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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Patienten gewesen sein, die ich in meinen sechsundvierzig Jahren Praxis je behandelt habe. Haben nie geraucht, nie getrunken. Keine Zaubertränke oder Lifestyle-Geheimnisse. Einfach nur eine verdammt gute ONS.«
    »Der Coroner konnte mir keine zahnärztlichen Unterlagen liefern.«
    »In der Hinsicht hatte die Mädchen nicht so viel Glück. Bürsteten wie der Teufel, verbrauchten Kilometer Zahnseide, aber ihre Zähne verloren sie trotzdem. Egal, wie sehr ich mit ihnen schimpfte. Beide hassten Zahnärzte. Ich glaube, das hatten sie von ihrer Mama.«
    »Verstehe.« Entmutigt ließ ich mich in meinen Stuhl zurücksinken.
    » Tatsache ist, sie misstrauten der Medizin im Allgemeinen. Soweit ich weiß, gingen sie nach meinem Ruhestand zu gar keinen Ärzten mehr. Ich gab ihre Unterlagen an den jungen Kerl weiter, der meine Praxis übernahm, aber er erzählte mir einmal, er hätte sie nie gesehen. Schon komisch, da sie doch beide ihr ganzes Leben im Krankenhaus gearbeitet hatten.«
    Wirklich, dachte ich. Vielleicht hatten sie einfach zu viel gesehen.
    »Ich kann mich noch gut an den Überfall erinnern«, sagte Rayner. »Arme Anne-Isabelle. Ich nehme an, dieselbe wahnsinnige Bestie brachte an diesem Tag auch Christelle um?«
    »Tut mir leid. Über laufende Ermittlungen darf ich nicht sprechen.«
    Rayner ließ sich nicht täuschen.
    »Schon eine brutale Welt, in der wir leben.« Dem konnte ich nicht widersprechen.
    »Dr. Rayner, fällt Ihnen irgendwas ein, das mir vielleicht helfen könnte, eindeutig festzustellen, ob dieses Skelett Christelle gehört? Vielleicht etwas, das Ihnen aufgefallen ist, als Sie sie untersuchten? Etwas, das sie Ihnen gesagt hatte? Etwas, das Sie in älteren Unterlagen gesehen haben, die nicht mehr existieren?«
    Weiter unten im Gang hörte ich eine Tür aufgehen, ins Schloss fallen. Die Pause dauerte so lange, dass ich schon dachte, die Verbindung sei unterbrochen.
    »Sir?«
    »Na ja, da war tatsächlich etwas.«
    Ich setzte mich wieder auf und sagte: »Erzählen Sie.«
    »Christelle hatte eine Flexionskontraktur im proximalen Interphalangealgelenk ihres rechten kleinen Fingers. Als ich sie danach fragte, sagte sie, ihr kleiner Finger sei schon seit der Geburt so krumm.«
    »Was ist mit den anderen Gelenken in diesem Finger?« Ich griff zu Stift und Papier.
    »Alle in Ordnung. Anfangs. Sooft ich Christelle sah, untersuchte ich ihre Hand. Im Lauf der Jahre entwickelte sich eine Kompensationsdeformierung im metakarpo-phalangealen und im distalen interphalangealen Gelenk.«
    »Kamptodaktylie?«, vermutete ich.
    »Ich glaube schon.«
    »Angeboren?«
    »Ja.«
    »Beidseitig oder nur rechts?«
    »Nur die eine Hand war betroffen.«
    »Haben Sie Röntgenaufnahmen gemacht?«
    »Ich hatte es wiederholt angeboten. Christelle weigerte sich jedes Mal. Sie meinte, sie hätte ja nie Schmerzen damit. Der Finger verursachte nie Beschwerden, und es gab ja auch nie eine Behandlung dagegen, als nahm ich es gar nicht ins Krankenblatt auf. Schien mir nicht so wichtig zu sein.«
    Plötzlich musste ich unbedingt und schnellstmöglich zu den Knochen zurück.
    »Vielen herzlichen Dank, Doktor. Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Rufen Sie an, wenn Sie noch was brauchen.«
    Auch wenn ein betroffener Finger schmerzhaft verkrümmt aussieht, ist die Kamptodaktylie, also die meist angeborene Beugekontraktur einzelner Fingergelenke im fünften und manchmal auch im vierten Finger, normalerweise ohne jegliche Symptome. Und wie Christelle verzichten viele mit diesem Zustand auf ärztliche Hilfe.
    Wenig relevant aus der antemortalen Perspektive.
    Aber zwei Dinge waren für mich sehr relevant. Kamptodaktylie tritt bei weniger als zwei Prozent der Bevölkerung auf.
    Kamptodaktylie hinterlässt Spuren an den Gelenken. Nachdem ich aufgelegt hatte, fuhr ich nach oben, holte mir ein Diet Coke und tanzte dann fast in salle 4 zurück.
    Ich schnappte mir den Beutel mit den Fingergliedern und fing an zu sortieren.
    Reihe: Proximal. Mittel. Distal.
    Finger: Daumen. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Seite: Links. Rechts.
    Fertig.
    Ich starrte ungläubig.

17
    Unmöglich.
    Joe und ich hatten doch alle sechsundfünfzig Knochen geborgen.
    Ich kontrollierte jeden Zentimeter des Autopsietisches.
    Suchte das gesamte Skelett ab. Die Rollbahre. Den Leichensack. Den Boden. Die Arbeitsfläche. Das Waschbecken. Die Plastikplane, mit der ich die Überreste abgedeckt hatte.
    Ich hatte kein Fingerendglied des rechten dritten Fingers und keins der drei Glieder des rechten

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