Das Grab der Legionen
Legionär aus dem Sattel. Ein langer, schwarzgefiederter Pfeil stak ihm in der Brust. Unwillkürlich griff der Aufseher an den Mund. Bei Pluto, was geschah hier?
Rufe, Pfiffe und neue Angstschreie gellten durcheinander. In hektischer Eile formierten sich die Gerüsteten, aber das funktionierte nur unvollkommen.
Was Melus nicht zu begreifen vermochte, übersah der Gladiator mit wenigen Blicken: Ein paar hundert Schritt vor ihnen überquerte die Landstraße einen Bach, der dem Jalus zuströmte. Der Boden war hier eben und zur Regenzeit sicherlich sumpfig. Die Kolonne hatte sich auseinandergezogen und kam nun völlig zum Stehen.
Zwischen ihnen und dem Fluß breitete sich ein verfilztes Dickicht aus Bäumen, Sträuchern und dornigem Gestrüpp aus. Dahinter hatten sich zahlreiche Reiter versteckt gehalten. Nun galoppierten sie davon und strebten fast parallel mit ihnen der Brücke zu. Ein Pfeil nach dem anderen sauste heran.
Gedankenschnell riß Brennus den Schild vom linken Arm und schob ihn auf den rechten. Kämpfen konnte er so nicht, war aber nunmehr vor den Geschossen geschützt. Den Römern wurde die eingeübte Norm zum Verhängnis. Ungeschirmt stürzten mehrere verwundet oder tot zu Boden.
Zehn, vielleicht fünfzehn Arevaken! zählte der Gallier und zerrte am Zügel. Sein Pferd drohte auszubrechen. Die anderen schaffen es nicht. Zu wenige. - Da, jetzt geht's ihnen dreckig!
Zwar hatten die Angreifer den Zug rasch überholt und passierten schon die Brücke, doch nun gab der Centurio einen Befehl. Wenigstens dreißig Römer hetzten hinterdrein, und kein Iberer war der Wagenreihe auch nur nahe gekommen.
„Arevaken!" stieß Verinus hervor, ängstlich auf den Hals seines Scheckens geduckt. Weder er noch das Tier waren verletzt, ein Zeichen, wem die Pfeile galten.
„Schöne Befreier!" murrte Brennus und manövrierte sich an den Rand des Durcheinanders. Vielleicht..., wer konnte es wissen? Fand sich in der allgemeinen Hektik eine Gelegenheit...?
Abermals brüllten Getroffene auf. Der neuerliche Angriff war umso wirkungsvoller, als niemand damit gerechnet hatte. Dabei war alles so einfach! Im Versteck mochte ein zweiter Trupp Iberer gewartet haben; und als jedermanns Aufmerksamkeit nur der Verfolgung der ersten Schar galt, kam ihr Augenblick.
Einer der ersten Sterbenden war der Centurio. Ein tödlicher Pfeil hatte seinen Hals durchbohrt. Unordnung und Durcheinander erschwerten die Verteidigung. Dennoch - die routiniert schießenden Legionäre zwangen die Arevaken zum Rückzug. Wie der erste Trupp jagte auch der zweite über die Brücke südwärts.
„Fangt die Banditen!" kreischte ein Decurio. „Alles ihnen nach!"
Sofort begriff Brennus die große Möglichkeit. Er hieb seinem Pferd die Fersen in die Seiten und sprengte hinter den Flüchtenden her. Rufen und Schreien blieben zurück. Noch konnte niemand wissen, was er wagte.
Vor ihm jagten die Iberer über die Straße. Manchmal wandte sich der eine oder andere um und schoß einen kaum gezielten Pfeil rückwärts. Unmöglich, aus solcher Lage zu treffen. Seinerseits dachte der Gallier keineswegs daran, den Bogen zu benutzen.
Als er sich zum ersten Mal umschaute, befanden sich die übrigen Legionäre weit hinter ihm. Offensichtlich fürchteten sie die Arevaken. Daß er kein Römer, sondern ein Gladiator war, konnte niemand erraten; wahrscheinlich hielt man ihn für ehrgeizig und besonders dienstbeflissen.
Mit einer plötzlichen Linkswendung - die Brücke und das Quertal lagen weit zurück - drangen die Iberer ins Hochland ein. Der Boden war hier trocken und steiniger, die Pferde hatten Mühe, den Hang zu erklettern.
Brennus kam auf der Straße rasch heran. Daß man einen Hinterhalt legen wollte, war ihm klar. Daher nahm der Gallier mit einer deutlichen Geste den römischen Helm ab. Verstanden sie das? Sie mußten es begreifen.
Er riß am Zügel und wich einem wohlgezielten Speer aus. Aus den Augenwinkeln sah er einen zweiten Wurfspieß - und ließ sich mit einer Gewandtheit aus dem Sattel fallen, die nur ein Gladiator erlernt hatte. Keinem Legionär wäre das gelungen, doch er wurde nicht getroffen, die Waffe sauste vorbei.
Brennus fuchtelte mit den Händen. Einer der Schützen schien endlich zu verstehen. Er rief den anderen etwas zu. Die Lanzen senkten sich. „Komm herauf!" schallte es in schlechtem Latein.
Der Gallier faßte den herabhängenden Zügel, setzte den Helm auf und kroch den Steilhang hinauf. Das Herz schlug ihm bis zum Halse. Waren
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