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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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schwang genug gemessener Nachdruck mit, um sich ihre Aufmerksamkeit zu sichern. Ihm lief die Zeit davon. Die Kammer war menschenleer. Allerdings führte zu ihrer Rechten ein anderer, schmalerer Gang weiter, der beim letzten Mal nicht vorhanden gewesen war.
    Er vollführte eine Geste in Richtung zweier Soldaten mit langen, krummen Stöcken. Die beiden glaubten, mit Lanzen bewaffnet zu sein. Tatsächlich handelt es sich um sauber gestutzte Äste eines Akazienbaums.
    Dann nahm Everard zwei Dinge gleichzeitig wahr: Der Deckel der Lade stand teilweise offen. Jemand hatte sie entweiht! Sein Blut brodelte, seine Züge loderten vor Zorn auf. Einen Lidschlag darauf wich ihm alle Farbe aus dem Gesicht.
    Ein fettleibiger Mann – der Kluft nach zu urteilen ein Bischof – war am Eingang zu dem Nebengang aufgetaucht. Er drückte etwas an die Brust, das in der Dunkelheit matt schimmerte. Mit der freien Hand umfasste der Bischof einen Holzgriff neben dem Eingang.
    Etwas in den Augen des fetten Mannes verriet dem Ritter, dass er sofort flüchten sollte. Bevor er etwas tun konnte, drückte der Bischof den Hebel nach unten. Das knirschende Geräusch mahlender Steine erfüllte die Kammer. Der heilige Mann verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war. Einen Lidschlag lang fragte sich Everard von Dampierre, ob der Bischof durch eine Falltür entkommen war; dann krachte die Decke in einer Lawine aus Steinblöcken und –brocken auf ihn und seine Männer herab.
    Als die restlichen Heerscharen der Kreuzritter in die kreuzförmige Basilika der Apostel vorstießen, trafen sie auf einen jungen Knappen, der an einem Geröllberg grub, der einen Durchgang verschüttet hatte. Zwei der Neuankömmlinge schlossen sich ihm emsig an, da sie Schätze auf der anderen Seite vermuteten. Bald allerdings verloren sie das Interesse und wandten sich einfacherer Beute zwischen den Sarkophagen zu. Kurz darauf hörte sogar der Knappe Marcus zu graben auf und gesellte sich zu den anderen, um zu plündern.

Kapitel Siebzehn
    Behutsam strich Nathan eine graue Strähne aus Margaret Conans Stirn. Als er ein Gebet beendete, das er laut sprach, um sie in ihrem Schmerz zu trösten, schlug sie die Augen auf und lächelte. Die Geste ließ ein Jahrzehnt von ihrem eingesunkenen, runzligen Gesicht abfallen.
    »Danke, Pastor, und möge der Herr dich und deine Arbeit segnen.«
    Nathan nahm wieder auf der Bettkante Platz, wobei er darauf achtete, sich nicht auf ihre dünnen Beine unter dem Laken zu setzen. So fortgeschritten das Stadium von Mrs. Conans Diabetes auch war, sie beklagte sich nie, doch er wusste genug über die Symptome, um vorsichtig zu sein. Wie immer zeigte sie sich hocherfreut darüber, gemeinsam zu beten und aus der Bibel zu lesen. Sie erkundigte sich sogar nach seinen Eltern. Früher war Margaret Conan seine Nachbarin gewesen und hatte drei Häuser weiter gewohnt. Als er ein Kleinkind gewesen war, hatte sie öfter auf ihn aufgepasst, und in späteren Jahren hatte er sie besucht, nur um ihre Gesellschaft zu genießen. In ihrem Haus hatte es immer nach frisch gebackenen Keksen und Gewürzbonbons gerochen.
    Pastor Hayden hatte ihn gebeten, den Besuch im Pflegeheim alleine zu absolvieren, da er ins Kloster fahren wolle, um letzte Vorkehrungen für seine Ankunft dort zu treffen. Auf der Fahrt durch die Stadt hatte Nathan sich darüber Sorgen gemacht, dass er zu abgelenkt sein könnte – oder Elizabeth über den Weg laufen würde. Allerdings war es ohnehin unvermeidlich, dass er ihr begegnen würde. Wenn nicht an diesem Tag, dann an einem anderen. Daran führte kein Weg vorbei. Ob sie nach so langer Zeit ohne Kontakt, in der sie nur aus Berichten von Josh Everson etwas über ihn erfahren hatte, noch mit ihm reden würde, war eine andere Frage.
    Er schloss die Bibel der alten Frau und strich unterbewusst mit den Fingern über den vertrauten, abgewetzten Einband. Als sie ihn zuvor gebeten hatte, eine Stelle auszusuchen, hatte er sich für das Eröffnungskapitel von Paulus‘ Brief an die Thessalonicher entschieden. Als er noch klein gewesen war, hatten ihm seine Eltern häufig aus der Bibel vorgelesen, damals noch beide fromme Christen. Dementsprechend hatten sie keine Einwände gehabt, als Mrs. Conan dasselbe getan hatte, wenn er bei ihr gewesen war. Nathan erinnerte sich an zahlreiche Nachmittage in ihrem Wohnzimmer, an denen er Haferkekse mit Rosinen gegessen hatte, während sie ihm verschiedene kurze Passagen vorgelesen hatte, aus schierer Freude, das Wort

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