Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Forensic Sciences vorzulegen. Und sie im Journal of Forensie Sciences und im Journal of the Canadian Dental Association zu veröffentlichen.«
Ayers wollte etwas sagen. Morin schnitt ihr das Wort ab. »Sie sind hier neu. Es gibt noch viel zu lernen.«
Briel straffte die Schultern. »Ich habe eine Assistenzzeit in anatomischer und klinischer Pathologie absolviert. Und mehrere Fortbildungen im Anschluss an die Promotion. Ich bin nicht ohne Erfahrung.«
»Unser Autopsiezeitplan ist sehr anspruchsvoll«, sagte Ayers. »Schauen Sie sich nur heute an. Sie haben zwei Fälle.«
»Ich habe nichts dagegen, Überstunden zu machen. Oder an den Wochenenden zu arbeiten. Ich werde das Projekt in meiner freien Zeit bearbeiten.«
Ayers schüttelte den Kopf. Santangelo schrieb sich etwas auf ihre Fallliste.
»Der Zugang muss allein auf unsere Abteilung beschränkt bleiben«, sagte Morin. »Und wie es schon bei Ihrer vorherigen Studentin der Fall war, darf Ms. Duclos weder die Leichenhalle noch andere zugangsbeschränkte Bereiche des Gebäudes betreten. Und sie muss sich, aus Sicherheitsgründen, einer kompletten Hintergrundüberprüfung unterziehen.«
»Diese Überprüfung ist bereits abgeschlossen.«
»Schicken Sie Ms. Duclos in mein Büro, wenn sie am nächsten Dienstag anfängt.« Morin schaute sich in der Runde um. »Sonst noch etwas?«
Nichts.
»Dann machen wir uns an die Arbeit.«
Unten waren die Knochen noch genauso, wie ich sie hinterlassen hatte.
Die Uhr zeigte zehn nach zehn. Normalerweise hätte ich mit einem kompletten Skelettinventar angefangen. Da Hubert bald anrufen würde, beschloss ich, das korrekte Verfahren etwas zu verändern und sofort zur Identifikation zu springen. Der Abschluss der Knochenzählung konnte warten.
Um eine Beeinflussung durch ein vorgefasstes Urteil zu verhindern, führe ich meine Untersuchungen durch, ohne mir vorher die vorhandenen Unterlagen anzuschauen. Ich betrachte die Arbeit im Dunkeln als eine Art Doppelblind-Kontrolle.
Ich legte also die antemortalen Unterlagen beiseite und fing an, ein biologisches Profil zu erstellen.
Bis zum Mittag hatte ich festgestellt, dass das Skelett tatsächlich das einer weißen Frau von über fünfundsechzig Jahren war. Obwohl ich verbreitete Osteoarthritis, fortgeschrittene Knochenhautentzündung und ausgedehnten Zahnverlust entdeckt hatte, hatte ich nichts so Unverwechselbares gefunden, dass es eine eindeutige Identifikation ermöglicht hätte.
Ich holte eben Villejoins medizinische Unterlagen aus dem Umschlag, als ich hörte, wie die Tür des Vorraums aufging. Sekunden später tauchte Briel auf.
Obwohl das Stirnrunzeln noch vorhanden war, machte sie eine Lippenbewegung, die ich als Lächeln zu interpretieren beschloss.
»Machen Sie Pause?«, fragte ich.
»Knochen interessieren mich. Darf ich Ihnen bei der Arbeit zusehen?«
Ich reagierte darauf mit meiner eigenen Nichtantwort.
»Ich muss mich entschuldigen, dass ich so wenig von Ihnen weiß. Ich bin ja so viel weg. Sie kommen zu uns von wo?«
Sie missverstand meine Frage. »Mein Vater war Diplomat. Wir sind sehr viel umgezogen.«
Okay. Das erklärte den fehlenden Akzent. »Wo waren Sie vor Montreal zu Hause?«
»Montpellier in Frankreich.«
»Oh, ein Klimaschock.« Ich lachte.
Sie nicht. »Mein Ehemann ist von hier.«
»Trotzdem. Im Winter.« Ich tat so, als würde ich zwei Gegenstände in meinen Händen gegeneinander abwiegen. »Südfrankreich? Quebec? Das ist aber eine alles überragende Treue.«
Das ewige Stirnrunzeln veränderte sich nicht.
»Was macht Ihr Ehemann?«
»Er ist Geschäftsmann.«
Das Gespräch mit ihr war wie Zähneziehen. Jetzt wusste ich wieder, warum ich es in der Vergangenheit schon einmal aufgegeben hatte. Trotzdem bemühte ich mich weiter.
»Sie wohnen in der Stadt?«
»Wir haben eine Eigentumswohnung an der Fullum.«
»Günstig. Sie können zu Fuß hierher gehen.«
»Ja. Darf ich Ihnen zuschauen?«
Bei der Arbeit gibt es Dinge, die ich so wenig mag wie Blasenkatarrh. Polizisten, die mich drängen wollen. Staatsanwälte, die mich in eine bestimmte Richtung schieben wollen. Jeder, der versucht, mir über die Schulter zu schauen.
Ich fing an, ihr die Bitte abzuschlagen. Wie ich es schon bei der Letzten getan hatte.
»Es tut mir leid, aber wie ich bereits erklärt habe, kann ich nicht -«
»Es ist meine Mittagspause. Meine Freizeit.«
»Ich muss mich wirklich ranhalten, um diese Sache hier fertig zu kriegen.« Ich lächelte bescheiden. »Außerdem
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