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Das graue distinguierte Leichentuch: Roman

Titel: Das graue distinguierte Leichentuch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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›Burke-Baby-Foods‹ ein Baby heranpäppeln, das Mrs. Jones’ mickrigen Sprößling beschämt? Das erfahren Sie in der nächsten Nummer Ihrer Zeitschrift.«
    »Fortsetzung folgt«, murmelte Dave.
    »Genau. Und was erfahren wir einen Monat später?«
    Spiegel nahm die zweite Anzeige und legte sie auf die erste. Die Überschrift lautete: ›Das Burke-Baby ist geboren.‹
    »Hier sind wir Zeuge des Augenblicks, da Papa Mama im Kran­kenhaus besucht. Ihr Kind ist soeben zur Welt gekommen, ein schöner, sieben Pfund schwerer Junge. Sie werden ihn nach dem Großvater väterlicherseits Donald taufen und sind so stolz, wie junge Eltern es nur sein können. Begreifen Sie, wie das auf den Leser wirkt? Er freut sich zusammen mit den Clarkes, als ob er persönlich mit ihnen bekannt wäre. Er hatte die Spannung miter­lebt, er hat sich mit dem Vater oder der Mutter identifiziert und das wird nun so weitergehen, Monat für Monat, mit jeder neuen Serie.«
    Spiegel brachte die dritte Anzeige zum Vorschein.
    »›Das Burke-Baby ist einen Monat alt.‹ Schauen Sie sich jetzt den kleinen Donald an, den sein Vater hochhält, damit er aufstößt. Ein kleiner Herzensbrecher, wie er im Buch steht. Und da lesen wir denn auch, daß Donald bereits mit seiner Burke-Baby-Foods-Diät begonnen hat. Schauen Sie sich nur die rosi­gen Wangen an! Wie dem Kleinen doch sein Burke­Pflaumenpüree, sein Burke-Bananenpüree und so weiter schmeckt! Man sieht bereits, daß er alle Rekorde schlagen wird. Schwarz auf weiß, oder nicht?
    Überspringen wir jetzt einige Anzeigen und werfen wir einen Blick auf die späteren Entwürfe. ›Das Burke-Baby hat Zähne bekommen‹, – Was für ein stolzer Augenblick für alle Beteilig­ten! – ›Das Burke-Baby läuft‹. – Und hier eine Anzeige, die wir anderthalb Jahre später einrücken werden. – ›Das Burke-Baby spricht ‹. – Ich sage Ihnen, Dave, nicht einmal die Garbo hat je so viel Publicity gehabt wie der kleine Donald, wenn er sein erstes nicht salonfähiges Wort äußert.«
    Spiegel setzte sich, als sei er plötzlich müde geworden.
    Dave schwieg eine Weile, dann fing er zu lächeln an. »Es ist sogar noch besser, als ich gedacht habe, Joe. Kein Wunder, daß alle begeistert sind.«
    »Besten Dank«, sagte Spiegel säuerlich. »Wenn es gefällt, möchte bitte das Geld eingeschickt werden.«
    »Ja, mir gefällt es. Wie weit sind wir denn schon?«
    »Die fünfte Anzeige liegt im Korrekturabzug vor. Sie trägt die Überschrift: ›Das Burke-Baby ist drei Monate alt‹. – Wir stellen soeben im Atelier die nächste Anzeige zusammen, aber die ›Vier-Monate-Nummer‹ existiert erst als Layout. Gordon Tait wollte morgen mit dem Fotografen zu den Clarkes gehen.«
    »Und Janey? Geht sie nicht mit?«
    »Nein. Gordon war nie dafür, die Zeichner zum Fotografieren mitzunehmen. Vielleicht wollte er gerade nur Janey nicht mit dabei haben. Vielleicht hatte er Angst, seine Gemahlin würde Ehebruch wittern und Krach schlagen.«
    »Also, ich werde Janey mitnehmen«, sagte Dave mit trotzig vorgeschobenen Kinn. »Ist der Entwurf genehmigt? Hat Kermit Burke ihn gesehen?«
    »Nein. Ich glaube, Gordon wollte heute zu ihm fahren. Eine weitere Aufgabe, die Ihrer harrt, denke ich.«
    »Vermutlich.«
    »Kennen Sie Kermit Burke?« fragte Spiegel und schob die Brille hoch.
    »Nein. Sie?«
    »Ich habe ihn ein einziges Mal getroffen, aber das genügte mir.«
    »Was ist er denn für ein Mensch?«
    Spiegel grinste. »Das dürfen Sie selber beurteilen.«
    Um halb drei steckte Homer Hagerty sein silbriges Haupt zur Tür herein und beehrte Dave mit einem gütigen Lächeln. Er hat­te seinen Kamelhaarmantel an und wickelte einen schottischka­rierten Schal um den Hals. »Fertig?« fragte er.
    »Gleich. Ich muß nur noch das Layout aus der Versandabtei­lung holen. Nett, daß Sie mitkommen, Mr. Hagerty.«
    »Das tue ich gern. Schließlich gehört es sich doch, daß ich Sie persönlich mit Kermit Burke bekannt mache. Ich bin überzeugt, ihr beide werdet euch gut vertragen.«
    Sie sahen zu, wie der Vorsteher des Briefsortierraumes das Paket zurechtmachte. Dave sagte in absichtlich zwanglosem Ton: »Wie ich gehört habe, macht Bob Bernstein nicht mehr die Fotos.«
    Hagerty reagierte nur mit einem Achselzucken.
    »Ich finde ihn recht nett; war übers Wochenende bei ihm. Er ist sich nicht im klaren, warum er abgehängt wurde. Sollte ich darüber informiert sein?«
    »Es ist nicht wichtig. Er hat gewisse Leute vor den Kopf ge­stoßen,

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