Das Grab der Legionen
eingreifen?"
„Ihm geht es übel genug gegen Viriatus ' Scharen. Mich wundert, wie Servilianus bislang eine Niederlage vermied. - Kein Mann wird uns überstellt werden, mein Freund!"
„Dann braucht die Provinz Cisiberien neue und mehr Legionen. Wer ist der Senat, wenn nicht letztendlich wir, die Einflußreichen?" „Du vergißt die überflüssigen Volkstribunen . Spricht der Konsul von Verstärkung, dann legen diese Herren ihr Veto ein. Vorbei sind die Zeiten, da der Adel allein regierte."
„Bei den Göttern des Capitols, es ist zum Verzweifeln! Wohin ist unser Rom geraten?"
Älius sah befriedigt drein, da Lentulus seiner Meinung war. „Und vergiß nicht, die Claudier intrigieren gegen Pompejus und besonders gegen Scipio. Sie und die Volkstribunen... Kann man gegen zwei Seiten zugleich siegen?"
„In solch gefährlicher Zeit halbherzige Menschen am Ruder der Republik... Könnte man nicht Scipio Africanus für ein, zwei Jahre zum Diktator ernennen? Hätte er die Vollmachten, wäre der Numantinische Krieg bald gewonnen." '
„Von mir aus mag er sie noch heute erhalten." Älius lächelte. „Alle hohen Militärs sind gegen die endlosen Senatsdebatten, bei denen wenig für das Heer herauskommt. Wie aber? Die Gesetze verbieten es ausdrücklich."
„Unter vier Augen, mein Servius, ich hörte, Cornelius Scipio wolle sich doch um ein zweites Konsulat bewerben. Vielleicht als Trittschemel zur Diktatur..."
„Schweig, bei Jupiter! Woher hast du das? Ist dir nicht bekannt, daß es verboten ist, zweimal Konsul zu werden?"
„Früher war es erlaubt. Warum soll jene Gesetzesänderung nicht wieder zurückgenommen werden?"
„Der chaotische Zustand der beiden iberischen Provinzen wäre ein guter Anlaß, die Vorschrift zumindest kurzfristig außer Kraft zu setzen", bestätigte Älius. „Aber eine Kommission des Senats hat eingeschätzt, die Lage sei schlimm, doch keineswegs hoffnungslos. Also keine neuen Legionen, bevor die Dienstzeit der hier stationierten abgelaufen ist!"
„Du meinst die Gesandtschaft des Senators Lucius Flaccus?"
„Erraten. Zwar fiel das alte Skelett durch Mörderhand. Aber seine Beamten waren unerwartet dickköpfig. Scipio mußte zurückstecken." Verblüfft schaute Lentulus den Tribun an. Wie denn, der mächtige Scipio fürchtete einen Toten? „Schlimme Zustände!" murrte er. „Wenn nötig, mein Servius, auf meine Hilfe kannst du zählen. Unser Vaterland braucht eine harte Hand, einen Mann wie den Bezwinger Karthagos."
„Beispielsweise", meinte Älius. „Ich werde mich an dein Angebot erinnern. Aber wir sind erst wenige. Noch haben viele bedeutende Familien den Ernst der Lage nicht erkannt."
„Ich kann warten", versicherte Lentulus, unfroh lächelnd.
IX
Bei Salduvia
Rechts, links, vorn und hinten trabten die Reiter und spähten umher. Eher gleichgültig schauten die Legionäre drein, die vor und hinter der Wagenkolonne marschierten. Tief in römischem Gebiet rechnete auch der Wachsamste nicht mit einem Überfall .
Dennoch, das Gerücht von streifenden Banden hielt sich hartnäckig. In Salduvia war von hinterlistigen Pfeilschüssen und unerklärlichen Bränden berichtet worden. Alles konnte ebenso das Werk entsprungener Sklaven oder einzelner Ilergeten sein, die sich gegen Rom gewandt hatten. Aber auch mit Arevaken war zu rechnen, und das zwang zur Vorsicht.
Die Aufmerksamkeit der Kutscher galt den Schlaglöchern. Davon gab es mehr als genug. Der Bau einer regulären Heerstraße kam und kam nicht voran, das bewilligte Geld mußte für die Truppen ausgegeben werden. Die Wege wurden durch die zahllosen Transporte zusehends schlechter. Doch die Legionen mußten versorgt werden.
Ein Fuhrwerk war hinzugekommen, nachdem der Kaufherr zugestimmt hatte, Melus mitzunehmen. Der Aufseher reiste nicht allein. Mit Rücksicht auf das gefährliche Land war der Leibwächter der Domina zu dem Unternehmen beordert worden, er und zwei Sklaven würden helfen, die wertvollen Dokumente zu bewachen.
Der Beauftragte fühlte sich keineswegs wohl bei der Mission. Allzu unbestimmt war alles. Er solle Ausschau halten lassen. Wie denn? Und wem sollte er Aufträge geben und welche? Einen Toten finden?
Bei Saturn und Jupiter, er wünschte ja, der junge Herr möge noch leben; aber seit er das Land gesehen hatte, glaubte er nicht mehr daran. - Doch hätte er der Domina widersprechen dürfen? Sie hatte allen Beteiligten die Freiheit versprochen, wenn sie gut arbeiten würden; eine hohe Belohnung war sicher, sollte
Weitere Kostenlose Bücher