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Das Gottesmahl

Das Gottesmahl

Titel: Das Gottesmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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befahl Anthony, drückte Lianna
Bliss das Mikrofon in die Hand. »Lassen Sie den Kapitän an
den Apparat holen.«
    »Man darf doch nicht einfach Ihr Schiff bombardieren«,
sagte Bliss. »So was gehört sich ja wohl nicht.«
    Es überraschte Anthony nicht, daß die Maracaibo
– kaum dreißig Sekunden nachdem Bliss in die Funkbude
verschwunden war – ins Geschehen eingriff, eine
Sea-Dart-Lenkrakete auf die zweite Kette Devastator- Maschinen
abfeuerte. Wenn Cassies Aussage mit der Wahrheit übereinstimmte,
waren die Kräfte, die hinter der Zweiter-Weltkrieg-
Militärdrama-Gruppe standen, und die Kreise, die den Golf-Tanker
gechartert hatten, in die Machenschaften der jeweils anderen Seite
nicht eingeweiht – und dennoch begegneten sie sich, wie
unwahrscheinlich es auch anmutete, hier in der Norwegischen See,
gerieten um ein und dasselbe unwahrscheinliche Objekt in
Konflikt.
    »He, das können die da drüben auf der Maracaibo doch nicht machen!« schrie Cassie. »Auf die Tour
bringen sie womöglich jemanden um.«
    »Sieht ganz so aus«, bemerkte Anthony tonlos.
    »Das ist Mord!«
    Im gleichen Moment, als die Devastator- Torpedoflie-ger wirr
den Rückzug antraten, die Kette sich in fünf einzelne
Flugzeuge auflöste, schaltete Bliss ihren Funkverkehr zur
Brücke durch.
    »Zerstreut euch, Jungs!« gellte die Stimme des
Staffelkapitäns. »Zerstreuen! Zerstreuen!«
    »Heilige Mutter Gottes, Hauptmann, das Ding peilt Ihr Heck
an«, rief ein Pilot.
    »Arsch und Notverband!«
    »Springen Sie ab, Hauptmann!«
    Anthony hob die Hand und salutierte in die Richtung des
Golf-Tankers.
    »Teilen Sie der Maracaibo mit, daß das
bloß ’ne Militärdrama-Veranstaltung ist!« keifte
Cassie. »Es soll und darf niemandem was
zustoßen.«
    Das vorderste Torpedoflugzeug sauste, während Anthony es
durchs Fernglas beobachtete, geradewegs übers Wetterdeck der Valparaíso hinweg, hartnäckig verfolgt von der
beinahe halbintelligenten Sea Dart.
    »Warum braucht die Scheißrakete so lang?« fragte
Anthony.
    »Sie hat ’n Infarotsuchkopf, der auf moderne
Düsentriebwerke geeicht ist«, erläuterte Rafferty.
»Es dauert wohl ’n Weilchen, bis sie sich auf ’n
altmodischen Auspuff von ’nem Sternmotor umstellt.«
    Mit einem sonderbaren Gefühlsgemisch nackten Entsetzens und
ununterdrückbarer Faszination sah Anthony die Rakete das Ziel
einholen. Eine Explosion erhellte den stahlgrauen Himmel, zerbarst
den Rumpf der Maschine und riß die zweiköpfige Besatzung
in Stücke, tausend brennende Trümmerteile flimmerten vor
Anthonys Augen wie ein Migräneanfall.
    »Sie haben Staffelkapitän Waldron erwischt!« heulte
die Stimme eines Piloten aus dem Brückenlautsprecher.
»Hauptmann Waldron und seinen Bordfunker.«
    »Du lieber Himmel!«
    »Genau wie neunzehnhundertzweiundvierzig.«
    »Miese Halunken!«
    »Dreckige Japsenschweine!«
    Lianne Bliss stürzte zur Funkbude heraus. »Die Maracaibo gibt keine Antwort«, meldete sie.
    »Versuchen Sie’s weiter.«
    »Sie läßt uns abblitzen, Sir.«
    »Sie sollen’s weiter versuchen, hab ich
gesagt!«
    Bliss kehrte in die Funkbude zurück, und unterdessen
verschoß die Maracaibo noch zwei Raketen, eine
gertenschlanke französische Crotale und eine zierliche
italienische Aspide, die der dritten Kette Devastator- Torpedobomber entgegenrasten. Sekunden später
donnerte die zinnoberrote Explosion der Crotale, überstrahlte
die Mitternachtssonne und vernichtete die Führungsmaschine;
unmittelbar danach leuchtete und detonierte grellrot die Aspide,
hüllte das getroffene Flugzeug in Flammen. Über der
Norwegischen See blähten sich vier weiße Fallschirme,
wiegten die Benutzer sachte dem Tod durch Unterkühlung
entgegen.
    »Heiliger Klabautermann, die Besatzungen sind
ausgestiegen«, konstatierte Rafferty.
    »Gott steh ihnen bei«, seufzte Pater Ockham.
    »Nein, wir stehen ihnen bei«, rief Anthony,
langte nach dem Sprechanlagenmikrofon und verband sich mit dem
Bootsmann. »Mungo, hier van Horne.«
    »Hier Mungo.«
    »Draußen sind vier Mann im Wasser, Richtung
zwo-neun-fünf. Lassen Sie ’n Rettungsboot zu Wasser,
fischen Sie sie raus und sorgen Sie dafür, daß sie sofort
heiß duschen, und halten Sie sich zur Bergung weiterer in
Bereitschaft.«
    »Aye, Kapitän.«
    Von der Steuerbord-Brückennock eilte ein zweites Mal Dolores
Haycox herein. »Steuerbord-Beobachter melden sich nähernde
Torpedo-Blasenspur, Sir, Kurs zwo-eins-null.«
    Anthony setzte das Fernglas an die Augen. Torpedo-Blasenspur.
Allerdings.

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