Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gottesmahl

Das Gottesmahl

Titel: Das Gottesmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
Vom Netzwerk:
emporgeschleudert wurde
und wuchtig gegen den Rumpf des Tankers klirrte.
    »Hat sauber gesessen, Kapitän«, johlte der Zweite
Offizier aufgeregt. »Recht so.«
    »Recht so«, sagte Neil.
    »Sturzkampfbomber auf zwölf Uhr!« schrie
Katsakos.
    Eine dritte Garbe ratterte aus dem Lauf des
Steuerbord-Phalanx-Flakgeschützes, zersägte ein Glied der
zweiten Kette und separierte die Valparaíso endgültig von ihrer Fracht. Ob Christoph van Horne das
Resultat seiner Zielkünste noch sah, blieb allerdings unklar,
weil im selben Augenblick, als die Kette sprang, die Bombe einer Dauntless knapp zwölf Meter neben dem Kapitän aufs
Deck herabpfiff und detonierte. Auf einer Feuersäule wirbelten
Flakgeschütz, Lukendeckel, Eisbrocken und Trümmer des
Schanzkleids himmelwärts. Binnen Sekunden brannte das ganze
Vordeck, schwarzer Qualm wallte übers aufgerissene Schiff wie
Gewitterwolken, aus denen es Tinte regnen sollte.
    »Nein!« kreischte Katsakos.
    »Heiliger Klabautermann«, ächzte Neil.
    »Ich habe ihm gesagt«, stammelte di Luca,
»er soll umdrehen…!«
    Mit tadelloser Promptheit gingen die automatischen
Feuerlöschanlagen der Maracaibo in Betrieb. Das schrille
Quäken des Alarms hallte über die Norwegische See, ein
Dutzend robotischer Schläuche entrollte sich aus dem
Schanzkleid, als ob sich Muränen aus ihren Verstecken
hervorschlängelten. Aus den Düsen spritzten Schwälle
weißen Schaums.
    »Ö du lieber Himmel!« schrie Katsakos, während
die Flammen flackerten und erloschen. »O Gott…!«
heulte er. Die Schaumberge zerflossen wie bei Ebbe weichende Wasser,
gaben den Blick auf zerschmolzene und verbogene Rohre sowie die
hingestreckte Gestalt Christoph van Hornes frei. »Gütiger
Gott, es hat den Kapitän getroffen!«
    Als die Maracaibo den Kampf gegen das
Marineflieger-Geschwader 6 aufnahm, dessen Torpedoflugzeuge und
Sturzkampfbomber mit mörderischen Lenkraketen dezimierte, machte
sich Oliver recht schnell mehr Sorgen um sich selbst als um Cassie.
Peinlich war dieser Umschwung ihm keineswegs. Schließlich war
es Cassandra, die sogenanntes Heldentum als lediglich ein winziges
Schrittchen von der Verblendung des Theismus entfernt einstufte, und
zudem schwebte er momentan eindeutig in ernsterer Gefahr als sie,
weil die Möglichkeit bestand, daß die Maracaibo Erdbeere 11 gleichfalls als feindliches Flugzeug betrachtete und
dementsprechend ebenso beschoß.
    Zwar hatte der Golf-Tanker gerade einen Volltreffer durch eine
250-kg-Sprengbombe abbekommen, doch statt daß sich die
Ölladung oder den Treibstoff des Tankers entzündete, war
nur das Vordeck in Brand geraten – ein begrenztes Feuer
aufgeflammt, das die automatischen Löschvorrichtungen bald mit
Schaum erstickten –, und gleich darauf wandte die Maracaibo sich wacker der Bekämpfung der beiden Devastator- Torpedo-flieger und drei Dauntless- Sturzkampfbomber zu, die mit noch voller Bewaffnung
in den Lüften kreisten.
    »Ich halt’s nicht mehr aus!« brüllte
Oliver.
    »Sie haben Bammel, was?« fragte Flume, der jedoch
wirkte, als hätte er selbst Muffensausen.
    »Das kann man wohl sagen…!«
    »Sie brauchen sich nicht zu schämen, wenn Sie in die
Hose scheißen«, tröstete Pembroke den Vorsitzenden
der Philosophischen Liga für moderne Aufklärung e. V.,
hinterließ allerdings einen ähnlich beunruhigten Eindruck.
»Im Zweiten Weltkrieg hat fast ein Viertel aller Infanteristen
im Gefecht die Kontrolle über den Schließmuskel
verloren.«
    »Wenigstens haben’s so viele zugegeben«,
ergänzte Flume seinen Kompagnon, wickelte sich aus
Nervosität das Kabel des Kopfhörers ums Handgelenk.
»Der wirkliche Prozentanteil war wahrscheinlich wesentlich
höher.«
    Seit beide Schleppketten gekappt worden waren, krängte die Valparaíso beträchtlich zur Steuerbordseite. Rings
um ihren Rumpf sammelte sich ein Blutsee. Aber selbst wenn sie sank,
überlegte Oliver, hatten Cassie und die Besatzung genügend
Zeit zur Verfügung, um sich in die Rettungsboote zu
flüchten; eröffnete die Maracaibo das Feuer auf
Erdbeere 11, bedeutete der Beschuß hingegen voraussichtlich das
unabwendbare Ende für das Flugboot und sämtliche Personen,
die sich an Bord aufhielten.
    »Sieht aus, als hätte van Horne Blut als Ballast
aufgenommen«, ertönte Reids Stimme aus dem Bordfunk.
»Eine sinnvolle Methode, um die Fracht zu erleichtern. Was
meinen Sie, Mr. Flume?«
    Flume gab keine Antwort. Sein Geschäftspartner blieb
ebenfalls stumm. Während die Maracaibo sich der
Überbleibsel

Weitere Kostenlose Bücher