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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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plötzlich die Hitze ins Gesicht stieg, drückte ich eine Hand an die Wange.
    »Das wusste er nicht.«
    »Wie alt ist dieser Junge?« Ich hob die Hand zur Stirn und spürte kalten Schweiß.
    »Fünfzehn.«
    »Dann war er, was, zwölf, als die Villejoins ermordet wurden. Wahrscheinlich zu jung.«
    »Und der Junge hat ungefähr die Größe einer Meerkatze. Ein Hänfling. Der hätte nicht die Kraft gehabt.«
    »Oder das Fahrzeug, um ihn zu einem Bankautomaten im Osten von Montreal oder nach Oka zu bringen«, pflichtete ich Ryan bei. »Irgendwelche Maler- oder Umzugstrupps in dieser Woche in der Nachbarschaft?«
    »Bis jetzt eine Sackgasse, aber ich überprüfe noch die Tagelöhner- Vermittlungszentren. Der Vater des Jungen sagt, hin und wieder kommen dort Leute, die von Tür zu Tür gehen und nach Arbeit fragen. Ich fahre jetzt mit O’Keefes Foto nach Pointe-Calumet. Willst du mitkommen?«
    Mein Magen machte ein Geräusch, das man nicht beschreiben kann.
    »Bei dir alles okay?«, fragte ich Ryan. »Bestens.«
    »Was für ein Sandwich hast du dir aus dem Automaten genommen?«
    »Käse.«
    »Ich verzichte. Sag mir Bescheid, wenn du Glück hattest mit dem Foto.«
    Ich schob mir einen zweiten Säurehemmer in den Mund und klemmte die ersten Röntgenbilder auf den Lichtkasten, obwohl ich gar nicht so recht wusste, was ich mir erhoffte. Die antemortalen Unterlagen der Gouvrards deuteten auf keine Krankheit oder Verletzung hin, die Knochen in Mitleidenschaft ziehen würden. Zumindest nicht die Knochen, die ich hatte.
    Ich hatte etwa die Hälfte der Bilder geschafft, als mein Bauch sich wieder meldete. Kein Zwicken diesmal. Das war ein ausgewachsener Krampf.
    Mein Blick wanderte zu den Schalen, die ich für Joe hergerichtet hatte.
    Ich schaute auf die Uhr. Dreiviertel fünf. War er wirklich gegangen, ohne die Aufnahmen gemacht zu haben? »Joe?«, rief ich um die Ecke herum.
    Wo war der Kerl nur?
    »Joe!«, bellte ich.
    Mein Schädel explodierte, und die Eingeweide machten einen Satz.
    Ich schaute die Zähne an. Die Knochen. Die nutzlosen Röntgenbilder.
    Diese Leute waren seit Jahrzehnten tot. Sie konnten noch einen Tag warten.
    Ich schaltete den Lichtkasten aus, schloss ab und ging nach draußen.
    Als ich schließlich zu Hause ankam, marschierte der böse Schinkensalat polternd durch meine Eingeweide und bellte Drohungen eines bevorstehenden Angriffkrieges.
    In die Küche ging ich nur, um Birdies Schale aufzufüllen, dann zog ich mich aus, streifte ein Nachthemd über und fiel ins Bett. Minuten später sprang ich wieder auf und rannte aufs Klo.
    Die Brechanfälle dauerten an, obwohl ich schon längst nichts mehr im Magen hatte. Als es dann schließlich vorbei war, schmeckte mein Mund nach Galle, und meine Bauchmuskeln schmerzten vor Anstrengung.
    Aber ich fühlte mich besser. Allerdings nicht lange.
    Die Mikroben jagten mich in Zwanzig-Minuten-Abständen.
    Aufs Klo stürzen, erholen. Wiederaufsteigende Übelkeit. Aufs Klo stürzen.
    Um zehn zitterte ich und war völlig entleert. Im Wortsinn.
    Meine Thermalregulatoren hatten schon längst das Handtuch geworfen und überließen dem Körper die Entscheidung, ob er zittern oder schwitzen sollte. Manchmal machte er beides.
    Nach einem weiteren Rendezvous mit dem Porzellan-Prinzen kroch ich wieder unter die Decke, als mein Blick auf die Uhr auf dem Nachtkästchen fiel. 23 Uhr 45. Mein pochendes Hirn schaffte eine kohärente Erinnerung.
    Briel.
    Ich schnappte mir die Fernbedienung, schaltete den Fernseher ein und fand den richtigen Sender.
    Das Interview war aufgebaut wie ein Feature, einer dieser längeren Berichte, in denen ungewöhnliche Tätigkeiten oder Berufe vorgestellt werden. Der Interviewer war ein Mann im Tweedsakko, der aussah, als hätte er eben die Highschool abgeschlossen. Vielleicht.
    Tweedsakko stellte Briel vor, als wäre sie die Sonnenkönigin der Forensik. Vielleicht hatte er das sogar gesagt. Mir ging es so schlecht, dass ich mir im Rückblick nicht mehr sicher bin.
    Briel trug eine weiße Baumwollbluse und eine schwarze Hose, die zu viel Knöchel zeigte. Ihre Haare waren zurückgekämmt und hinten mit einer Schleife zusammengefasst. Das ewige Stirnrunzeln war fest verankert.
    Wenn das Sandwich mir nicht bereits die Füße weggezogen hätte, dann hätte es die großspurige Selbstsicherheit meiner Kollegin mit Sicherheit getan. Da Tweedsakko ihr butterweiche Fragen stellte, konnte Briel von ihrer kurzen, aber glänzenden Karriere berichten.
    Eine Exhumierung in

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