Das Gottschalk-Komplott
Meinungsverschiedenheiten dadurch beendet hatte, daß sie hinausrauschte –, wogegen ein Anstaltsinsasse der ausdrücklichen Erlaubnis bedurfte, um zu verhindern, daß Patienten vor der Therapie fortliefen.
Reedeth seufzte und erteilte die erforderliche Anordnung; die Tür rollte zur Seite, Mann und Maschine gingen.
Indem er schlagartig einer Anwandlung nachgab, die ihn unter Umständen nicht bloß in Streitigkeiten mit Ariadne Spoelstra, sondern gar mit Mogshack persönlich verstricken konnte, wandte er sich erneut an den nun wieder in Betrieb befindlichen Pultomaten.
„Verdammt noch mal, ich war mit meiner Beschreibung von Dr. Spoelstra noch nicht fertig, als du deinen Blinker gesetzt hast! Jetzt bewahrst du Ruhe und hörst zu, verstanden?!“
Ohne dem Apparat genug Zeit zu irgendeiner Entgegnung zu lassen, zählte er die übrigen anatomischen Attribute seiner Kollegin auf, nach deren Nähe es ihn so heftig verlangte, die er jedoch bei weitem nicht so oft genießen durfte, wie er es sich wünschte, bis ihm zu guter Letzt mit einem Schwall roher angelsächsischer Wortgebilde der Atem ausblieb. Im Hintergrund seines Bewußtseins spielte er mit dem Gedanken, er könne das rote Lämpchen möglicherweise wieder zum Aufleuchten bringen und anschließend, gestützt auf diesen umkehrbaren Beweis, bei Mogshack eine formelle Beschwerde über die Unfähigkeit der Automaten einreichen, den regulären Sprachgebrauch einer therapeutischen Sitzung zum Zwecke des Abreagierens zu verkraften.
Doch das Lämplein blieb dunkel. „Sehr wohl, Dr. Reedeth“, bestätigte der Pultomat lediglich mit seiner üblichen Stimme. „Ich habe diese Daten gespeichert. Sind sie zur allgemeinen Zugänglichkeit für Mitarbeiter oder ausschließlich für Ihre persönliche Verwendung bestimmt?“
„Nur für mich!“ Himmel, wäre Mogshack, falls es ihm einfiel, in Ariadne Spoelstras Personaldaten Einblick zu nehmen, dabei auf die Aufzeichnung dieses Ausbruchs mit dem ordnungsgemäßen Hinweis ‚Gespeichert auf Anordnung von Dr. Reedeth’ gestoßen …!
Aber wieso hatte die Maschine die schamlose Obszönität seiner jetzigen Worte hingenommen, wogegen sie vorher aufgrund von Äußerungen, die kaum mehr gewesen waren als eine Reihe von Komplimenten, den Betrieb eingestellt hatte? Er spürte Schweiß auf der Stirn, am Hals und in den Handflächen jucken. Der RepaRobot konnte diesbezüglich unmöglich etwas geändert haben; sein Programm beschränkte ihn strikt auf die Wiederherstellung des vorgesehenen Status quo. Folglich konnte nur …
Erregung packte ihn. Hastig setzte er sich hinter den Pultomaten und machte sich daran, an Ort und Stelle herauszufinden, ob das die einzige Verbesserung sei, die Madison ausgeführt hatte. Sie war nicht die einzige.
Zwanzig Minuten später hatte er, indem er in ununterbrochener Gebärde ratloser Erbitterung an seinem Bart zupfte, den Verdacht abgeklärt, der ihn schon seit Monaten quälte.
Es ist eine ungeheuerliche Ungerechtigkeit, Harry Madison hier in der Klinik festzuhalten. Es ist nicht so, daß er verrückt wäre. Vielleicht war er es überhaupt niemals. Was wir bloß nicht verstehen, ist die besondere Art und Weise seiner geistigen Gesundheit.
Schwarze Aussichten
Während er am Ortseingang auf Abfertigung wartete, hielt Fredrick Campbell seinen Diplomatenkoffer – Symbol seines offiziellen Status – vor sich wie einen lachhaften Schild aus Pappkarton. Die Hände, mit denen er ihn umklammerte, waren vom Schweiß schlüpfrig. Das Stadt-Bund-Abkommen sah hier keine Durchquerungen des Luftraums vor, und er hatte seinen Skimmer hundert Meter weiter hinten auf dem zum Zerbröckeln verurteilten Beton der alten Autobahn landen und zu der Stelle laufen müssen, wo er nun stand, mitten in einer Art von Pilzwald aus völlig geschlossenen Betonsäulen. Aus den Sehschlitzen an ihren Rändern musterten ihn argwöhnisch dunkle Augen, und er wußte, daß unsichtbare Hände sich in Bereitschaft befanden, um eine Lawine der Vernichtung auf ihn loszulassen, sollte er eine unvorgesehene Bewegung machen.
Er blickte geradeaus, schaffte es jedoch, seine Augen weit genug zu verdrehen, um durch dies Geschiele feststellen zu können, daß seit seinem letzten Besuch ein Gottschalk hier gewesen sein mußte – und obendrein ein Chef-Poly, vielleicht einer der tatsächlichen Topebene-Repräsentanten, wie Bapuji oder gar Olayinka. Kein Einsilbiger wäre über die Art von Ausrüstung zu verhandeln befugt gewesen, die
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