Das Gottesmahl
mit
Heimflugswünschen.«
»Zur Vorbeugung möchten wir den Jungs Landurlaub
gewähren.«
»Bei vollen Kriegszustandsbezügen.«
Oliver schnitt eine grimmige Miene und ballte die Faust.
»Landurlaub? Wo? In Oslo?«
Flume schüttelte den Kopf. »Dort können wir sie
nicht hinbringen. Die PBY sind mit Fernaufklärungsflügen
beschäftigt, und wir können keine Privatflieger chartern,
ohne Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Gestern haben wir ’ne Stippvisite in Ibsen City
gemacht«, sagte Pembroke. »Alles in allem eine öde
Pampa, aber im Russischen Bären zeichnen sich bestimmte
Möglichkeiten ab.«
Oliver furchte die Stirn. »Das ist doch bloß ’n
alter Flugzeugschuppen.«
»Wir wollen Ihnen unumwunden folgenden Vorschlag
unterbreiten«, nuschelte Pembroke, während er fröhlich
den Schokoriegel verputzte. »Unter der Voraussetzung, daß
Sie die Kosten übernehmen, würden Albert und ich den
Russischen Bären in ein klassisches, typisches USO-Etablissement
verwandeln. Sie wissen schon, ein Heim fern der Heimat, eine
Anlaufstelle, wo die Jungs umsonst ’n Sandwich futtern
dürfen, mit netten Mädels tanzen und Kate Smith ›Gott
segne Amerika‹ singen hören können.«
»Wenn’s um Unterhaltung für Ihre Leute geht«,
entgegnete Oliver, »kann ich Ihnen Barclay Cabot empfehlen, er
legt ’ne ganz hervorragende Zaubervorstellung hin. Letztes Jahr
ist er in der Tonight- Show aufgetreten und hat Wunderheiler
entlarvt.«
»Wunderheiler entlarvt?« Flume schwang die
Kühlschranktür auf, holte eine Flasche Rheingold heraus und
öffnete sie. »Was ist er denn für einer, etwa ’n
Atheist?«
»I wo, nicht im entferntesten.«
»Wir möchten Ihrem Freund seine Begabung keineswegs
absprechen«, sagte Pembroke, »nur schwebt uns mehr etwas im
Stil Jimmy Durantes, Al Jolsons, der Andrew Sisters oder Bing Crosbys
vor…«
»Irre ich mich, oder sind diese Leute tot?«
»Ja, aber es bedeutet überhaupt kein Problem, passable
Doubles aufzutreiben.«
»Außerdem fliegen wir eine Reihe hübscher, junger
Frauen ein, die den Laden schmeißen«, verhieß Flume.
»Solche vom Typ Nettes-Mädchen-von-nebenan, die Zigaretten
anbieten, zum Tanzen da sind und vielleicht ein, zwei heimliche
Küßchen erlauben.«
»Natürlich keine Bimbo-Weiber«, stellte Pembroke
klar. »Normale, ehrgeizige, junge Schauspielerinnen, die sehen,
daß man im Leben mehr erreichen kann als Jobs in Oben-ohne-Bars
und Teilnahme an Wet-T-Shirt-Wettbewerben.«
»Momentan ist es in Manhattan drei Uhr morgens«, sagte
Flume, »aber wenn wir uns ungefähr um die Mittagszeit ans
Telefon klemmen, erreichen wir die einschlägigen
Talentagenturen.«
»Sind Sie tatsächlich der Ansicht, der durchschnittliche
New Yorker Schauspieler läßt daraufhin sausen, was er
gerade treibt, und nimmt das nächste Flugzeug nach Oslo?«
fragte Oliver.
»O ja.«
»Wieso?«
»Weil die Gelegenheit, gegen Honorar auf irgendeiner obskuren
Insel im Polarmeer als Bing Crosby aufzutreten«, erläuterte
Flume, nachdem er einen langen Zug Rheingold geschluckt hatte,
»für den durchschnittlichen New Yorker Schauspieler das
beste Angebot ist, das ihm seit Jahren jemand unterbreitet
hat.«
27. August
In meiner Eintragung am 14. Juli habe ich beschrieben, Popeye, was
ich beim ersten Anblick unseres Schleppguts hörte, sah und
empfand. Was das Maß der Erregung betrifft, war es damals gar
kein Vergleich zum Erlebnis der zweiten Epiphanie.
Um 9 Uhr stand ich am Steuerhaus und beobachtete durchs Fernglas
die Meuterer, die apathisch zwischen ihren Elendsbuden herumlagen.
Bis zu diesem Augenblick war mir nicht klar gewesen, welchen
Unterschied selbst unsere kargen Rationen bedeuten. Wir sind uns
wenigstens noch zu rühren fähig.
Etwas ähnliches wie Aasgeruch wehte über die
Brückennock. Dann drang mir ein gedämpftes, dumpfes
Getrommel ans Ohr. Ich drehte mich in Richtung Küste.
Und da sah ich in der Ferne das gloriose Kliff seiner Nase wie den
Berg Sinai emporragen. Meine Migräne verflog. Mein Kreislauf
geriet in Fahrt. Fortgesetzt erklang das Trommeln weiter: das
regelmäßige Wumm-bumm der Brandungswellen, die in
die Achselhöhlen des Corpus Dei rollte.
Ob diese erstaunliche Wende letzten Endes auf launische Winde,
ungewöhnliche Strömungen, die Chaos-Theorie oder eine
posthume Form göttlichen Eingreifens zurückgeht, kann ich
nun wirklich nicht sagen.
Ich weiß nur, er ist wieder da.
Nach beträchtlicher Gewissenserforschung und dem Niederringen
starken
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