Das Grab in der Hölle
versprochen?«
»Vielleicht.«
»Warum hat er die Frau umgebracht? Sie hat ihm nichts getan. Ebenso wenig wie Nick Spiro. Warum lasst ihr die Menschen nicht in Ruhe?«
»Es gehörte zu meinem Plan, der dich hierher locken sollte«, erklärte Asmodina. »Ich musste ja ein Motiv für dich finden. Oder wärst du freiwillig gekommen?«
»Nein.«
»Na bitte.«
Sie redete wie ein Mensch, wie ein Verbrecher. Asmodina unterhielt sich mit Menschen in deren Sprache. Das machte die Sache unkomplizierter, denn die Sprache der Dämonen verstand wohl niemand. Sie setzte sich, wenn überhaupt, zumeist aus guttural klingenden Lauten zusammen, die eines Menschen Ohr schmerzten. Ansonsten nahmen die Dämonen auch untereinander einen telepathischen Kontakt auf.
»Woran denkst du, Sinclair? An dein Ende?«
»Noch nicht. Ich bereite mich innerlich nur auf meinen Weg in die Kammern vor.«
»Das kannst du auch. Und ich werde dich genau beobachten. Es wird dich eine Hölle erwarten, wie du sie noch nie erlebt und gesehen hast. Denn hier in diesem Reich ist mir jeder untertan. Ich habe meine Diener hier versammelt, und auch der Spuk liegt bereits auf der Lauer, damit er deine Seele kassieren kann. Es wäre für ihn und für mich der große Triumph, wenn wir sie hätten.«
Das konnte ich mir gut vorstellen. Sie wollten mich in die ewige Verdammnis ziehen. In mir stieg eine wilde Wut hoch, ich spürte die Raserei und konnte sie kaum noch unter Kontrolle halten. Ich riss den Dolch aus der Scheide, nahm die Spitze zwischen Daumen und Zeigefinder und schleuderte die Waffe auf die Fratze in der Tür zu.
Der geweihte Silberdolch überschlug sich in der Luft einmal und fand präzise sein Ziel. Er hieb mitten in das Gesicht, blieb im Holz der Tür stecken und zitterte noch nach. Aber er zeigte einen Erfolg.
War das Gesicht vorhin noch glatt und kalt gewesen, so verzerrte es sich jetzt vor Wut. Es leuchtete plötzlich rot auf und wurde zu einer Grimasse.
»Das war eine Kriegserklärung, John Sinclair!« schallte es mir entgegen.
»Es sollte auch nichts anderes sein!« Eine unheimliche Wut hielt mich gepackt. Verdammt, so ließ ich mit mir nicht umspringen. Dieses Weib sollte sehen, dass es auch noch jemand gab, der sich nicht vor ihr verkroch.
Die Fratze zerlief regelrecht. Als dunkelrote Schlieren rann sie auseinander und rann wie zäher Sirup an der Außenhaut der Tür entlang dem Boden zu.
»Das wirst du bereuen!« hörte ich die Stimme der Teufelstocher. Sie klang allerdings weit weg, als hätte Asmodina es vorgezogen, sich zu entfernen. »Büßen und bereuen wirst du es!«
»Ach, halt dein Maul!« schrie ich und hing mir mein Kreuz vor die Brust.
Zuvor hatte ich schon die leichte Erwärmung gespürt. Es reagierte auf die Schwarze Magie, doch jetzt begann die Luft in der unmittelbaren Umgebung des Kreuzes zu knistern und Funken zu werfen, die als blitzende Partikel in die Höhe flogen.
Mein Kreuz war der Gegenstand, auf den ich zahlreiche Hoffnungen setzte. Wenn es versagte und mich nicht mehr schützte, konnte ich freiwillig Selbstmord begehen. Ich setzte wirklich meine Hoffnungen auf dieses Kruzifix.
Einen zweiten Weg gab es nicht. Ich musste die Tür öffnen und durch die Kammern der Tausend Qualen.
Mit einem heftigen Ruck riss ich den Silberdolch aus der zerlaufenen Fratze. Dann wollte ich die Tür öffnen.
Das war nicht mehr nötig. Lautlos schwang sie nach innen und gab den Weg in die Kammern der Tausend Qualen frei…
***
Nick Spiro war in den ersten Augenblicken unfähig, sich zu rühren. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er die Horror-Gestalt an, die sich in die Ecke gequetscht hatte und sein Schwert bereits in der rechten Hand hielt.
Suko reagierte als erster. Ein gewaltiger Sprung brachte ihn über das Bett, und er schrie dem Boxer zu: »Weg, Nick. Verschwinde, sonst…«
Nick warf sich zur Seite.
Genau im richtigen Augenblick, denn die linke Hand des Henkers griff bereits nach ihm, doch die zur Klaue gekrümmten Finger rutschten an seiner Schulter ab.
Nick stolperte zurück und stieß einen Stuhl um, bevor er stehen blieb.
Bill Conolly hatte inzwischen die Tür aufgerissen und einen Fluchtweg geschaffen. Suko hielt die Dämonenpeitsche schlagbereit. Für den Bruchteil eines Augenblicks dachte er daran, dass sein Stab ihm jetzt eine große Hilfe gewesen wäre, aber den hatte er nicht, und so musste er sich Destero stellen.
»Zur Tür!« schrie auch er dem Boxer zu und schlug mit der Peitsche nach
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