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Das graue distinguierte Leichentuch: Roman

Titel: Das graue distinguierte Leichentuch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Bescheid wissen, Hummer! Wenn Davy zu uns hält, wollen wir ihm nichts verschweigen.« Er stützte die Hände auf den Tisch und erhob sich. »Deshalb nichts für ungut! Jeder gibt jedem die Hand, dann wird frisch angefangen. Was meint ihr?«
    Er streckte die Hand aus, Dave starrte sie an, nahm sie dann wie in Trance und schüttelte sie mechanisch. Das gleiche geschah mit Homer Hagerty, der mürrisch in die dargebotene Hand einschlug. Der letzte Händedruck war der schwierigste.
    »Vorwärts!« sagte Burke lachend. »Los, ihr beiden! Reicht einander brav die Händchen!«
    Hagerty streckte seine schlaffen Finger aus, Dave drückte sie zimperlich.
    »Quatsch! Das werdet ihr doch besser zustande bringen. Schließlich seid ihr aufeinander angewiesen.«
    Sie blickten zu Boden und reichten einander abermals die Hand. »Das war schon bedeutend besser«, bemerkte Kermit Burke. »Nun wollen wir einen Strich darunter ziehen und das Geschäftliche besprechen. Freilich geht es voran, aber wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben. Mein Opa hat immer gesagt.«
    Eine halbe Stunde später verließen sie Burkes Büro. Keiner sagte ein Wort, bis sie auf der Straße angelangt waren.
    Dann murmelte Dave: »Habe ich recht gehört, daß ich entlassen bin?«
    »Entlassen?« antwortete Hagerty verständnislos. »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Nur so eine Idee.«
    »Ich denke nicht im Traum daran, Dave.« Hagerty runzelte die Stirn. »Es tut mir nur leid, daß Sie nicht sofort zu mir gekommen sind, als Sie auf die Gander-Geschichte stießen. Ich hätte Sie aufgeklärt, und die unliebsame Szene dort oben wäre uns erspart geblieben.«
    »Verzeihung! Aber die Sache wurde immer komplizierter – Sie wissen gar nicht, wie kompliziert.«
    »Hier ist ein Taxi«, sagte Hagerty.
    Nachdem sie eingestiegen waren, setzte Dave seinen Gedankengang fort. »Würde es die Sache vereinfachen, wenn ich kündige?«
    »Bestimmt nicht. Sie haben Burke gehört. Sie gefallen ihm. Und da Sie nun von der Angelegenheit wissen, schlage ich vor, alles beim alten zu lassen. Oder liegt es Ihnen allzuschwer im Magen?«
    »Ich weiß nicht recht.«
    Dave blickte durchs Fenster auf die rasch vorüberhuschende Fifth Avenue hinaus. Das warme Wetter hatte Scharen hübsch zurechtgemachter Frauen hervorgelockt. In den Läden funkelte der Luxus. Die Leute spazierten munter umher, und jeder hatte ein Lächeln für den anderen. Es war ein erfreulicher Tag und keine unerfreuliche Welt.
    »Es fällt mir nicht leicht, einen Strich darunter zu machen«, sagte Dave halb für sich selbst. »Schließlich gibt es so etwas wie ›Rechtschaffenheit‹.«
    »Ein schönes Wort«, brummte Hagerty.
    »Ja.«
    Aber Dave dachte bereits an ein anderes Wort.
    »Mord!« sagte er laut.
    »Wem sagen Sie das?« Mit einem Seufzer ließ Homer Hagerty sich in die Kissen zurücksinken. »Diese Branche ist nun einmal mörderisch! Wollen Sie mit mir essen gehen? Ich kenne ein Lokal, dort bekommt man das beste Essen in der ganzen Stadt.«
    »Sie sind der Chef«, erwiderte Dave.

11
    Für die, welche sich das Beste leisten können
    Auf dem Mitgliederverzeichnis des Mercantile Club standen ein Ex-Präsident, ein Kabinettsmitglied, sechs Senatoren, ein Dutzend Konzernchefs, vier Senioren der Filmindustrie und hundert weitere Namen, die den Schlagzeilen und Jahresberichten vertraut waren. Während Homer Hagerty zur Garderobe ging, studierte Dave die Namensschilder und war gebührend beeindruckt. Händereibend kehrte Hagerty zurück und bugsierte Dave in einen mit Teppichen ausgelegten Saal, der aussah wie Grand Central ohne Auskunftsschalter.
    Sie setzten sich in Ledersessel, die rund um einen Marmortisch gruppiert waren, und warteten, bis ein weißgekleideter Diener dem Ruf der Tischglocke folgte. Hagerty bestellte Whisky pur, Dave Whisky-Sour. Dann lehnte der Chef der Agentur sich behaglich zurück, betrachtete die wuchtigen Porträts an den Wänden, die gewundene Marmortreppe mit dem kunstvollen schwarzen Gußeisengeländer und fragte: »Was sagen Sie dazu, Dave? Gefällts Ihnen hier?«
    »Es hat einen gewissen intimen Reiz.«
    »Warten Sie, bis Sie den Speisesaal oben gesehen haben! Vier Jahre habe ich gebraucht, um Mitglied zu werden. Die Herrschaften sind sehr exklusiv. Der Mitgliedsbeitrag beträgt zweitausend im Jahr, aber die Ausgabe lohnt sich. Gehören Sie irgendwelchen Clubs an, Dave?«
    »Ich war einmal Mitglied des Aqua-Velva-Rasierwasser- Clubs, wurde aber wegen ungebührlichen Betragens

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