Das Gottschalk-Komplott
fast für einen Einbrecher gehalten, und ich war drauf und dran, davonzuschleichen und die Polizei zu rufen. Wir haben momentan wichtigere Aufgaben für unsere Computer, also wüßte ich’s zu schätzen, wenn Sie sich jetzt verziehen.“ Übellaunig strebte er an Diablo vorüber in sein Büro.
„Unfug“, sagte Conroy, indem er sich anschloß.
„Was?“
„Unfug, sagte ich. Erstens wünsche ich mir schon seit Jahren, diesen Mann mal kennenzulernen – er ist wahrscheinlich der beste intuitive Psychologe auf unserem Planeten, und ich verwende regelmäßig Aufzeichnungen seiner Shows als Unterrichtsthemen, um zu illustrieren, wie ein entschlossenes Individuum Zuschauermassen manipulieren kann. Zweitens, Sie sind wütend und verbittert, ich selbst bin ganz schön manisch, und wir stehen vor einem verdammt komplexen Problem, so daß es recht nützlich sein dürfte, jemanden hierzuhaben, der einen distanzierten Blickwinkel hat, und ich wüßte niemanden, der distanzierter sein könnte als jemand, der am liebsten nie nach New York gekommen und viel lieber noch in Blackbury zu Hause wäre.“ Er sah den Nieb an. „Habe ich recht?“
„Zum Henker, wer sind Sie überhaupt?“ wollte Diablo erstaunt wissen.
„Oh – Entschuldigung! Ich bin Xavier Conroy.“
„Tatsächlich?“ Diablos nahezu feindliche Haltung wechselte wie durch Zauberei. Er streckte die Hand aus. „Verdammt, ich habe meinerseits genauso jahrelang gehofft, Sie einmal kennenzulernen. Warum um alles in der Welt haben Sie’s hingenommen, daß man Sie so gründlich vergrämt hat, bis Sie auf dies Lehrerpöstchen in Manitoba heruntergekommen sind?“
„Ich hänge in übertriebenem Maß an meinen eigenen Meinungen“, gab Conroy mit leicht verzerrter Stimme zur Antwort. „Selbst heutzutage bringen Schüler den Lehrern immerhin soviel Respekt entgegen, daß sie sie nicht unbedingt bei jeder Gelegenheit niederschreien, und es schenkt mir ein – leider falsches! – Gefühl, etwas zu leisten, wenn ich das, was ich lehre, in ihren Arbeiten wiederfinde. Nichtsdestotrotz, es war natürlich völlig unberechtigt von mir, einfach davon auszugehen, daß Sie bleiben möchten. Es ist bloß so, daß … Na, wie gesagt, wir haben ein Problem, und … Haben Sie manchmal Ahnungen, Mr. Diablo?“
„Dann und wann durchaus, muß ich sagen, ja. Nicht daß sie auf regelrechte Vorahnungen hinausliefen, wenn’s das sein sollte, worauf Sie’s abgesehen haben. Andernfalls säße ich noch daheim und würde mich erheblich wohler fühlen. Aber man entwickelt ein gewisses Gespür für das propagandistische Potential der einzelnen Nachrichtenthemen, um ein Beispiel zu nennen.“
„Das ist genau sowas, wovon ich spreche.“ Conroy nickte. „Im Laufe der vergangenen ein oder zwei Stunden habe ich einige absolut außerordentliche Dinge gesehen und gehört, und mich hat das unwiderstehliche Gefühl befallen, daß sich daraus irgendwie ein Gesamtzusammenhang ergeben muß. Sie haben den gleichen Eindruck, stimmt’s, Flamen?“
Ein wenig darüber verärgert, in den eigenen Büroräumen in den Hintergrund verdrängt worden zu sein, antwortete Flamen mit einem kurzen Nicken; doch schon einen Herzschlag später bereute er seine Schroffheit und wiederholte es mit entschieden mehr Nachdruck, Verwunderung in seiner Miene.
„Ja, ich hatte in der Klinik für einen Moment so eine Aufwallung von Exaltiertheit. So stark, daß mir davon richtig mulmig war.“
„Mir ist noch immer so“, sagte Lyla. Sie war sehr bleich, stand noch an der Tür, als sei sie zu schüchtern zum Eintreten. „So etwas habe ich noch nie empfunden – das heißt, jedenfalls nicht, seit ich ein Kind war und alles ringsherum sich auf den Krieg vorbereitet hat. Ich habe natürlich nicht kapiert, worum’s ging, aber ich kann mich eindeutig an die gleiche Mischung von Furcht und Aufregung entsinnen.“
„Miss Clay ist eine Pythoness“, sagte Conroy zu Diablo. „Was halten Sie von Pythonessen?“
Seiner Frage folgte Schweigen. Schließlich gab Diablo ein gedämpftes Auflachen von sich und schob den Ärmel seines feschen Straßenanzugs im New Yorker Stil in die Höhe, enthüllte dicht unterm Ellbogen ein Juju-Armband der Conju Man AG: ein komplizert geflochtenes Kränzchen aus Haaren von der Mähne eines Löwen.
„Das ist etwas, von dem unsereins mehr weiß als Blanks, nehme ich an“, sagte er. „Sie benutzen SibyllPillen, Miss Clay?“
„Äh … ja.“
„Wir Knieblanks waren’s gewohnt, die gleiche
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