Das Grab der Legionen
weit genug vom Wald entfernt. Fluchende Centurionen versuchten aus verwirrten Scharen wieder kampffähige Manipel zu formieren. Überall fehlten Waffen, die Zeugmeister mußten Löcher in ihre Vorräte reißen. Trotz gewohnter Disziplin würde das Aufstellen lange dauern. Pompejus barst fast vor Wut, aber auch er erkannte, daß es unmöglich war, sofort anzugreifen.
Signale erschallten. Cornelius Cossus' Abteilung näherte sich. Man atmete auf. Vielleicht blieb alles ruhig, und die Arevaken begnügten sich nach iberischer Weise mit dem Augenblickserfolg. Bis zum nächsten Tag wäre das Heer wieder schlagkräftig.
Doch einsetzendes Kampfgetümmel zerstörte diese Hoffnung. Die waffenstarrende Front zog sich weitere Schritte zurück, bereit, den Angriff aufzufangen. Doch die da schreiend aus dem Wald stürzten, waren keine Iberer. Da kamen Cornelius Cossus' Legionäre.
„Sie sind hinter uns her!" brüllten die Flüchtenden.
„Maul halten!" rief Crispus. „Klar zum Gegenstoß!"
Besorgte Centurionen suchten in der Linie Lücken zu schaffen, damit die Fliehenden Schutz finden konnten. Noch in dies Manöver hinein stießen die Arevaken. Zwischen die letzten Legionäre gemischt, zerrissen sie die Linie. Überall tobten Zweikämpfe. Nicht einmal Lanzen konnte man werfen. Weit eher als die gutgerüsteten Iberer hätte man die verstört umherirrenden Römer getroffen. Die Legionäre ließen die Speere fallen und griffen zum Schwert.
Pompejus faßte sich an den Hals. „Mars, hilf!" stöhnte er, als er das Durcheinander sah. „Das sind die Termantiner!"
„Wer sonst!" brummte Crispus und befahl den Meldereitern, die Erste Legion möge die Linie halten. Die Kohorten der etruskischen Verbündeten sollten Entlastungsangriffe führen.
„Aber so viele sind das doch gar nicht! Jagt sie wieder in den Wald zurück!" rief Pompejus.
Der Tribun wußte es besser. Er sah, daß die besten Manipel der Legion deutlich, wenngleich langsam wichen. Seine Maßnahmen würden das wohl aufhalten; was aber, wenn die Iberer anderswo weitere Scharen zur Verfügung hatten?
Am Rand des Gebüschs standen junge Burschen, die Bogen in der Hand, und schossen eine Salve nach der anderen auf die noch lange nicht kampfbereiten Centurien der Zweiten Legion, so daß dort Panik ausbrach.
Der Staub wirbelte immer höher. Niemand vermochte zu sehen, ob den Iberern gar ein Durchbruch gelang. Crispus entsandte unermüdlich Verstärkungen. Irgendwann mußte der Elan der Termantiner ermatten. Hoffentlich nicht zu spät. Das Kreischen des entnervten Konsuls neben sich ignorierte der Kriegserfahrene.
Ein Meldereiter sprang vom schnaubenden Pferd und grüßte hastig. „Tribun, die Iberer greifen entlang des Flusses an. Marcus Julianus ersucht dringend um Hilfe!"
Ohne lange abzuwägen, schickte Crispus weitere Kohorten dorthin. Bereits der nächste Kurier meldete den Tod des Tribuns, berichtete aber, es sei gelungen, den Durchbruch zu verhindern. Die Herzen schlugen langsamer, zumal die zahlenmäßige Überlegenheit auch an der Front zur Stadt hin die Schlacht zu wenden begann.
Ein Hornsignal rief die Iberer zurück. Das ging zwar nicht so präzis wie bei den Römern vor sich, doch in wenigen Minuten war die Schar der Angreifer fort.
Es herrschte die Ruhe des drohenden Zusammenbruchs. Überall liefen verwirrte Männer umher. Niemand wußte, wohin er gehörte. Zahllose Tote und Verwundete bedeckten den Boden.
Noch mühten sich abgehetzte Offiziere um eine Neuordnung, als ein Pfeilhagel den nächsten Arevakenangriff einleitete. Fußkämpfer und Reiter stürzten sich aus dem Waldstreifen auf die Römer und waren plötzlich auch am Ufer des Durius. Die Linie der Legionen hielt nur einen Augenblick, dann brach sie. Vereinzelt fochten die Karrees der Centurien, doch der Weg zum Zelt des Konsuls war unversehens frei.
Crispus schickte ein Stoßgebet zu den zürnenden Gottheiten Roms und zog das Schwert. Wie lange war es her, daß er zum letztenmal auf Leben und Tod gefochten hatte?
Die römische Reiterei kam im letzten Augenblick und hielt den Vorstoß der Barbaren unter großen Opfern auf. Doch ihr Eingreifen beim Stabszelt hatte jenen Flügel geschwächt, auf dem Julianus' Leute eben erst die Feinde zurückgeworfen hatten. Unverzüglich bliesen die Hörner auf der Gegenseite zum Angriff, und die Iberer hatten bald freie Bahn.
Pompejus sagte seit langem nichts mehr. Das Schwert in der Hand, sah er hilfesuchend um sich. Seine Stabsoffiziere taten es ihm
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