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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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wichtigsten Geräte und Utensilien bereits mitgebracht eine Machete und ein Stechmesser zur Beseitigung von Gestrüpp und zum Graben, Taschenlampen für etwaige unterirdische Erkundigungen, ein Seil, ein Fernglas, ein Metermaß, ein Mikroskop und einige Hilfsmittel für Notfälle -gerade soviel, wie sich in einer handlichen Tasche unterbringen ließ. Zu dieser Ausrüstung kam nur noch der schwere Revolver, den mir der Sheriff aufdrängte, sowie eine Spitzhacke und eine Schaufel, mit denen ich mir meine Arbeit zu erleichtern hoffte. Ich beschloß, diese letzteren Geräte an einem über die Schulter geschlungenen Seil zu tragen, denn ich merkte schon bald, daß ich nicht auf Hilfskräfte oder
    Forscherkollegen hoffen konnte. Man würde mich zweifellos vom Dorf aus mit allen verfügbaren Fernrohren und Feldstechern beobachten, aber keiner der Bürger würde sich auch nur einen Schritt weit dem verrufenen Hügel nähern. Ich wollte tags darauf am frühen Morgen aufbrechen, und für den Rest dieses Tages wurde ich mit scheuer Ehrerbietung behandelt wie einer, der zum sicheren Untergang verurteilt ist. Als der Morgen kam, ein bewölkter, jedoch nicht bedrohlicher Morgen, war das ganze Dorf auf den Beinen, um mich über die staubige Ebene aufbrechen zu sehen. Im Fernglas sah man die einsame Gestalt wie gewohnt auf dem Hügel umhergehen, und ich nahm mir vor, sie möglichst ununterbrochen im Auge zu behalten, während ich mich dem Hügel näherte. Im letzten Moment überkam mich dann doch ein vages Angstgefühl, und ich war schwach und abergläubisch genug, den Talisman des Grauen Adlers auf meiner Brust baumeln zu lassen, um ihn jeglichen Wesen oder Geistern zu zeigen, die vielleicht wußten, was er zu bedeuten hatte. Ich
    verabschiedete mich von Compton und seiner Mutter und machte mich auf den Weg, kräftig ausschreitend trotz der Tasche in meiner Linken und der klappernden Spitzhacke und Schaufel auf meinem Rücken; das Fernglas hielt ich in der rechten Hand, und ab und zu warf ich einen Blick auf die schweigend wandelnde Gestalt. Als ich dem Hügel näherkam, sah ich den Mann sehr deutlich und bildete mir ein, einen Ausdruck unendlicher Bösartigkeit und Dekadenz auf seinen zerfurchten, bartlosen Zügen wahrzunehmen. Auch stellte ich erschrocken fest, daß die golden glänzende Scheide seiner Waffe Hieroglyphen trug, die denen auf meinem rätselhaften Talisman sehr ähnlich waren. Die Kleidung und alle sonstigen Attribute der Gestalt wiesen alle Merkmale kultivierten Kunsthandwerks auf. Ganz plötzlich sah ich ihn dann die abgewandte Seite des Hügels hinabsteigen und verschwinden. Als ich, etwa zehn Minuten, nachdem ich aufgebrochen war, den Hügel erreichte, war niemand mehr da.
    Ich brauche nicht zu erzählen, wie ich den ersten Teil meiner Erkundung damit zubrachte, den Hügel in Augenschein zu nehmen und zu umschreiten, Messungen vorzunehmen und mich immer wieder ein Stück zu entfernen, um den Hügel aus verschiedenen Richtungen zu betrachten. Er hatte mich immer mehr beeindruckt, je näher ich ihm gekommen war, und von seinen allzu regelmäßigen Umrissen schien mir eine latente Bedrohung auszugehen. Er war die einzige Erhebung weit und breit, und ich zweifelte keinen Augenblick, daß es sich um einen künstlich angelegten Tumulus handelte. Seine abschüssigen Flanken schienen völlig intakt und wiesen keinerlei Spuren menschlicher Eingriffe auf. Auch führte natürlich nirgends ein Pfad hinauf, so daß ich, schwer beladen wie ich war, mühsam hinaufklettern mußte. Als ich oben war, stand ich auf einem einigermaßen ebenen, elliptischen Plateau von etwa dreihundert mal fünfzig Fuß, gleichmäßig mit hohem Gras und dichtem Gestrüpp überwuchert ein Umstand, der mit der ständigen Anwesenheit eines hin und her gehenden Wächters absolut unvereinbar war. Darüber erschrak ich zutiefst, denn es war der eindeutige Beweis dafür, daß der »Alte Indianer«, mochte er noch so deutlich zu sehen sein, nichts anderes sein konnte als eine kollektive Halluzination. Ich sah mich einigermaßen beunruhigt und verwirrt um und blickte sehnsüchtig zum Dorf und den vielen schwarzen Pünktchen zurück, bei denen es sich um die Beobachter handeln mußte. Als ich mein Fernglas auf sie richtete, sah ich, daß sie mich ihrerseits gespannt durch ihre Feldstecher beobachteten; um sie zu beruhigen, schwenkte ich meine Mütze in der Luft, zum Zeichen einer Sorglosigkeit, die ich keineswegs empfand. Dann ging ich an die Arbeit. Ich

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