Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das graue distinguierte Leichentuch: Roman

Titel: Das graue distinguierte Leichentuch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
Vom Netzwerk:
Käse, der zu lange herumgelegen hat. Ich kann nichts beweisen, aber meiner Meinung nach hat dieses Geheimnis eine Reihe von Mordtaten nach sich gezogen.« Er vermied es, Hagerty anzuschauen, obwohl der Chef laut protestierte. »Und ich weiß genau, daß es verschiedene interessante Varianten von Erpressung hervorgebracht hat. Deshalb hielt ich es für das beste, reinen Tisch zu machen, Mr. Burke.«
    Er kehrte zu seinem Sessel zurück und wartete.
    Burke klopfte mit schlaffen Fingern auf die Löschunterlage, ohne den Blick von Dave zu wenden. Er nahm den Probeabzug der neuesten Annonce zur Hand und studierte ihn abermals. Dann griff er nach einem Notizblock und kritzelte etwas darauf.
    »Meiner Berechnung nach«, begann er langsam, »haben Sie achtmal Mr. Burke zu mir gesagt, mein lieber Mann. Sie schulden also dem Schweinchen zwei weitere Dollars.«
    Daves Mund rundete sich zu einem O. »Sonst haben Sie nichts dazu zu bemerken?«
    Burke lächelte verstohlen und sah Hagerty an. »Sie haben sich da einen schönen Hitzkopf zugelegt, Hummer. Was haben Sie verbrochen, um dieses Schicksal zu verdienen?«
    Hagerty stöhnte. »Ehrlich gestanden, Cubby –«
    »Egal, egal! Wir hätten ihn eben nicht unterschätzen sollen, das ist alles. Wir hätten wissen müssen, daß ein gescheiter Kopf wie Davy die Fakten wittern würde. Ehre, wem Ehre gebührt, pflegte mein Opa immer zu sagen.«
    Dave kratzte sich am Kopf. »Sie nehmen das aber sehr gelassen hin, Mr. Burke.«
    »Ja, schönen Dank. Davy, es war nie meine Gewohnheit, schnell den Kopf zu verlieren. Na, Hummer? Wollen Sie es dem jungen Mann sagen – oder soll ich es ihm sagen?«
    Hagerty, der in diesem Augenblick so aussah, als hätte er das Pensionsalter längst überschritten, war außerstande, die Frage zu beantworten.
    »Dann werde wohl ich es besorgen müssen. Sehen Sie, Davy.«
    Er beugte sich vor, wobei ihm seine napoleonische Locke in die Stirn fiel. »Die Sache ist die: Ich weiß schon seit langem von der Geschichte, viel länger als Sie, nehme ich an.«
    »Sie haben davon gewußt?«
    »Jawohl. Sehen Sie, diese Annie Gander – tja, sie ist zuerst an mich herangetreten. Sie dachte gar nicht daran, sich an unseren braven Hummer zu wenden. Nein, Sir. Wer hatte ihrer Meinung nach am meisten zu verlieren? Der arme kleine Cubby, der Babynahrungsfarmer. Sie sagte sich, wenn die Leute erfahren, daß der kleine Donald abgekratzt ist, na, dann wird das für den Absatz der Babynahrung nicht gerade sehr vorteilhaft sein. Natürlich nicht deswegen, weil die Nahrung daran schuld war, daß er sterben mußte, aber man weiß doch, wie das menschliche Hirn funktioniert. Deshalb kam sie zu mir und bildete sich ein, auf meine Kosten in Freuden leben zu können. Aber sie wußte nicht, mit wem sie es zu tun hatte, nein, Sir, das wußte sie nicht.« Er lachte in sich hinein.
    Dave, der erwartet hatte, mit einer großen Überraschung zu kommen, sah sich jetzt selber zutiefst überrascht. Wenn Annie versucht hatte, Burke zu erpressen, war das die Erklärung dafür, daß Willie Shenk das Porträt wiedererkannt hatte.
    »Ich habe mich von dieser Gander nicht ins Bockshorn jagen lassen, Davy. Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätte ich die Polizei angerufen und sie einsperren lassen. Aber in Anbetracht der Situation sagte ich zu ihr, liebe Miss Gander, wenn Sie hier ein kleines Taschengeld herausschlagen wollen, bitte, dann wenden Sie sich doch einfach an Homer Q. Hagerty in der Agentur Hagerty & Tait, Madison Avenue Nummer vierhundertunddreißig. Schließlich versorgt ihn meine Firma mit Reklameaufträgen im Wert von sieben Millionen Dollar auf Provisionsbasis, und da er diesen Hokuspokus angerichtet hat, wird er sicherlich mit dem größten Vergnügen für Sie sorgen, liebe Miss Gander. Was, Hummer?«
    »Das stimmt«, erwiderte Hagerty mit matter Stimme. »Das stimmt hundertprozentig, Cubby. Wir hatten den Fehler begangen, wir mußten die Zeche zahlen.«
    »Natürlich – das ist auch mein Standpunkt. Wie mein Opa immer gesagt hat – wer die Suppe einbrockt, muß sie auch auslöffeln. Da sehen Sie, Davy, daß ich nicht gerade blind bin. Nein, lieber Freund! Ich weiß, was gespielt wird. Ich habe eine Nase dafür.«
    Jetzt erst sah Dave seinen Chef an.
    »Ich habe mich also ganz umsonst angestrengt«, sagte er erbittert. »Beide habt ihr es die ganze Zeit gewußt. Man hätte mich doch informieren können.«
    »Genau, das sage ich auch!« erklärte Burke jovial. »Unsere Leute sollen

Weitere Kostenlose Bücher