Das Grauen im Museum
legte Hacke, Schaufel und Tasche ab, nahm die Machete aus dem Futteral und begann, das Gestrüpp zu beseitigen. Es war eine mühevolle Arbeit, und hin und wieder empfand ich ein merkwürdiges Schaudern, wenn ein Windstoß sich erhob und mir auf eine Weise in den Arm fiel, daß man fast an böse Absicht hätte denken können. Zuweilen schien es, als stieße mich eine fast greifbare Kraft zurück es war beinahe so, als ob die Luft vor mir dichter würde oder als ob formlose Hände an meinen Handgelenken zerrten. Ich verbrauchte meine Kräfte, ohne entsprechende Fortschritte zu machen, kam dann aber doch mit meiner Arbeit langsam vorwärts.
Am frühen Nachmittag bemerkte ich am Nordende des Hügels eine leichte, tellerartige Vertiefung in der von einem Wurzelgewirr durchzogenen Erde. Obwohl das sicher nichts zu bedeuten hatte, dachte ich mir, dies wäre eine geeignete Stelle, an der ich zu graben beginnen konnte. Gleichzeitig fiel mir noch etwas anderes, ebenso Merkwürdiges auf, nämlich daß der indianische Talisman, den ich um den Hals trug, sich an einem Punkt, etwa 17 Fuß südöstlich der besagten Vertiefung recht eigenartig benahm. Seine Schwingungen änderten sich, immer wenn ich mich an dieser Stelle bückte, und er zerrte an dem Riemen, als ob er durch einen
Erdmagnetismus angezogen würde. Da diese Erscheinung immer deutlicher wurde, faßte ich endlich den Entschluß, nicht länger zu warten und schon einmal ein bißchen mit dem Graben anzufangen.
Als ich den Boden mit meinem Stechmesser aufgrub, wunderte ich mich, wie dünn die Schicht der hier heimischen, rötlichen Erde war. Es gab in der ganzen Gegend nur roten Sandsteinboden, aber hier fand ich schon in weniger als einem Fuß Tiefe merkwürdigen schwarzen Lehm. Es war ein Boden, wie man ihn in den seltsamen, tiefen Tälern weiter westlich und südlich antrifft, und er war sicherlich in der prähistorischen Zeit, als der Hügel errichtet wurde, über beträchtliche Entfernungen hierher geschafft worden. Während ich so auf den Knien weitergrub, ruckte und zerrte der Lederriemen um meinen Hals immer stärker. Offenbar zog irgend etwas in der Erde den schweren metallenen Talisman mit zunehmender Kraft an. Dann stießen meine Werkzeuge auf ein hartes Hindernis, und ich fragte mich, ob unter der Erdschicht Gestein liegen mochte. Dies war jedoch nicht der Fall. Statt dessen grub ich zu meinem lebhaftesten Erstaunen ein schweres, mit Schimmel überzogenes Objekt von zylindrischer Gestalt und mit einer Länge von einem Fuß und einem Durchmesser von vier Zoll aus, an das sich augenblicklich mein baumelnder Talisman heftete, um wie angeleimt kleben zu bleiben. Während ich den Zylinder von dem schwarzen Lehm säuberte, stieg meine Spannung und Verwunderung, denn unter meinen Händen traten seltsame Reliefs zutage. Der ganze Zylinder war mit Figuren und Hieroglyphen bedeckt, und ich sah mit wachsender Erregung, daß diese Bilder und Zeichen der nämlichen unbekannten Kultur entstammen mußten wie die auf dem Amulett von Grauer Adler und auf den gelben Metallschließen des Geistes, die ich durchs Fernglas gesehen hatte.
Ich setzte mich hin und säuberte den magnetischen Zylinder noch weiter, indem ich ihn am Kordsamt meiner Knickerbocker rieb, und dabei stellte ich fest, daß er aus dem gleichen schweren, glänzenden, unbekannten Metall war wie der Talisman, was auch die einzigartige Anziehungskraft erklären mochte. Die in das Metall getriebenen und gestochenen Verzierungen waren höchst seltsam und furchterregend namenlose Monstren und unheilschwangere Ornamente -, und sie waren alle mit größter Sorgfalt und Kunstfertigkeit ausgeführt. Ich konnte mir zunächst keinen Reim auf das Ding machen, und drehte und wendete es in den Händen, bis ich schließlich eine Fuge an einem Ende entdeckte. Fieberhaft suchte ich nun nach einer Möglichkeit, den Zylinder zu öffnen, und fand heraus, daß sich das eine Ende einfach abschrauben ließ.
Der Deckel ließ sich nur schwer drehen, aber dann ging er doch ab, und dem Zylinder entstieg ein seltsamer aromatischer Geruch. Der einzige Inhalt war eine dicke Rolle eines gelblichen, papierähnlichen Materials, das mit grünlichen Zeichen beschrieben war, und eine Sekunde lang gab ich mich der erregenden Hoffnung hin, den schriftlichen Schlüssel zu alten Welten und Abgründen jenseits der Zeit in Händen zu halten. Als ich das eine Ende entrollte, zeigte sich jedoch, daß das Manuskript in spanischer Sprache abgefaßt war
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