Das Grab des Herkules
umzuwerfen, stellte Nina fest, dass Chase diesmal mehr Widerstand leistete als gewöhnlich. Und dass er sie streitlustiger anging als sonst …
Als sie zum dritten Mal mit dem Rücken auf die Matte flog, keuchte sie zornig auf. Chase setzte ihr das Knie auf die Brust und drückte sie nieder. »Eddie, das tut weh !«
»Das nennt man kämpfen . Wenn wir nicht ernsthaft trainieren, würden wir bloß rummachen.« Er hielt sie noch einen Moment fest, dann richtete er sich auf. »Okay, probieren wir was anderes.«
Nina wartete darauf, dass er ihr hochhalf. Als Chase jedoch nicht daran dachte, ihr die Hand zu reichen, funkelte sie ihn an und erhob sich aus eigener Kraft. »Wo liegt dein Problem?«, fauchte sie.
» Ich habe kein Problem.«
»O doch. Aus irgendeinem Grund bist du angepisst. Eigentlich schon seit einer ganzen Weile. Und nicht erst seit gestern Abend.«
Er lächelte humorlos. »Wow, ich bin beeindruckt. Du erinnerst dich tatsächlich noch an gestern?«
»So wie du dich aufgeführt hast, werde ich diesen Abend nicht so schnell vergessen.« Und weil Nina spürte, dass er im Begriff war, einen verletzenden Kommentar vom Stapel zu lassen, kam sie ihm zuvor und wechselte schnell das Thema. »Also weiter. Wir probieren was anderes.«
Chase brummte und zog eine orangefarbene Plastikpistole aus seiner Sporttasche. »Ist gut. Du möchtest, dass ich der Böse bin, dann will ich dich mal nicht enttäuschen. Mal sehen, ob du behalten hast, was ich dir gezeigt habe.« Er trat einen Schritt zurück, hob die Waffe und zielte auf Nina. »Na los«, forderte er sie auf. »Entwaffne mich.«
Nina schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen.«
»Was ist? Du wolltest Selbstverteidigung lernen. Das hier ist Selbstverteidigungstraining.«
»Ja, aber damals hab ich noch geglaubt, wir würden Ärger bekommen, weil sich zum Beispiel jemand wegen Atlantis rächen wollte. Aber jetzt? Ehrlich gesagt möchte ich jetzt nur ein bisschen meinen Kreislauf belasten.«
»Wenn dir jemand eine Waffe vors Gesicht hält, wird dein Kreislauf schon anspringen, glaub mir. Also komm schon.« Er reckte ihr die Waffe entgegen. »Gib mir deine Geldbörse.«
»Was? Eddie, hör auf …«
Er drückte ab. Die Pistole klickte. »Peng! Du bist tot. Versuch’s noch mal. Du hast meinen Boss gekillt. Jetzt bist du dran.«
»Eddie …«
»Peng! Schon wieder tot. Zwecklos.«
Nina musterte ihn stirnrunzelnd, mit wachsender Verärgerung.
»Versuch’s noch mal! Ich bin Giovanni Qobras’ Bruder, und du bist das Miststück, das ihn getötet hat …«
Nina warf sich nach vorn, wich der Pistole aus und packte Chases Unterarm, während sie ihm mit der anderen Hand die Waffe zu entwinden versuchte.
Zack!
Das Zimmer drehte sich um sie, und sie landete mit solcher Wucht auf dem Rücken, dass ihr der Atem aus der Lunge gepresst wurde. Die Mündung der Waffe zeigte auf sie.
Es klickte. »Peng«, sagte Chase grinsend.
Nina funkelte ihn zornig an. Dann stemmte sie sich hoch, stürmte ins Schlafzimmer und schlug die Tür hinter sich zu.
Vierzig Minuten später war Nina bereit zum Aufbruch. Sie hätte gern mehr Zeit auf ihr Haar verwandt, das sich als unerwartet widerspenstig erwiesen hatte, doch sie wollte nur noch aus der Wohnung raus. Trotz des Kaffees und mehrerer Schmerztabletten hatte sie immer noch Kopfschmerzen.
Das war jedoch nicht der Hauptgrund, weshalb sie an die frische Luft wollte.
»Worum geht’s eigentlich bei dem Treffen mit dem Typen heute?«, fragte Chase. Er trug immer noch T-Shirt und Shorts, fläzte sich auf dem Sofa, hatte die Füße auf den Glastisch gelegt und machte keine Anstalten, sie zu begleiten.
»Nimm die Füße runter«, sagte Nina grob.
Chase reagierte nicht.
»Das ist geheim, eine IBAK-Angelegenheit«, setzte Nina hinzu. Das stimmte zwar nicht, doch sie hatte weder Zeit noch Lust, in die Details zu gehen.
Chase rollte mit den Augen. »Tatsächlich?«
»Und wie steht es mit dir? Du bist ja immer noch nicht angezogen.«
Er deutete beiläufig aufs Fenster. »Ich hab beschlossen, den Vormittag frei zu nehmen.«
»Ach, ja? Hast du mal nachgefragt, ob das in Ordnung geht?«
»Da du offenbar keine Verwendung für mich hast, ist es doch ohnehin egal.«
Nina atmete tief durch, vermochte ihre Verärgerung jedoch nicht zu verhehlen. »Die IBAK ist eine professionelle Organisation, Eddie . Da braucht man eine Erlaubnis, wenn man der Arbeit fernbleiben will.«
Chase verschränkte die Hände hinter dem Kopf und streckte
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