Das Gottesmahl
durchschlug den Rumpf, und als ein weiterer
Ladungstank aufplatzte, sich der heilige Inhalt ins Meer ergoß,
keimte in Anthonys Hirn ein beunruhigender Gedanke.
»Halt! Nein! Nicht!«
Mußte er, falls die Valparaíso doch sank, mit
ihr untergehen?
»Schießen Sie die Lumpen ab!« wetterte Christoph
van Horne ins Sprechanlagenmikrofon. »Holen Sie sie vom
Himmel!« befahl er dem Ersten Offizier, einem drahtigen Korsen
mit Namen Orso Peche, der gegenwärtig mittschiffs im
Raketenkontrollbunker saß. Der Schiffer der Maracaibo wirbelte zu Neil Weisinger herum. »Null-sechs-null
Steuerbord! Das Gesocks will meinen Sohn abmurksen!«
Noch nie hatte Neil einen Schiffskapitän – oder
irgendeinen anderen Menschen – im Zustand derart vulkanischer
Wut erlebt. »Null-sechs-null Steuerbord«, rief er zur
Bestätigung des Befehls, stemmte sich ins Steuerrad.
Man konnte die Aufregung des Kapitäns verstehen. Von der
ganzen Einheit, die sich Marineflieger-Torpedobomberstaffel 6 nannte,
waren nur noch drei bewaffnete Flugzeuge einsatzfähig, aber
sollte lediglich eines von ihnen der schon beschädigten Valparaíso seinen Aal verpassen, mußte sie
unzweifelhaft sinken.
»Voraus volle Fahrt!«
»Voraus volle Fahrt«, wiederholte Mick Katsakos am
Manöverpult. »Was ist das rote Zeug da?«
»Ballast«, klärte Neil ihn auf.
»Hätte ich bloß meine Kamera dabei…«
Eine elegante, kleine Aspide fegte von der Startrampe empor,
schoß auf ihr Ziel zu und sprengte es, kaum daß die
Besatzung ausgestiegen war, in zahllose Bruchstücke
auseinander.
»Ein weiteres Flugzeug abgeschossen, noch zwei Maschinen im
Einsatz«, meldete Peche über die Sprechanlage.
»Das ist ja vielleicht ’n riesiger Zombie«,
meinte Katsakos. »Hui-jui-jui-hm-hmm…«
»So was gibt’s kein zweites Mal«, sagte Neil.
Plötzlich stand ein vierter Mann auf der Brücke. Er trug
einen wasserfesten Priesterrock und zitterte vor Zorn, der allerdings
im Vergleich zum nachgerade tollwütigen Grimm des Kapitäns
eher banal wirkte. Kardinal Tullio di Luca watschelte zum
Manöverpult.
»Kapitän, Sie müssen das Beschießen der
Flugzeuge unterlassen. Stellen Sie den Beschuß sofort
ein!«
»Diese Leute wollen meinen Sohn umbringen!«
»Wußte ich’s doch, daß wir den
falschen Mann angeworben haben!«
Zum zehntenmal, seit die Maracaibo den 71. Breitengrad
erreicht hatte, kam der ruppige, alte Spaniole namens Gonzalo Cornejo
aus der Funkbude gehuscht und machte Meldung, daß die
Funkoffizierin der Valparaíso eine Verbindung
erbat.
»Sie geht mir… Wie sagt man? Inzwischen geht sie mir
echt auf den Sack.«
»Sie möchten der Quasselstrippe gerne Bescheid
stoßen, was?« fragte der Kapitän.
»Jawohl, Sir.«
»Übermitteln Sie der Valparaíso, daß
Kapitän Christoph van Horne mit Arschkriechern der
Kintoppindustrie nicht verhandelt. Kapiert, Cornejo? Mit solchen
Kotzbrocken rede ich nicht!« Als Cornejo sich voller sichtlicher
Begeisterung anschickte, in die Funkbude umzukehren und die Anweisung
auszuführen, gab der Kapitän ihm einen zweiten Befehl.
»Und schalten Sie den Funkverkehr der Flieger auf die
Brücke, ja?« Anschließend wandte er sich an Neil.
»Backbord zehn«, raunzte er.
»Backbord zehn«, rief Neil, während er
überlegte, was das wohl für ein Mensch sein könnte,
der für seinen Sohn kaltblütig tötete, sich
gleichzeitig jedoch weigerte, am Funkgerät ein einziges Wort mit
ihm zu wechseln.
»Kapitän, wenn Sie der Versuchung, mit Ihren Raketen
herumzuspielen, nicht widerstehen können, müssen wir eben
umdrehen«, sagte di Luca, dessen Gesicht zusehends rot anlief.
»Haben Sie verstanden? Ich erteile Ihnen Weisung zum
Abdrehen.«
»Sie meinen, wir sollen kneifen? Kommt ja gar nicht in die
Tüte, Eminenz.«
»Der Wunsch des Kardinals hat durchaus eine gewisse Berechtigung«, wagte Katsakos anzumerken. »Vielleicht
ist Ihnen aufgefallen, Sir, daß diese Idioten dort über
dem Bauch noch sechs bewaffnete Sturzkampfbomber in der Luft
haben.«
Der Erste Offizier hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da drang
die aufgeregte Stimme eines Devastator- Pilots aus dem
Brückenlautsprecher. »Leutnant Sharp an Oberstleutnant
McClusky. Bitte kommen, Oberstleutnant!«
»Hier McClusky«, antwortete der Kommandeur des
Marineflieger-Geschwaders 6 aus der Höhe über Gottes
Nabel.
»Sir, haben Sie ’n paar Eier übrig?«
»Soviel wie wir mitgenommen haben. Wir sind kurz vorm Werfen.
Ende.«
»Hier ist ein Golf-Tanker aufgekreuzt«,
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