Das graue distinguierte Leichentuch: Roman
den Fall, daß Sie den Namen noch nicht gehört haben – ist der Arzt, der Donald behandelt hat. Sie kennen die Geschichte. Also wollen wir auch die beiden nächsten Zeilen durchstreichen.«
Er tat es.
»Jetzt sind wir bei Harlow angelangt«, murmelte Dave verdrossen. »Er hat der Gräfin die Fotos gegeben, das bedeutet also, daß er Bescheid weiß. Fragen Sie mich nicht, wieso.«
»Ich weiß, wieso«, entgegnete Hagerty. »Harlow weiß Bescheid, weil er von Anfang an mit dabei war.«
»Er war mit dabei?«
»Selbstverständlich. Vergessen Sie nicht, Dave, daß Harlow Gordons Assistent war und der wichtigste Anwärter auf Gordons Stellung, bevor Sie eingetrudelt kamen.« Hagerty lachte glucksend. »Er hat sämtliche Details der Burke-Kampagne ausgearbeitet. Und was noch wichtiger ist: er ist mehr als jeder andere daran schuld, daß die Sache schiefging.«
»Ross?«
»Oh, ich will nicht behaupten, daß nicht auch wir daran schuld sind. Aber er hatte alle technischen Arrangements mit den beiden Ehepaaren zu treffen, deren Fotos wir bringen wollten. Er hatte die Addisons und die Clarkes ausgesucht, er hatte das Zeitschema festgelegt. Wenn er vorsichtiger gewesen wäre, hätten wir mit den Anzeigen nicht so bald nach der Geburt begonnen und uns die ganze Sache erspart. So aber muß Harlow Ross sich den Vorwurf gefallen lassen, daß er geschlampt hat. Und glauben Sie ja nicht, daß ich ihn schonen werde, wenn er uns Ungelegenheiten bereitet. Ross weiß, daß ich ihn auf die schwarze Liste setzen kann und daß ihn dann keine Agentur im ganzen Land beschäftigen wird. Nein, nein«, fügte Hagerty lächelnd hinzu und zog zwei dicke Striche durch Ross’ Namen, »wegen Harlow brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«
»Dann bleibt nur noch die Gräfin übrig«, sagte Dave.
»Ja. Und Kermit Burke hält die Fäden in der Hand und läßt die Frau Gräfin tanzen.«
Hagerty strich den letzten Namen durch.
»Einen Augenblick!« sagte Dave. »In bezug auf die Gräfin wäre noch etwas hinzuzufügen. Burke ist nicht der einzige Marionettenspieler. Mama Maggie hat auf diesem Gebiet auch schon einiges unternommen.«
»Was soll das heißen?«
»Ich habe Ihnen noch nicht erzählt, was sie mit den Fotos gemacht hat, die sie von Ross erhielt. Sie hat sie benützt, um mich tanzen zu lassen – den Brautwalzer.«
Behutsam seine Worte wählend, berichtete Dave von Sonja.
»Das ist doch das Tollste, was ich je gehört habe«, sagte Hagerty. »Glauben Sie wirklich, daß sie Sie erpressen und Sie zwingen will, die Tochter zu heiraten?«
»Darauf läuft es hinaus. Freilich ist das Mädel nicht reizlos. Oder schüchtern. Keineswegs. Aber die Gräfin hat noch gewisse altmodische Vorstellungen, den Mann ihrer Tochter selber aussuchen zu müssen.«
»Nun, das braucht Sie jetzt nicht mehr zu irritieren. Ich meine, da Kermit informiert ist, kann sie Ihnen nichts antun.« Er musterte den bekümmerten Ausdruck, der nicht aus Daves Zügen weichen wollte, und fügte hinzu: »Aber ich will Ihnen was sagen. Wenn es Sie auch nur im geringsten stört, kann ich Kermit veranlassen, ein wenig Druck auszuüben. Vielleicht wird er die Gräfin davon überzeugen, daß eine schöne Europareise für Sonja das beste wäre.«
»Glauben Sie, daß er das schaffen könnte?« Daves Miene erhellte sich.
»Bestimmt. Noch vor Ablauf des Monats haben wir Sonja an Bord der Ile de France, warten Sie nur.«
»Gott sei der Besatzung gnädig!« murmelte Dave.
Der Kellner kam an den Tisch, Hagerty unterzeichnete eine Quittung.
»Gehen wir jetzt in mein Büro und setzen unsere Besprechungen fort«, sagte Hagerty. »Ich habe auch noch etwas anderes mit Ihnen zu erörtern.«
Auf dieses andere ließ er sich vorerst nicht ein, und auch als sie bereits in den Räumen der Firma Hagerty & Tait angelangt waren, erfuhr Dave die Einzelheiten erst, nachdem Hagerty seine Sekretärin hereingeklingelt und sie beauftragt hatte, den Kassenverwalter Wilton Sheplow herbeizuzitieren.
Sheplow kam mit einer braunen Faltmappe unter dem Arm herein, betrachtete Dave mißtrauisch durch seine funkelnden Brillengläser und setzte sich.
»Wilton«, sagte Hagerty, »möchten Sie so freundlich sein, Dave über die finanzielle Situation der Firma aufzuklären?«
Sheplow machte noch eine argwöhnischere Miene als gewöhnlich, knüpfte jedoch die Schnur auf, mit der seine Archivmappe zusammengebunden war. Er zog einen Stoß Papiere hervor und blätterte in den raschelnden Seiten.
»Meinen
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