Das Grab - Roman
gehen.«
»Und du denkst, ich sollte bei Melvin was Ähnliches versuchen?«
»Nur so ’n Gedanke. Aber es ist eine erprobte und zuverlässige Methode. Und eine Möglichkeit, ihn loszuwerden, ohne seinen Stolz zu verletzen. Du sagst ihm nicht direkt, dass er sich verkrümeln soll; er wird von selbst drauf kommen, dass es das Beste für ihn ist. Eine perfekte Lösung für dein kleines Problem.«
Vicki stieß sich von der Wand weg. »Weißt du was, Ace?«
»Jede Menge.«
»Du bist verrückter als ’ne Scheißhausratte.«
Ace lachte. »Ich bin vielleicht verrückt, aber immerhin bin ich den Kerl losgeworden. Denk mal drüber nach.« Sie ging in ihr Zimmer.
Während Vicki unter der Dusche stand, dachte sie darüber nach. Sie wusste, dass sie keine solch deftigen Auftritte wie Ace inszenieren konnte. Selbst wenn sie den Mut dazu aufbrächte, würde ihr Schamgefühl es verbieten.
Doch Ace hatte mit dem, was sie über Wunschvorstellungen gesagt hatte, einen wichtigen Punkt getroffen.
Melvin kennt mich nicht. Wenn er glaubt, er sei in mich verliebt, dann wegen seines idealisierten Bildes von mir. Je mehr ich versuche, ihm aus dem Weg zu gehen, umso mehr begehrt er mich wahrscheinlich.
Mit ihm ausgehen?
Igitt!
Als sie fertig geduscht hatte, zog sie Shorts und ein T-Shirt an und ging in die Küche, wo sie Ace hantieren hörte. Ace hatte die Margaritas bereits im Mixer vorbereitet. Die Gläser, deren Ränder sie mit Salz bestreut hatte, sahen einladend aus. Ace ließ den Mixer noch einmal kurz aufsummen, dann füllte sie die Gläser mit dem schaumigen Cocktail.
Sie gingen auf die Terrasse hinaus und setzten sich an den Tisch.
Vicki nippte an ihrem Drink. »Köstlich.«
»Wird dir guttun.«
»Ich hab über das, was du gesagt hast, nachgedacht.«
»Willst du Melvin auf die Hose kotzen?«
»Wohl kaum. Das nun nicht gerade, aber ich hätte eine ähnliche Idee.«
»Wirklich? Rück schon raus mit der Sprache.«
»Ich werde mich mit ihm treffen. Aber nicht, um ihn mit irgendwas Ekligem zu vergraulen. Es geht mir nur darum, dass er einige Zeit mit meinem wirklichen Ich verbringt. Das wird sein Fantasiegebäude zum Einstürzen bringen.«
»Wo dein wirkliches Ich doch so anbetungswürdig ist.«
»Ja, ich weiß, ich bin wundervoll, aber ich wette trotzdem, dass ich dem Bild, das er von mir hat, nie gerecht werden kann – wie immer dieses Bild auch aussehen mag.«
»Vor allem nicht, wenn du ein paar kräftige Furze lässt.«
»Selbst wenn ihn mein anbetungswürdiges Ich nicht abtörnt, sollte ein Treffen die Wogen ein wenig glätten. Allein durch näheren Kontakt.«
»Du willst ihn an dich ranlassen?«
»Die Menschen sehnen sich am meisten nach dem, was sie nicht kriegen können.«
»Genau, gute Idee. Geh mit ihm ins Bett.«
»Je mehr ich versuche, ihm aus dem Weg zu gehen, desto mehr will er in meiner Nähe sein. Es ist wie bei einer Pflanze. Wenn eine Pflanze nicht genug Wasser bekommt, wachsen ihre Wurzeln länger und länger. «
»Du lieber Himmel. Du gehst zur Uni und kommst tief verwurzelt wieder zurück. Wurzeln, du meine Güte.«
»Du weißt, was ich meine.«
»Verstehe. Du willst nicht, dass Melvins Wurzel länger und länger wächst. Also, wie sieht dein Plan aus?«
»Ich treffe mich mit ihm in irgendeiner Kneipe. Trinke mit ihm was und unterhalte mich vielleicht ’ne Stunde lang mit ihm. Und du kommst als moralische Unterstützung mit.«
»Oh, sehr gut. Das würde ich ungern verpassen.«
»Was hältst du von der Riverfront Bar? Heute Abend?«
»Dort sind auf jeden Fall jede Menge Leute.«
Sie leerten ihre Drinks und gingen in die Küche. Während Ace die Gläser neu füllte, blätterte Vicki im Telefonbuch und suchte nach Melvins Nummer.
Ace stand daneben und sah zu, wie sie wählte.
Vicki lauschte dem Klingeln am anderen Ende der Leitung. Nach dem sechsten Klingelton begann sie zu hoffen, dass er nicht zu Hause war.
Vielleicht doch keine so gute Idee, dachte sie.
Vielleicht versuche ich es an einem anderen Abend nochmal.
Nächsten Monat zum Beispiel.
Nach dem zehnten Klingeln nahm Melvin ab. »Wer ist da?«
»Vicki.«
»Vicki?« Er klang erstaunt. »Hi!«
»Ich rufe wegen des Autos an.«
»Ja. Willst du es behalten?«
»Nein, aber ich dachte, du möchtest es vielleicht abholen. Ace und ich sind heute Abend so gegen zehn in der Riverfront Bar. Komm doch vorbei, wir trinken was zusammen, und ich geb dir die Schlüssel. Dann kannst du später bei der Praxis vorbeigehen und mit dem
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