.»
    «Aber wer sollte ihn getötet haben?»
    Dragoumis lächelte. «Ich, Frau Bonnard», sagte er. «Ich.»

III
    Ras El Sudr war eine Ölstadt, die versucht hatte, auch auf den Touristenboom zu setzen. Knox wartete in der Nähe des Parkplatzes vom Beach Inn, um sicherzustellen, dass Rick nicht verfolgt worden war. Als er sich sicher sein konnte, ging er zu ihm.
    «Schön, dich zu sehen, Kumpel»,

Weitere Kostenlose Bücher