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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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waren treu wie Hunde, aber gedanklichen Anweisungen nicht so leicht zugänglich wie die lebenden Sklaven. Am abstoßendsten fand Zamacona diejenigen von ihnen, die besonders starke
    Verstümmelungen aufwiesen; manche hatten überhaupt keinen Kopf, während
    andere einzigartige und scheinbar keinem System gehorchende Verkürzungen, Verzerrungen, Vertauschungen und Verpflanzungen an den verschiedensten Stellen erlitten hatten. Der Spanier konnte sich dies nicht erklären, aber Gll’-Hthaa-Ynn bedeutete ihm, dies seien Sklaven, die in den riesigen Arenen zur Volksbelustigung verwendet worden waren. Die Leute von Tsath hatten nämlich eine Vorliebe für raffinierte Sensationen und brauchten ständig frische und neuartige Reize für ihre abgestumpften Sinne. Obwohl Zamacona nicht überempfindlich war, machte ihm dies alles keinen günstigen Eindruck.
    Die allmählich näherrückende Metropole wurde in ihren monströsen Ausmaßen immer furchterregender. Gll’Hthaa-Ynn erklärte, die oberen Teile der großen Türme seien nicht mehr bewohnt, und viele seien abgerissen worden, weil es zu mühsam geworden sei, sie instand zu halten. Die Ebene rings um das ursprüngliche Gebiet der Stadt war mit neueren, kleineren Wohngebäuden übersät, die nun von vielen Unterirdischen den archaischen Türmen vorgezogen wurden. Aus der gewaltigen Masse von Gold und Stein hallte ein monotones Dröhnen über die Ebene, während Reitertrupps und Wagenkolonnen ständig über die breiten, mit Gold oder Steinen gepflasterten Straßen in die Stadt strebten oder sie verließen.
    Mehrmals hielt Gll’-Hthaa-Ynn an, um Zamacona ein besonders interessantes Objekt zu zeigen, insbesondere Tempel, die Yig, Tulu, Nug, Yeb oder dem Unnennbaren geweiht waren und die Straße in größeren Abständen säumten, jeder von einem eigenen schützenden Hain umgeben, wie es in K’n-yan der Brauch war. Diese Tempel waren im Gegensatz zu denen in der verlassenen Ebene jenseits der Berge noch in Gebrauch; große Scharen berittener Gläubiger kamen und gingen in nicht abreißenden Strömen. Gll’-Hthaa-Ynn führte Zamacona in einen der Tempel, und der Spanier verfolgte die subtilen orgiastischen Riten fasziniert und angewidert. Die Zeremonien zu Ehren vonNug und Yeb fand er besonders ekelhaft so sehr, daß er es sich versagte, sie in seiner Handschrift zu schildern. Die Gruppe kam an einem gedrungenen, schwarzen Tempel des Tsathoggua vorbei, der jedoch in ein Heiligtum von Schab-Niggurat verwandelt worden war, der Großen Mutter und Gemahlin des Unnennbaren. Bei dieser Göttin handelte es sich um eine Art sublimierter Astarte, und ihre Riten empfand der fromme Katholik als unendlich widerwärtig.
    Haarsträubend waren vor allem die von den Zelebranten ausgestoßenen emotionalen Laute, mißtönende Geräusche einer Rasse, die seit langem die gesprochene Sprache als normales Verständigungsmittel nicht mehr kannte.
    In den dicht bebauten Außenbezirken von Tsath und schon im Schatten seiner furchterregenden Türme wies Gll’-Hthaa-Ynn auf ein monströses kreisrundes Gebäude, vor dem sich riesige Menschenmassen drängten. Dies, so bedeutete er Zamacona, sei eines der vielen Amphitheater, in denen das müde Volk von K’n-yan durch seltsame Sportarten und allerlei andere Sensationen unterhalten wurde. Er wollte schon anhalten und Zamacona in den riesigen Rundbau führen, als der Spanier sich der verstümmelten Wesen erinnerte, die er auf den Feldern gesehen hatte, und sich strikt weigerte. Dies war die erste von mehreren Meinungsverschiedenheiten in Geschmacksfragen, aus denen die Leute von Tsath den Schluß zogen, daß ihr Gast eine seltsam begrenzte, engstirnige Weltanschauung habe.
    Die Stadt selbst war ein Gewirr alter Straßen, und trotz eines wachsenden Gefühls des Abscheus und der Befremdung war Zamacona fasziniert von der
    geheimnisvollen, kosmische Wunder heraufbeschwörenden Atmosphäre. Der Gigantismus der schwindelerregenden Türme, das wimmelnde, monströse Leben auf den prachtvollen Boulevards, die seltsamen Reliefs an Türen und Fenstern, die berauschenden Aussichten von hochgelegenen Plätzen und titanischen Terrassen, der alles einhüllende graue Dunst, der wie eine niedrige Decke in die Häuserschluchten drückte dies alles verband sich zu einem Gefühl abenteuerlicher Erwartung, wie er es noch nie empfunden hatte. Man brachte ihn unverzüglich zum Rat der Stadtväter, der in einem Palast aus Gold und Kupfer in einem Park mit zahlreichen Brunnen

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