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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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und ihr letzter Eindruck von der Realität umfaßte zwei erhobene stählerne Stäbe, die im Licht glänzten, den als Schild verwendeten Stuhl sowie den Fetzen des herabgerissenen Vorhangs, eingesetzt als Werkzeug zur Ablenkung und Behinderung des Gegners. Dann im Mund der Nachgeschmack einer letzten, schlechten Mahlzeit, einer Handvoll kümmerlicher Oliven, eines Stücks alten ungesäuerten Brots und einiger Bissen von einem Brocken Fleisch, ursprünglich bestimmt für die Wölfe, aber durch einen Lanista abgezweigt, der auf den heutigen Kampf Mann gegen Mann gewettet hatte, das nur ranzig gewesen sein mochte, aber ebensogut, wie es so ging, vergiftet worden sein konnte, denn die Welt schwankte bei jedem Schritt fürchterlich, und in den Ohren rauschte das Blut, übertönte sogar das Johlen der Menge.
    Lyla war sich vollkommen darüber im klaren, was ihr geschah. Sie hatte eine subkritische Dosis der Droge in der SibyllPille geschluckt, und die beförderte sie soeben aus der Wirklichkeit hinüber in jene Welt, welcher Art sie auch war, in die sie während ihrer normalen Trancezustände überwechselte. Es war das, was mit den anderen geschah, worüber sie dagegen keine Klarheit besaß. Dieser hünenhafte, blonde, germanische Schwertkämpfer in Brustpanzer und Sturmhaube, einer Arm- und einer Beinschiene und mit Tartsche oder sonst so einem Schild, ihm gegenüber der Retiarius mit dem spitzen Dreizack und geschickt geschwungenen Netz …
    Erneut scholl aus den Käfigen unter den Tribünen das Brüllen hungriger Löwen.
    Gewandt das Netz an der Erde ausgeworfen, ein Stoß mit dem Dreizack, um den anderen zurückzudrängen, ein Schlagaustausch mit dem Zweck, den Gegner eine Ferse unvorsichtig auf das Netz setzen zu lassen, und Ruck! Unter der Sonne hoch droben maß der Mann der Länge nach den eigenen Schatten. Von jener Seite, wo reiche Zuschauer in der Gesellschaft des Kaisers saßen, überschattet von Baldachinen, wogegen die Plebejer schwitzten und sich die Augen verderben mußten, ertönte Beifall, gemischt mit zornigen Schreien aus den Kehlen von Wettern, denen nun Verluste drohten.
    (Unterdessen: ‚Dickerchen’ nahm, obwohl seine Hand noch schmerzte, die Peitsche, während Madison damit beschäftigt war, Putzi mit dem Stück des zerrissenen Vorhangs zu Fall zu bringen.)
    Ein Verrücken, eine ruckartige Verschiebung des Universums, ein Gefühl, als wälzten sich Jahrtausende in der falschen Richtung vorbei, ächzten bei jeder qualvollen Sekunde ihrer Fortbewegung. Ein Peitschenträger in leinenem Rock, nicht einmal knielang, mit einem Bart, der ihm in derben Rattenschwänzen auf die Brust hing, brummte Verwünschungen hinaus ins ewige Schweigen der Wüste. Finsternis und Kälte lasteten auf den paar verständlichen Wörtern. „Krokodile und Köter werden sich am Morgen um deine Gebeine raufen!“
    Im eigenen Atem wahrgenommen: der Übelgeschmack mieser Zwiebeln, die Bitterkeit von Bier, das nicht besser war als Pisse. Auf den Schultern nebeneinander gerade Striemen von der Peitsche, an den Händen vom Lehmstaub verfärbte Verhornungen, Blasen vom Zerren an Tauen, eine geplatzt und wund, als habe die Handfläche vor erst einer Stunde eine glutheiße Kohle aus dem Feuer genommen und umschlossen. Andere Seile an den Knöcheln der Füße, nicht um riesige Steinblöcke zu bewegen, sondern aufsässige Sklaven im Zaum zu halten, während der Aufseher auf Peitschenhiebabstand zurücktrat.
    In Reichweite der Hand: ein schwerer, von der Sonne gehärteter Ziegel, in Größe und Form einem Laib jenes Brotes, das an mehr Tagen, als man zu zählen vermochte, zum Stillen des Knurrens im Magen nicht gegeben worden war; ihn aufgehoben, flinker als die Peitsche sein konnte, und geschleudert.
    Durch einen chaotischen Dunstschleier von Übelkeit, Schwäche und Haß, Haß, Haß sahen Augen, die Lyla gehörten, deren Blickfeld jedoch verschwommen war infolge jahrelang unbehandelt gebliebener Entzündungen, grellem Sonnenlicht und von im Wind aus dem Herzen Afrikas herangewehtem Staub, den Brocken Beton, der vorhin aus der Wand der Wohnung gebrochen war, ‚Dickerchens’ Kopfhaut glatter als jedes Messer aufschlitzen. Er sank auf die Knie, krümmte sich über der Peitsche, benäßte sie mit dem Blut, das sein Kopf verströmte.
    (Unterdessen: Mikki vor ihrem Gottschalk-Arsenalschrank, vollgestopft mit alten und neuen Waffen, wo sie nach ihren Kerlen rief, damit sie sich irgend etwas aussuchten, denn gegen Madison durfte man so gut wie

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