Das Gottesgrab
dem Hotel kamen. Ein paar Ägypter, die sich in den letzten zwanzig Minuten vor dem Eingang versammelt hatten, gesellten sich zu ihnen. Nach ägyptischem Gesetz musste jede Ausgrabung einheimische Arbeiter beschäftigen. Sie gingen zu zwei Lastwagen, einige zwängten sich in die Fahrerkabine, andere stiegen auf die Ladefläche. Einer der Männer zählte die Gruppe schnell durch, dann fuhren sie auf der Straße Richtung Zagazig davon.
Rick gab ihnen zwanzig Sekunden, ehe er ihnen folgte. Leute zu beschatten, war in Ägypten einfach. Es gab so wenige Straßen, dass man ruhig etwas hinterherhängen konnte. Sie nahmen die Abzweigung nach Zifta und bogen dann in einen Feldweg. Rick wartete, bis man nur noch eine Staubwolke sah, dann fuhr er hinterher. Nach zwei oder drei Kilometern hielt einer der Lastwagen mitten im Nirgendwo an.
«Hauen wir ab, bevor sie uns sehen», schlug Knox vor.
Rick wendete und gab Gas. «Wohin jetzt?»
«Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht», gähnte Knox. «Aber ich habe seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen. Ich bin dafür, dass wir uns ein Hotel suchen.»
IV
Für Mohammed El Dahab war der Tag quälend langsam vergangen, doch nun war er fast vorüber. Auf dem Gang vor der Krebsstation von Alexandrias medizinischem Forschungsinstitut marschierte er auf und ab. Manchmal holte er tief Luft, manchmal wurde sein Atem so flach, dass er glaubte, gleich in Ohnmacht zu fallen. Das Warten auf den Anruf mit den Testergebnissen war schon grauenhaft genug gewesen, aber diese Situation war noch schlimmer. Er ging zum Fenster und starrte hinaus auf die nächtliche Stadt und den Hafen. Millionen Menschen, die ihm alle egal waren. Soll Allah sie doch alle holen, wenn er ihm nur Layla lassen würde.
Dr. Serag-Al-Din hatte gute Nachrichten gehabt. Er hatte eine mögliche Knochenmarkspenderin gefunden. Basheer. Eine Cousine dritten Grades von Nurs Mutter, die vor einem Jahr beinahe selbst zu Tode gekommen wäre, als ihr Wohnhaus in Kairo zusammengestürzt war. Mohammed hatte sich damals nicht viel dabei gedacht; ob Basheer lebte oder starb, war ihm ziemlich gleichgültig gewesen. Doch wenn sie gestorben wäre …
Er schloss die Augen. Was für ein Gedanke!
Aber allein bedeutete die positive Typisierung noch nichts. Sie spielte erst dann eine Rolle, wenn Professor Rafai Layla auch einen Platz für eine Knochenmarkstransplantation bewilligte. Und um seine Entscheidung entgegenzunehmen, war Mohammed hier.
«Inschallah, Inschallah», murmelte Mohammed wieder und wieder. Das Mantra half ihm wenig. Wenn doch wenigstens seine Frau bei ihm wäre, jemand, der ihn verstand. Aber Nur hatte keine Kraft mehr gehabt. Sie hatte noch mehr Angst als er und kümmerte sich zu Hause um Layla. «Inschallah», murmelte er. «Inschallah.»
Die Tür der Onkologiestation schwenkte auf. Eine pummelige, junge Krankenschwester mit großen braunen Augen kam heraus. Mohammed versuchte ihre Miene zu deuten, aber es gelang ihm nicht. «Würden Sie bitte mit mir kommen», sagte sie.
KAPITEL 25
I
Karim Baraks Füße waren wund und brannten. Zu lange war er in seinen engen Stiefeln mit den löchrigen Sohlen über diese miserablen Straßen gewandert. Er verfluchte sich dafür, Abdullahs Aufruf gefolgt zu sein und den Bedingungen zugestimmt zu haben. Hundert Dollar für jeden, der diesen Scheißjeep fand! Zu gut, um wahr zu sein. Doch Abdullah hatte ihnen Suchgebiete zugewiesen und ihm diesen gottverlassenen bäuerlichen Landstrich gegeben. Die anderen hatten sich natürlich ins Fäustchen gelacht. Als wenn jemand hier draußen seinen Wagen abstellen würde! Er hatte keine Ahnung, warum er nicht aufgab. Aber der Gedanke an das Geld ließ ihn einfach nicht mehr los. Wenn Abdullah eine Belohnung von hundert Dollar aussetzte, dann würde er selbst bestimmt fünf oder zehn Mal so viel einstecken, und daraus würden sich neue Gelegenheiten für einen gescheiten jungen Mann wie Karim ergeben. Aber zuerst brauchte er etwas Glück.
Als er den Feldweg und die verfallenen Gebäude zweihundert Meter weiter vor sich sah, war es schon dunkel geworden. So wie seine Füße brannten, hätten es auch gut zweihundert Kilometer sein können. Plötzlich verspürte er ein heftiges Verlangen nach einer großen Schüssel Kushari von seiner Tante mit einer Extraportion gerösteten Zwiebeln, dazu große Stücke Aysh Baladi , um sich dann ins Bett zu legen. Niemals würde er den Jeep dort hinten finden. Genug! Er drehte um und humpelte unter Schmerzen
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