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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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Kerl hingegen, der den Klub führte, schaute häufig herein. Mit seinem makellos frisierten weißen Haar und dem kurz gestutzten Schnurrbart wirkte er wie ein englischer Snob, der sich in die falsche Gegend verirrt hatte. Die wenigen Male, die er und Weißkopf – wie er ihn insgeheim nannte, weil er nie den richtigen Namen des Mannes erfahren hatte – ein paar Worte wechselten, fühlte Josh sich stets unweigerlich unbehaglich. Irgendetwas an dem Burschen schien ihm merkwürdig.
    Dennoch hatte er während der vergangenen Monate nie das Bedürfnis verspürt, etwas davon Nate gegenüber zu erwähnen. Nun fragte er sich weshalb. Bedeutung für Josh hatten Mr. Dinnecks nächtliche Aufenthalte in dem kleinen Klub erst an diesem Tag erlangt, als Nate da gewesen war, um ein paar Kleinigkeiten wie Limonade und Mikrowellenpopcorn zu kaufen.
    Bei ihrer kurzen Unterhaltung am Ladentisch an diesem Nachmittag hatte Nate ständig aus dem Fenster gespäht. Als Josh sich erkundigt hatte, was denn los sei, hatte Nate ihm von seinem Vater erzählt. Nicht viel, aber genug, um durchklingen zu lassen, dass im Lande Dinneck nicht alles eitel Sonnenschein war.
    Eine völlige Wende hatte das Gespräch erfahren, als Josh die Einkäufe für Nate eingetütet und sich dabei erkundigt hatte: »Irgendwelche großen Pläne fürs Wochenende, Nate?« Er hatte vermutet, sein Kumpel plante eine wilde Nacht, in der er im Buch Moses lesen oder etwas ähnlich Aufregendes treiben würde. Als Nathan stattdessen eine strahlende Miene aufgesetzt und verhalten seine Verabredung mit Elizabeth erwähnt hatte, konnte Josh sich der plötzlichen Angst nicht erwehren, die ihm wie eine Dampframme in die Eingeweide gefahren war.
    Dabei hatte er nichts Falsches getan. Nicht wirklich. Nun ja, vielleicht ein bisschen. Schließlich hatte er Nate nie erzählt, was vorgefallen war. Nicht ein einziges Mal in all den Jahren zwischen damals und jetzt. Josh hatte versucht, seine Besorgnis als Überraschung zu tarnen. Seine Instinkte hatten ihm dabei zugebrüllt, seinem Freund sofort die Wahrheit zu sagen, bevor Elizabeth es täte. Aber irgendwie hatte Nate es anscheinend eilig gehabt. Außerdem hatte er ständig aus dem Fenster gespäht, für den Fall, dass sein Vater eintreffen würde.
    Wenn Elizabeth es ihm am Samstag erzählen würde, dann sollte es eben so sein. Keine große Sache. Es war ohnehin vorbei. Und dennoch, Nate war sein bester Freund. Eigentlich sollten Freunde keine Geheimnisse voreinander haben.
    Josh kauerte sich hinter den Ladentisch und verzurrte den Geldbeutel aus Segeltuch. Dann öffnete er den Tresor und hievte die Tageslosung hinein. Er zog es vor, das Geld nicht nachts zur Bank zu bringen – dafür hatte er von zu vielen Vorfällen mit Straßenräubern gehört. In der Frühschicht arbeitete solches Gesindel für gewöhnlich nicht. Er löschte alle Lichter außer den wenigen, die aus Sicherheitsgründen eingeschaltet blieben, und verließ den Laden.
    Vor dem Toyota zögerte er. Zu seiner Linken zeichneten sich vereinzelte Schatten an den Fenstern des Herrenklubs ab, allerdings konnte man keine Einzelheiten erkennen. Eine Art milchigweißer Farbe oder Seife bedeckte das Glas. Warum sie keine Vorhänge verwendeten, statt die Scheiben zu verschmieren, überstieg sein Verständnis. Andererseits wären Vorhänge wohl eher etwas, woran eine Frau denken würde, nicht ein Haufen kettenrauchender Marlboro -Fans, die sich zum Pokerspielen trafen.
    Vielleicht sollte er einen flüchtigen Blick wagen, falls es eine Lücke in der Farbe gab. Um Nate mitzuteilen, was sein Vater so trieb. Plötzlich vermeinte er, ein Déjà-vu zu erfahren. Hatte er das nicht schon einmal gemacht? Es fühlte sich eindeutig so an. Allerdings würde er sich doch gewiss daran erinnern. Der Umstand, dass er sich bis jetzt weder für Mr. Dinneck interessiert, noch den Klub Nate gegenüber erwähnt hatte, bereitete ihm zunehmend Kopfzerbrechen. Es gab einen Grund dafür, einen guten sogar, aber im Augenblick fiel er ihm nicht ein.
    Vielleicht sollte er sich besser um seine eigenen Angelegenheiten kümmern und nach Hause fahren oder zurück in den Laden gehen, um sich einen Film vom Verleihregal zu holen.
    Nur einen kurzen Blick ...
    Während des Gedankens ging er bereits den Bürgersteig entlang. Sein Spiegelbild im Schaufenster von Hair U Doing? folgte ihm. Er lief mit vorsichtigen Schritten und verkrampftem Magen, als wäre er im Begriff, ins Schlafzimmerfenster eines Nachbarn zu schauen,

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