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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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ist das meiste, was ich tue, einfach nur langweilig.«
    »Ich sehe das nicht so.«
    Ich überlegte mir eben eine entschlossenere Ablehnung, als die Tür noch einmal aufging. Mein zweiter Besucher war Ryan. Seine Miene sagte mir, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    Ryan deutete mit dem Kinn auf die Überreste. »Ist das Villejoin?«
    »Ich bin noch nicht fertig.«
    Ryan nickte Briel zu und sagte dann zu mir: »Die Lage könnte schlimmer sein, als wir dachten.«

16
    Ryan strich sich mit den Fingern durch die Haare. Berührte seinen Mund. Trommelte auf seinen Gürtel.
    »Kann sein, dass wir einen Serienmörder haben.« Neben mir wurde Briel sehr still.
    »In Montreal?«
    »Nein, in Disneyland.«
    »Ha – ich lach mich tot – ha.«
    »Ich habe heute Morgen deinen Kumpel Claudel getroffen.«
    Sergeant-détective Luc Claudel. Ein Stadtpolizist. Claudel und ich waren Kumpel, wie Hunde und Katzen es waren. »Er bearbeitet eine VP.«
    Ryan meinte eine vermisste Person.
    »Vor zehn Tagen besuchte ein Hausbesitzer namens Mathieu Baudry eine seiner Mieterinnen, Marilyn Keiser, eine zweiundsiebzigjährige Witwe, die allein lebte. Baudry war sauer wegen unbezahlter Miete.«
    »Wo ist die Wohnung?«
    »Édouard-Montpetit. Die Wohnung sah verlassen aus. Ungeöffnete Post. Vertrocknete Pflanzen. Verdorbenes Essen im Kühlschrank. Das Übliche. Baudry fragte im Haus herum. Keiner der Nachbarn hatte Keiser seit Monaten gesehen oder gesprochen. Einer meinte, es könne sein, dass sie den Winter über in den Süden gegangen sei.«
    »War das ihre Gewohnheit?«
    »Nein. Keiser war keine für die wärmeren Gefilde. Sie fuhr Auto, machte gelegentlich kurze Ausflüge. Quebec City. Ottawa. Charlevoix. Das war's so ziemlich.«
    »Ihr Auto ist auch verschwunden?«
    Ryan nickte. »Familie?«
    »Zwei Kinder, beide verheiratet, beide leben in Alberta. Der einzige Verwandte hier in der Gegend ist ein Stiefsohn namens Myron Pinsker. Baudry rief Pinsker wiederholt an. Nach einer Woche ohne Kontakt und ohne Rückruf gab er es auf und wählte 911.
    Claudel bekam den Fall, recherchierte ein bisschen und fand heraus, dass Marilyn Keiser seit Oktober Arzttermine, Buchclubtreffen, ein Gespräch mit ihrem Rabbi und noch unzählige andere Termine hatte verstreichen lassen. Keine Entschuldigungen, keine Erklärungen.«
    »Und das passt nicht zu ihrem Charakter?«
    »Absolut nicht. Der Stiefsohn ist ein vierundvierzigjähriger Rasenpfleger in einem Golfclub auf West Island. Ich glaube, in Beaconsfield. Er sagte Claudel, es sei ihm gar nicht bewusst gewesen, dass Keiser verschwunden sei.«
    »Vielleicht standen sie sich nicht sehr nahe.«
    »Vielleicht nicht. Aber jemand löste Keisers letzte drei Pensionsschecks ein.«
    »Scheiße.«
    »Claudel erfuhr das erst gestern am späten Nachmittag. Heute Morgen verhaftete er Pinsker.«
    »Détective Claudel glaubt, dass Madame Keiser tot ist?«
    Ryan und ich schauten Briel überrascht an. Sie war so still gewesen, dass wir sie beide vergessen hatten.
    »Sieht nicht gut aus.«
    »Er verdächtigt den Stiefsohn?«
    »Pinsker sollte besser eine gute Erklärung für diese Schecks haben.«
    Ryan wandte sich wieder an mich. »Vier alte Damen in zwei Jahren.«
    Drei ja. Aber vier? Anscheinend schaute ich verwirrt drein. »Keiser. Anne-Isabelle Villejoin. Die da.« Ryan deutete auf die Knochen hinter mir. »Jurmain.«
    »Rose Jurmain konnte man kaum als alt bezeichnen«, sagte ich. »Aber sie sah alt aus. Kannst du dich noch an Janice Spitz' Fotos erinnern, diejenigen, die kurz von Jurmains Tod aufgenommen wurden?«
    Ich nickte verstehend. Vielleicht waren es die Medikamente.
    Oder der Alkohol. Rose hatte Jahrzehnte älter ausgesehen als ihre neunundfünfzig Jahre.
    Wieder deutete Ryan auf den Tisch. »Keisers Verschwinden lässt diese Identifikation hier in einem ganz neuen Licht erscheinen.«
    Ich dachte an Huberts rhetorische Frage an der Grabstelle.
    Wie viele Omas verschwinden schon hier in der Gegend?
    Zu viele, dachte ich.
    »Binnen einer Stunde weiß ich, ob es Christelle Villejoin ist«, sagte ich.
    »Muss los. Claudel verhört jetzt Pinsker.« Und damit war Ryan verschwunden.
    Ein gieriger Verwandter. Oder ein anonymer Raffzahn, der es auf die Schwachen abgesehen hatte.
    Ich spürte den gewohnten Aufruhr der Gefühle. Wut. Empörung. Kummer.
    Ich brauchte eine Pause.
    Ich entschuldigte mich bei Briel, zog meine Handschuhe aus und fuhr nach oben.
    Eine halbe Stunde später

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