Das Grauen im Museum
sicherlich hat er nicht den geringsten Beweis gehabt.
Trotzdem werde ich keinerlei Risiko eingehen. Am Donnerstag breche ich nach Mombasa auf, und von dort aus fahre ich mit dem Dampfer die Küste hinunter nach Durban. Von da an werde ich mich unsichtbar machen, schon bald jedoch als der Makler Frederick Nasmyth Mason aus Toronto in Johannesburg auftauchen. Damit geht mein Tagebuch zu Ende. Sollte ich doch nicht in Verdacht geraten, wird es nach meinem Tode seinen ursprünglichen Zweck erfüllen und der Welt mitteilen, was sonst unbekannt bleiben müßte. Sollte sich dagegen der Verdacht doch erhärten und bestehen bleiben, wird es die vagen Anschuldigungen bestätigen und verwirrende Lücken in der Beweiskette schließen. Falls mir irgendwie Gefahr droht, werde ich es natürlich vernichten müssen.
Nun, Moore ist tot, er hat es verdient, jetzt ist auch Dr. Thomas Slauenwite tot. Und wenn der Körper, der einst Thomas Slauenwite gehörte, tot ist, soll die Öffentlichkeit diese Aufzeichnungen erhalten.
15. Jan. 1932. Ein neues Jahr und die widerstrebende Fortsetzung dieses Tagebuchs. Diesmal schreibe ich ausschließlich, um mich zu erleichtern, denn es wäre absurd zu glauben, der Fall sei nicht endgültig abgeschlossen. Ich wohne unter meinem neuen Namen im Vaal Hotel in Johannesburg, und bislang hat noch niemand meine Identität in Zweifel gezogen. Ich habe hin und wieder unverbindliche Gespräche mit Geschäftsleuten geführt, um meiner Rolle als Makler gerecht zu werden, und glaube, es wird mir tatsächlich gelingen, in dieser Branche Fuß zu fassen. Später werde ich nach Toronto fahren und ein paar Beweise für meine fiktive Vergangenheit schaffen.
Was mich jedoch beunruhigt, ist ein Insekt, das heute gegen Mittag in mein Zimmer eindrang. Wie angesichts meiner Nervenbelastung nicht anders zu erwarten, habe ich natürlich in letzter Zeit alle möglichen Alpträume über blaue Fliegen gehabt. Dieses Ding war jedoch nur allzu real, und ich habe absolut keine vernünftige Erklärung dafür. Das Insekt summte eine volle Viertelstunde um mein Bücherregal und entzog sich jedem Versuch, es zu fangen oder zu töten. Das Seltsamste war seine Farbe und sein Aussehen es hatte nämlich blaue Flügel und war in jeder Hinsicht das genaue Abbild meiner künstlich gezüchteten kleinen Todesbringer. Ich kann mir jedoch überhaupt nicht vorstellen, daß es sich wirklich um eines dieser Insekten handelte. Ich habe alle gefärbten und ungefärbten Hybriden, die ich nicht an Moore schickte, beseitigt, und kann mich nicht erinnern, daß eines entkommen wäre. Kann es sich bei der ganzen Geschichte um eine Halluzination handeln? Oder ist es denkbar, daß eines der Exemplare, die in Brooklyn entkamen, als Moore gestochen wurde, den Weg nach Afrika zurückgefunden hat? Es gab da ja diese groteske Geschichte von der blauen Fliege, die Dyson weckte, als Moore starb und wenn man es genau bedenkt, ist es natürlich nicht absolut unmöglich, daß einige der Insekten überlebten und auf irgendeine Weise wieder nach Afrika gelangten. Es ist auch durchaus möglich, daß die blaue Flügelfarbe sich erhalten hat, denn die Färbung war fast so dauerhaft wie eine Tätowierung. Das wäre jedenfalls die einzige rationale Erklärung für diesen Vorfall, obwohl es schon sehr kurios wäre, daß sich das Insekt so weit nach Süden verirrt haben könnte. Es könnte sich jedoch um irgendeinen erblichen Heimkehrinstinkt der Tsetse-Erbanlage handeln. Schließlich ist die Kreuzung von dieser Seite her in Südafrika beheimatet.
Ich muß aufpassen, daß ich nicht gestochen werde. Natürlich ist das ursprüngliche Gift falls es sich denn wirklich um eine der Fliegen handelt, die Moore entkommen sind schon längst unwirksam geworden, aber das Insekt muß sich ja auch auf dem Rückflug nach Afrika irgendwie ernährt haben, und wenn es dabei durch
Zentralafrika gekommen ist, kann es sich durchaus neu infiziert haben. Das ist sogar sehr wahrscheinlich, denn der Teil seiner Erbanlagen, der von Glossina palpaltsstammt, würde es natürlich nach Uganda mit all seinen
Schlafkrankheitserregern zurückführen. Ich habe noch etwas Tryparsamid ich brachte es nicht über mich, meinen Arzneikoffer zu vernichten, mag er auch noch so verräterisch sein -, aber seit ich mehr über das Thema gelesen habe, bin ich mir der Wirkung der Droge nicht mehr so sicher. Sie gibt einem eine Chance, sich gegen die Krankheit zu wehren, und hat mit Sicherheit Gamba gerettet, aber die
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