Das Grab - Roman
Zähnen.
Jetzt schrammten diese Zähne über Melvins Hals. Obwohl Charlie ihn umschlang wie ein in Ekstase geratener Liebhaber, umklammerten seine Arme Melvins Brust unterhalb der Achseln. Seine Hände waren frei. Er bekam eine Seite von Charlies Gesicht zu fassen. Es fühlte sich weich und glitschig an. Sein Daumen fand die leere Augenhöhle. Er hakte den Daumen in das Loch, drückte Charlies Kopf seitwärts und nach unten. Er stemmte seine bandagierte Hand auf die andere Seite des Gesichts, presste es gegen den Grund und stieß sich nach oben. Charlies Umklammerung war nicht stark genug, ihn festzuhalten. Seine Arme öffneten sich ein wenig. Melvins Kopf und Schultern durchbrachen die Oberfläche. Er schnappte nach Luft.
Die Feuersirene heulte noch immer.
Er fragte sich, ob bereits jemand den brennenden Wagen erreicht hatte.
Als das Heulen verstummte, hörte er eine Autotür zuschlagen.
Er sah über die Schulter. Die Brücke war außer Sicht, hinter der Flussbiegung. Oben am Hang schimmerte der Widerschein des Feuers auf den Blättern der Bäume.
Beinahe hätte er laut aufgeschrien, als Charlies Fingernägel über seinen Rücken fuhren, sein Hemd zerrissen und tiefe Furchen in seine Haut kratzten. Stattdessen fauchte er, ließ Charlies Gesicht los, versuchte, es mit dem Daumen seiner anderen Hand unter Wasser zu halten und tastete auf dem Grund des Flusses nach einem Stein. Er wurde fündig und packte ihn. Charlie ließ Melvins Beine los und stieß mit beiden Händen gegen seine Brust. Melvin taumelte rückwärts, sein Daumen flutschte mit einem kurzen Schmatzgeräusch aus der Augenhöhle. Melvin sank auf die Knie. Charlie richtete sich vor ihm auf. Schwärzer als der Fluss. Wasser sprühte über Melvins Gesicht. »Ich bring dich um«, sagte Charlie mit gurgelnder Stimme. »Hinterhältiger Hurensohn.«
Melvin schmetterte den Stein gegen Charlies Schläfe. Der Schlag ließ seinen Kopf zur Seite rucken. Melvin schlug erneut zu. Diesmal spürte er, wie der Schädel brach. Charlie kippte nach hinten. Mit seiner linken Hand packte Melvin den Hinterkopf des Alten. Er hielt ihn über Wasser und schmetterte den Stein noch einmal auf die gleiche Stelle. Es gab ein feuchtes, schmatzendes Geräusch, als würde der Stein in Morast klatschen. Er schlug noch einmal zu und noch einmal.
Charlie lag schlaff unter ihm und rührte sich nicht mehr.
So also bringt man diese Scheißer ein zweites Mal um, dachte Melvin. Man schlägt ihnen den Schädel ein.
Hinter ihm, in der Ferne, hörte er Stimmen. Und Sirenen, die wesentlich weiter entfernt klangen als die Stimmen.
Seine Hand mit dem Stein sank ins Wasser und ließ ihn fallen.
Er kroch um Charlie herum. Er tastete nach den Armen des Mannes, packte seine Handgelenke und zog ihn, rückwärts watend, flussabwärts.
Sehr lange.
Früher oder später, das wusste er, würden sie die Leiche finden. Sie würden glauben, Charlie sei in den Fluss gesprungen, um die Flammen zu löschen, habe sich an einem Stein im Flussbett den Schädel eingeschlagen und war mit der Strömung flussabwärts getrieben.
Zumindest würden sie das eine Weile lang annehmen. Eine gründliche Autopsie würde sie jedoch eines Besseren belehren. Er hatte viel über solche Dinge gelesen. Ein einziger Schlag auf den Kopf, und sie würden wahrscheinlich davon ausgehen, dass es durch den Sturz von der Brücke passiert ist. Doch Melvin hatte fünf oder sechs Mal zugeschlagen. Sie würden wissen, dass das kein Unfall war.
Und sie würden daraus schließen, dass Charlie ermordet wurde. Dann würden sie Partikel von Melvins Haut unter seinen Fingernägeln finden. Sie würden vielleicht sogar seine Blutgruppe herausfinden.
Es wurde immer komplizierter.
Melvin schleppte Charlie noch immer flussabwärts.
Die einzige Lösung war, die Leiche verschwinden zu lassen. Wenn sie die Leiche nicht fanden, konnten sie keine Autopsie durchführen. Sie würden an der Unfalltheorie festhalten müssen.
Wie werde ich ihn los?, überlegte er.
Das war eine harte Nuss.
Selbst wenn er kräftig genug wäre, Charlie die ganze Nacht durch die Gegend zu tragen – wo sollte er ihn hinbringen?
Er schleppte Charlie weiter, sicher, dass ihm eine Lösung einfallen würde. Allmählich tat ihm der Rücken weh von der Anstrengung, vornübergebeugt die Leiche zu halten und dabei rückwärts zu waten.
Schließlich zerrte er Charlie ans Ufer. Melvin hielt ihn an einem Handgelenk fest, um zu verhindern, dass er abgetrieben wurde, und ließ
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