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Das Gottesmahl

Das Gottesmahl

Titel: Das Gottesmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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Während die Rakete Staffelkapitän Hauptmann
Waldron zur Strecke gebracht hatte, war es einem seiner Kameraden
offenbar noch gelungen, den Aal zu wassern.
    »Hart Steuerbord!«
    »Hart Steuerbord!« wiederholte An-mei Jong, drehte das
Steuerrad um vierzig Grad.
    Da geschah es. Bevor der Tanker auf die Steuerkorrektur reagieren
konnte, hallte ein gräßliches, scharfes Knirschen zur
Brücke herauf, das klanglich gedehnte Geknarze von Metall, das
Metall zerstörte, gefolgt von einem dunkel-dumpfen, unheilvollen
Wumsen. Das gesamte Steuerhaus erbebte.
    »Verzögerungszünder«, stellte Rafferty fest.
»Der Aal hat vor der Explosion die Rumpfplatten
durchschlagen.«
    »Ist das gut oder schlecht?« fragte Ockham.
    »Schlecht. Ganz schlecht. Auf diese Weise richtet das
Mistding doppelt soviel Schaden an, ähnlich wie ’n
Dumdum-Geschoß.«
    Das Sprechanlagenmikrofon in der Faust, kippte Anthony einen
Schalter. »Alles herhören! Soeben sind wir an der
Steuerbordseite von einem Torpedo des Typs römisch acht
getroffen worden. Ich wiederhole: Torpedotreffer an der
Steuerbordseite. Keine Panik, Leute, denkt daran, daß der
Innenrumpf der Valparaíso in vierundzwanzig
wasserdichte Ladungstanks unterteilt ist. Es besteht also keine
Sinkgefahr. Bereithalten zur Anbordnahme der durch Mr. Mungo zu
bergenden Überlebenden!«
    »Die Maracaibo antwortet uns noch immer nicht«,
rief Bliss aus der Funkbude herüber.
    »Bleiben Sie dran!«
    »Was nun?« fragte Rafferty.
    »Nun schaue ich nach, ob ich recht habe.«
    Kaum hatte Anthony die Aufzugkabine betreten und sich nach unten
in Bewegung gesetzt, bohrte sich ein zweiter Typ-VIII-Torpedo in die Valparaíso und explodierte. Die Druckwelle der
Detonation schleuderte den Lift auf die Höhe von Deck 7
zurück. Anthony fiel auf die Knie. Die Aufzugkabine sackte
durch, doch die Stahltrossen bremsten den Sturz, so wie Elastikkordel
einen Bungee-Springer vor den Konsequenzen des Sprungs bewahrten.
    Gerade als der Kapitän ins Freie rannte, fand ein dritter
Torpedo sein Ziel, ein ehernes Dröhnen hallte durch den Rumpf
der Valparaíso. Anthony sprintete über den
Laufsteg. Die beiden verantwortlichen Devastator- Maschinen
röhrten quer übers Wetterdeck, flüchteten vom Tatort
ihres Verbrechens. Ein beißender Geruch durchwehte die Luft,
ein Mischmasch aus dem Odeur erhitzten Stahls, entflammten Gummis und
einer Andeutung des Dufts schmorenden Fleischs. Eilends trampelte der
Kapitän mittschiffs die Treppe hinunter, sprang ans
Steuerbordschanzkleid und blickte über Bord.
    Déjà vu. »Nein!« Alles ging von
vorn los, die ganze unvorstellbare Leckage. »Nein! Nein!«
Die Valparaíso war leckgeschossen, Blut entströmte
dem Schiff, der Ballast floß in die Norwegische See. Blut,
dickes Blut, Liter um Liter dampfenden Bluts brodelte aus dem
durchlöcherten Rumpf ins Wasser, erinnerte an die erste
über Ägypten verhängte Plage, färbte die Fluten
rot. »Nein! Nein!«
    Wild starrte Anthony in den Westen. Knapp über einen
Viertelkilometer entfernt ruderten Mungo und seine Begleiter im
Rettungsboot auf die abgesprungenen Piloten zu: vier entgeisterte
Militärdrama-Aktivisten, die inmitten der zusammengesunkenen
Baldachine und verworrenen Leinen ihrer Fallschirme Wasser
traten.
    Anthony zerrte das Walkie-talkie vom Gürtel. »Van Horne
ruft Rafferty!« blaffte er. »Melden, Rafferty!«
    Noch einmal schaute er hinab. Offensichtlich hatte ein Torpedo
Follingsbees Obst- und Gemüsepflanzung verwüstet, denn
übergroße Broccoli-Stengel, dreißig Kilo schwere
Apfelsinen und Möhren mit den Abmessungen von Surfbrettern
schwammen im Ostgrönland-Strom, das ganze nahrhafte Gemengsei
trieb in dem dunkelroten Schwallen wie Croutons auf Zwiebelsuppe.
    »Mutter Gottes, noch zwei Treffer, ja?« ächzte
Raffertys Stimme aus dem Walkie-talkie. »Wie sieht’s unten
aus?«
    »Alles voller Blut.«
    »Sinken wir?«
    »Kein Gedanke«, entgegnete Anthony entschieden. Die
Auskunft entsprach seiner tatsächlichen Überzeugung, glich
jedoch gleichzeitig einer Beschwörung. »Rufen Sie
O’Connor an und vergewissern Sie sich, daß die Kessel
intakt sind! Und die Besatzung soll die Schwimmwesten
anlegen.«
    »Aye-aye!«
    Der Kapitän wandte sich nach Norden. Am Himmel schillerte ein
gespenstisch-bläuliches Nordlicht. Dicht unter den Wellen lief
ein vierter Torpedo auf das Schiff, geradewegs auf den Bug zu.
    »Halt!« brüllte Anthony dem widerwärtig
verhängnisvollen Aal entgegen. »Halt! Zieh Leine!«
    Der Torpedo

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