Das Gottschalk-Komplott
wir uns nicht sonderlich beeindruckt zu fühlen. Über einen ‚Gottschalk-Coup von zweitausendfünfzehn’ zu reden, muß nicht mehr heißen, als daß Harry von dem Wind bekommen hat, was man in den Enklaven herumerzählt.“
„Und das wäre?“ erkundigte sich Flamen, dessen professioneller Instinkt plötzlich erwachte.
„Ich hab’s doch gerade gesagt.“
„Was haben Sie im besonderen gemeint?“ beharrte Flamen.
„Donnerwetter, verfolgen Sie denn nicht die Nachrichten aus Blackbury? Ich selbst habe eine Sendung über die neueste Ausrüstung gemacht, die Anthony Gottschalk uns zur Erprobung überlassen hat, und morgen müßte sie über drei der schwarzen Satelliten ausgestrahlt werden. Da ist ein Laser mit zweihundertfünfzig Watt und einer Kapazität von fünfhundert Schuß – irgendein neuer Durchbruch bezüglich der Akkumulatortechnik, ist mir gesagt worden, allerdings sind sie so konstruiert, daß man sie nicht zerlegen kann, ohne daß die Teile schmelzen, und zum Zeitpunkt, als ich gehen mußte, war mir noch nicht zu Ohren gekommen, daß unsere Techniker die Funktionsprinzipien ausgetüftelt hätten. Da gibt’s ›jetzt eine Handstarter-Kleinrakete mit Mikro-Nuklearsprengkopf, Reichweite eineinhalb Kilometer, Sprengkraft genügt, um einen durchschnittlichen Wohnblock in Schutt und Asche zu legen. Eine ganze Reihe von Neuerungen gibt’s, alle zur gleichen Zeit vorgelegt. Allerdings habe ich nie gehört, daß man dafür so eine Bezeichnung verwendet hätte, wie sie von … Miss Clay, wie haben Sie sich ausgedrückt?“
„Ich habe mich gar nicht ‚ausgedrückt’“, erwiderte die Pythoness halsstarrig. „Aber Harry hat von integrierten Waffen des Systems C gesprochen, über eine Ausrüstung von Einzelpersonen, daß sie eine ganze Stadt einebnen könnten.“
„Ich blicke nicht durch“, bekannte nach kurzem Schweigen Flamen. „Ich hab’s noch nie erlebt, daß die Gottschalks hinsichtlich ihrer Produkte geheimnistuerisch gewesen wären. Während der Planungs- und Entwicklungsstadien, ’türlich, ja, aber nicht, nachdem bereits Probestücke ausgeliefert worden sind.“
„Geschäftspolitische Differenzen innerhalb des Kartells?“ mutmaßte Conroy.
Einen Moment lang blickte Flamen entgeistert drein, dann schnippte er mit den Fingern. „Herrgott, ich verliere tatsächlich den Überblick! So was war noch nie da, aber es könnte wirklich sein, daß das alles mit den Auseinandersetzungen zusammenhängt, die unter den Gottschalks stattfinden.“ Er sprang auf. „Wenn niemand was dagegen hat, werde ich das sofort computerrecherchieren lassen. Das paßt nur zu gut zusammen.“
„Ich begreife allmählich überhaupt nichts mehr“, wagte Lyla zu bekennen.
Flamen sah sie an, während er sich an der wichtigsten und infolgedessen am meisten abgenutzten Tastatur seiner Computer zurechtsetzte. „Nicht? Aber Sie haben doch sicherlich gehört, daß es zwischen den Gottschalks größere Meinungsverschiedenheiten gibt? Sie sind schon seit Wochen im Gang, und vor ein paar Tagen kam’s zum Höhepunkt, als Marcantonio seinen achtzigsten Geburtstag feierte und eine Anzahl höherer Polys demonstrativ ferngeblieben ist. Das könnte freilich auf einen Streit über die Einführung dieser greulichen kleinen Scherzartikel, die Diablo uns eben geschildert hat, zurückzuführen sein. Diskutieren Sie ruhig weiter, wenn Sie möchten – ich bin jetzt durch das ganze Geschnatter zu etwas gelangt, anhand dessen ich konkret etwas tun kann.“ Während er sprach, gaben seine Finger den Automaten codierte Befehle ein. „So was wäre eine Story nach Ihrem Herzen, was, Professor?“ ergänzte er zu Conroy. „Die Gottschalks über neue Waffenfabrikate zerstritten, und eine Fraktion macht gegen den Willen des Alten weiter.“
„Ich sehe darin keinen Anlaß zur Freude“, antwortete Conroy barsch. „Was mich betrifft, sind die Gottschalks Gangster, und wie würde es denn Ihnen behagen, falls sie einen Bandenkrieg nach Vorbildern des vorigen Jahrhunderts entfesseln, bloß mit modernen Waffen? Das wäre unendlich schlimmer als alles, was die X-Patrioten sich bisher geleistet haben.“
Flamen erwiderte nichts, und im nächsten Augenblick hatte er sich voll auf die Reihen kryptischer Wahrscheinlichkeitsbewertungen konzentriert, die vor ihm auf dem Bildschirm glommen.
„Ach, zum Teufel“, brummte Conroy. „Es ist gewiß besser, wenn die Menschen vor derartigen Dingen irgendwie gewarnt werden können, auch wenn heute kaum
Weitere Kostenlose Bücher