Das Grab der Königin
nicht ungefährlich, mit dem kleinen Boot durch die aufgewühlte See den Nordjemen zu erreichen.
Wir hatten uns den südlichsten Zipfel ausgesucht. Am Tag und bei klarer Sicht konnte man bis nach Afrika schauen, hinein nach Äthiopien und Somalia.
Jenna Jensen lag im Boot. Ihr war schlecht geworden. Suko und ich versuchten den Kurs zu halten. Sehr oft wurde uns schwummrig zu Mute, denn die Wellen rollten wie schwarze Berge heran, um uns zu überspülen. Daß wir tropfnaß waren, verstand sich von selbst. Hin und wieder, wenn wir mit unserem Landungsboot auf einem Wellenkamm ritten, sahen wir die Küste des Nordjemen und auch die Feuer in der Nacht leuchten. Sie entstanden, wenn an den Raffinerien und Bohrlöchern das Erdgas abgefackelt wurde, das bei der Ölforderung mit aus der Tiefe schoß.
Einmal entdeckten wir sogar einen gewaltigen stählernen Schatten. Er gehörte zu einem Tanker, der sich hinter uns vorbeischob. Irgendwann in den Morgenstunden erreichten wir dann trotz aller Widrigkeiten die Küste. Sie besaß einen langen, fruchtbaren Streifen. Die trockene Zone begann erst im Innern des Landes.
Dort aber richtig.
Wir wollten auf keinen Fall nahe einer Ortschaft an Land gehen. Durch den Sturm waren wir etwas abgetrieben worden und hatten trotzdem Glück, daß wir eine einsame Stelle erreichten. Die auslaufenden Wellen spülten auch uns auf das Festland.
Wir zogen das Boot nach und verbargen es hinter einer Felswand. Dort entdeckten wir auch eine kleine Mulde, in die wir uns hineinlegten. Jenna würgte noch, sie war seekrank, auch uns ging es nicht besonders. Wenn uns nun jemand überraschte, würden wir kaum Widerstand leisten können. Uns fielen die Augen zu.
Suko erwachte zuerst, weckte mich, dann Jenna. Wir richteten uns auf und sahen die Sonne.
Sie stand am Himmel wie festgeklebt. Ein Glutball, dessen heiße Strahlen uns besonders störten, weil wir schon die kälteren Temperaturen gewohnt waren.
»Wie geht es dir?« fragte ich Jenna.
»Es war schon mal besser.«
»Das glaube ich.«
Suko grinste und erklärte, daß er sich etwas umschauen wollte. Dazu kletterte er auf einen Felsen. Sehr schnell kam er zurück, sah unsere gespannten Gesichter und erklärte: »Entweder haben wir Glück oder Pech gehabt. Ich schätze, daß ungefähr zwei Meilen entfernt ein kleiner Ort liegt, dem sogar ein Hafen vorgegliedert ist.«
»Meinst du, daß wir dort einen Wagen bekommen?«
Suko schaute nicht mich, dafür Jenna an. »Wie ist es, Fräulein Doktor? Können wir uns da einen Wagen leihen?«
Sie hob die Schultern. »Ich weiß nicht, wie der Ort heißt.«
»Wir sollten es versuchen.«
Unser eigentliches Ziel war ein anderes. Früher, zu Zeiten der Königin von Saba, hatte die Stadt Mauza geheißen. Heute hieß sie Mokka, wie der starke Kaffee. Dort kannte sich Jenna aus, da würden wir auch einen Wagen finden, um in das Innere des Landes zu fahren. Jenna rückte mit einem Vorschlag heraus. »Paßt auf, wir werden in diesen nächstgelegenen Ort gehen und mit einem Fischer handelseinig werden. Der kann uns dann nach Mokka fahren.«
Damit waren wir einverstanden.
Wir packten das Gepäck auf unsere Schultern - auch Jenna machte mit, umgezogen hatten wir uns bereits — und marschierten los. Die zwei Meilen wurden verdammt lang. Der Boden war steinig. Ein warmer Wind wehte uns gegen die Gesichter. Er kam von Osten, aus dem Innern des Landes, brachte Staub und Sand mit, der gegen die Haut schlug und Juckreiz verursachte.
»Es sind die Ausläufer des Sandsturms, der in der vergangenen Nacht getobt hat«, erklärte Jenna. »Wir haben auf dem Wasser auch etwas davon mitbekommen.«
»Ich war nur naß«, sagte Suko.
Jenna lachte auf. Sie ging neben mir. »Habe ich euch nicht erzählt, daß zu dieser Jahreszeit die Sandstürme besonders häufig vorkommen?«
»Nein!« knirschte ich, »das hast du uns wohlweislich verschwiegen.«
Wir gingen weiter. Menschen sahen wir nicht. Nur auf dem Wasser schoben sich die Segler der Fischer vorbei. Meist einfache Holzboote, mit einem Segel ausgestattet, sogenannte Daus.
Über das erste Grün, daß wir sahen, freuten wir uns alle. Ein Zeichen, daß wir uns der Ortschaft näherten. Felder, auf denen Hirse angebaut wurden, lagen flach vor uns. Menschen arbeiteten hier, zumeist Frauen, die gebückt ihren Tätigkeiten nachgingen, verschleiert waren und nicht aufblickten, als wir über die schmalen Wege zwischen den Feldern einherschritten.
Die Häuser kamen mir vor wie Würfel.
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