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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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sich hier seiner geübten Beobachtungsgabe enthüllte. Aber sein dienstlicher Auftrag schloß keine waffentechnische Analyse ein; das BulaKo war sorgsam darauf bedacht, die überkommene Fiktion aufrechtzuerhalten, daß Waffen bei den Unterhandlungen mit örtlichen Vertragspartnern absolut keinerlei Einfluß besäßen. Doch zweifelsfrei würde natürlich in den nächsten Tagen jemand von der OIS zu ihm kommen – wie zufällig – und im Verlauf einer Plauderei danach Erkundigungen einziehen; allerdings erwartete man von ihm keine detaillierten Informationen.
    Um letzteres war er zutiefst froh. Er fühlte sich hier entsetzlich nackt. Er fühlte sich, um seine Empfindung in einem Wort auszudrücken, schutzlos. Und das war sicherlich genau jene Wirkung, auf die Bürgermeister Black es abgesehen haben mußte. Diese ganzen Formalitäten hätten sich viel leichter und schneller über das Komm-Netz abwickeln lassen, aber dadurch wäre er um das Vergnügen gekommen, solche Gelegenheiten auszukosten.
    Wie er so einsam dastand, im grausamen Sommersonnenschein schwitzte, glitt sein Blick erneut hinüber zu den Schildern neben dem Hauptbau der Wachstation. Eines besagte: BLACKBURY, VORMALS BROWNBURY.
    Ein anderer Hinweis lautete (ohne jedoch Bestandteil des amtlichen Schriftzugs zu sein – vielmehr hatte man diesen Satz in Metallic-Leuchtfarbe hinzugeschmiert): Weißfisch steh nich mit Kopp in Sonne sonst gibstu leichtes Ziel ab.

Schnell nirgendwohin
     
    „Das ist ja das reinste Wahlrennen“, sagte Matthew Flamen launig und wählte am Getränkeautomaten seines standesgemäß luxuriös ausgestatteten Büros tief im Etchmark-Tiefkomplex einen Drink.
    „Was?“ Lionel Priors Pfannkuchengesicht, das kurz zuvor in lebensgroßer Wiedergabe auf der KommNetz-Mattscheibe erschienen war, zeugte von Nichtverstehen. Prior war Flamens Manager, Agent, Hauptvertrauter und ganz allgemein sein Laufbursche. Außerdem sein Schwager, aber das spielte in ihrer Bekanntschaft die geringste Rolle.
    „Lewis Carroll“, sagte Flamen. „Man läuft so schnell man kann, aber nur im Kreis, deshalb kommt man nirgends hin.“
    „Du meinst, das ist aus einem Buch?“
    „Klar ist’s aus einem Buch. Sag nichts – sag nichts!“ Schlaff hob Flamen eine Hand; als er merkte, daß sie sich unterwegs des Drinks bemächtigt hatte, trank er einen Schluck. „Ich weiß, du liest keine Bücher, weil sie die Unvorbelastetheit deines Herangehens an die Medien trüben könnten. Irgendwann wirst auch du einsehen, daß eine derartige Einstellung dich zur Unwissenheit und Ungebildetheit verdammt. He, was zum …?“
    Mitten in Flamens letztem Satz war Prior vom Bildschirm verschwunden und von einem Wirbel bunter Flecken abgelöst worden, die ein sehr leiser, aber scheußlicher Heulton untermalte, der klang, als käme er vom Hund von Baskerville, der durch die Marschen Dartmoors streifte.

Unterdessen in einem anderen Saustall
     
    An einer Wand in der zweigeschossigen Atelierwohnung Michaela Baxendales, der neunzehnjährigen Dauerbrenner-Sensatie – ihre Sensationalität glomm allerdings mittlerweile auf recht kleinem Flämmchen (seit sie fünfzehn gewesen war, hatte die Zeit schließlich nicht angehalten) –, zeigte ein großes automatisches Meßgerät mit seiner Schwenknadel am heutigen Morgen in die rote Fläche der Skalenscheibe. Ein neuer Arbeitsanfall war fällig.
    Unter Gefluche wanderte sie nackt durch die elf Räume, über welche die gegenwärtige Party sich ausgebreitet hatte, weckte viele Gestalten mit Fußtritten und befahl ihnen, jene Figuren hinauszuschleifen, die zu sternhagelvoll waren, um sich aus eigener Kraft regen zu können. Nachdem sie die Robots beauftragt hatte, das zerbrochene Mobiliar und die verdreckten Teppiche fortzuschaffen und beides neu zu besorgen, begann sie mit der künstlerischen Zusammenstellung des Materials, das sich anbot. Das KommNetz-Fach besaß eine Filteranlage zum Aussieben der Reklame, die sie direkt in den Müllschacht weiterleitete, aber heute war ein richtiges Poststück eingetroffen: wieder ein in strengem Stil abgefaßter Brief vom städtischen Gesundheitsamt, der das Fehlen von Toiletten in der Atelierwohnung bemängelte. Michaela hatte sie nämlich demontiert und ihnen freudig erregt nachgeschaut, wie sie fünfundvierzig Stockwerke tief hinabfielen und auf die Straße krachten.
    Sie formulierte abermals ihre Standardantwort um. (,Ich bin aus der Gosse gefischt worden, stimmt’s? Man kann nicht von mir erwarten,

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