Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
Wahrheit amtlich ist“, erwiderte Adam.
Dann kam Moni hinzu und fragte sofort, was denn dran sei an diesem und jenem Gerücht. Herr Schweitzer stempelte daraufhin sowohl dieses als auch jenes Gerücht als baren Unfug ab.
Das dauerte natürlich seine Zeit, denn es handelte sich nicht nur um dieses oder jenes Gerücht, sondern um eine ganze Menge davon, die mittlerweile durchs Örtchen kursierten.
Wenig später wurde Herr Schweitzer von Adam mit den Worten „Besser zu viel trinken als zu wenig essen“ zu einem Schobbe Ebbelwoi aufgefordert, was er aber dankend ablehnte, denn am Abend musste er ja wieder observieren. Da war es schon besser, nicht gleich alles doppelt zu sehen.
Obwohl er alles versuchte, wurde es nichts mit seinem fest eingeplanten Mittagsschlaf. Das war eben der Preis seines Bekanntheitsgrads. Selbstverständlich waren auf Anlässen wie diesem hier alle Sachsenhäuser Honoratioren, die es irgendwie einrichten konnten, anwesend. So hatte Herr Schweitzer die nächsten zwei Stunden noch so viele Schwätzchen zu halten, dass am Ende Gaumen samt Zunge doch sehr ausgetrocknet waren und er es bereute, Adams Einladung zu einem Ebbelwoi abgelehnt zu haben. Immerhin erfuhr er noch, dass der Riesen-Bembel bis zu seinem endgültigen Standort im Ebbelwoi-Museum nacheinander bei den diversen Sponsoren fürs interessierte Publikum ausgestellt wurde. Noch heute Abend sollte er ins Foyer der Comedy-Bank gebracht werden.
Comedy-Bank? Das war der interne Sprachgebrauch derjenigen Mitarbeiter, die nicht der Führungsspitze angehören, für eine deutsche Großbank mit Sitz in Frankfurt. Möglicherweise ergibt sich der wahre Name aus den ersten drei Buchstaben von Comedyund beruht auf sich oft widersprechenden Anweisungen zur Umstrukturierung, ausgegeben von den ins Gerede gekommenen Topmanagern.
Da Herr Schweitzer vorhatte, morgen oder übermorgen mal wieder selbst zubereitete Grüne Soße zu essen, ging er noch in den nächsten Supermarkt. Normalerweise lagen die dafür benötigten Kräuter mit weißem Papier umwickelt in oder zumindest in der Nähe der Obst- und Gemüseabteilung. Obwohl er das Areal drei Mal durchstreifte, wurde er nicht fündig. Ergo sprach er einen Mitarbeiter an: „Entschuldigung, ich suche die Grie Soß. Können Sie mir da behilflich sein?“
Der Mitarbeiter entschwand wortlos im Wirrwarr der Gänge. Zwar wunderte sich Herr Schweitzer, sagte sich aber, der Angestellte werde schon wissen, wo er zu suchen habe.
Keine dreißig Sekunden später kehrte der weißbekittelte Mitarbeiter zurück und reichte ihm einen 3er-Pack Croissants. „Bitte schön.“
Nun war die Verwirrung komplett. Herr Schweitzer kratzte sich am Kopf, schüttelte selbigen und sagte, diesmal in astreinem Hochdeutsch: „Äh. Ja. Nun.“
„Ja?“
„Grüne Soße – das hier sind Croissants.“ Er gab die Packung zurück.
„Oh, schulldchnsä! Isch bin in Sòchsen daheeme. De Mänschn hier sprechen onders. Da brauchmer uns jetzt aber ni zu krutschen, ne. Also, die Grüne Soße ist leider ausverkauft.“
Herr Schweitzer musste lachen. So etwas hatte er noch nie erlebt. Bislang war er in Frankfurter Läden stets von Angestellten bedient worden, die, wenn sie schon nicht direkt aus Frankfurt stammten, so doch zumindest Hessisch sprachen oder verstanden. Aber in diesen Gefilden einen Sòchsen-Sachsen einzustellen, fand er ein wenig zu viel der Integration. Zumal das Sòchsen-Sächsisch in sämtlichen Landstrichen außerhalb Sòchsens bei den Zuhörern fast immer eine Gänsehaut verursacht. Herrn Schweitzer war durchausbewusst, unser Hessisch klang auch nicht gerade hochintellektuell, aber Sòchsen-Sächsisch – das ging gar nicht. Man hatte immer das Gefühl, mit jemandem zu sprechen, der seine Höhle nur zum Jagen, Pilze sammeln und zur Weibchensuche verließ.
Herr Schweitzer verschob seine Grie Soß auf unbestimmte Zeit. Nicht dass er grundsätzlich was gegen Croissants hatte, aber alles zu seiner Zeit.
Als sich die Schiebetür hinter ihm schloss und er sich nach links wandte, wäre er fast mit Schmidt-Schmitt kollidiert.
Herr Schweitzer und der Oberkommissar zeitgleich: „Was machst du denn hier?“
Schmidt-Schmitt: „Einkaufen. Das da ist nämlich ein Supermarkt. Zum Haare schneiden gehe ich aber zum Friseur.“
„Ich nicht. Die wollten mir Croissants für Grie Soß aufschwätzen.“
„Hä? Dein Friseur wollte dir Croissants aufschwätzen?“
„Vergiss es. Ist jetzt zu kompliziert. Wolltet ihr nicht zu
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