Das Grauen im Museum
inzwischen so zerrüttet, daß ich die menschlichen Eigenschaften des Insekts für selbstverständlich ansah.
Ich rief bei der Rezeption an und bat, mir einen Handwerker zu schicken, der das Loch an dem Heizungsrohr und eventuelle weitere Fugen und Ritzen in meinem Raum verschließen würde. Ich sagte, ich hätte unter einer Fliegenplage zu leiden, und der Mann zeigte sich sehr verständnisvoll. Als der Handwerker kam, zeigte ich ihm die Tintenspuren an der Decke, die er sofort sah. Sie waren also tatsächlich vorhanden! Die Ähnlichkeit mit einem Fragezeichen und der Ziffer fünf faszinierte ihn so, daß er immer wieder den Kopf schüttelte. Er verstopfte schließlich alle Löcher, die er finden konnte, und flickte das Fliegengitter am Fenster, so daß ich jetzt beide Fenster offen lassen kann. Offensichtlich hielt er mich für etwas exzentrisch, zumal da kein Insekt aufgetaucht war, seit er im Zimmer war. Aber so etwas ist mir längst gleichgültig geworden. Bis jetzt ist die Fliege heute abend nicht wieder aufgetaucht. Der Himmel weiß, was sie ist, was sie will und was aus mir werden wird!
19. Jan. Ich weiß vor Entsetzen nicht mehr ein noch aus. Das Ding hat mich berührt.Irgend etwas Monströses, Dämonisches ist hier am Werk, und ich bin das hilflose Opfer. Als ich am Vormittag vom Frühstück zurückkam, strich dieser geflügelte Sendbote der Hölle über meinen Kopf hinweg ins Zimmer und fing wie gestern wieder an, gegen den Fliegendraht anzurennen. Diesmal waren es jedoch jeweils nur vierSchläge in einer Reihe. Ich rannte ans Fenster und versuchte, das Insekt zu fangen, aber es entkam mir wieder und flog hinüber zu Moores Buch, das es wie zum Spott umsummte. Seine Fähigkeiten zu stimmlichem Ausdruck sind begrenzt, aber ich merkte, daß es immer vier kurze Summtöne hintereinander von sich gab.
Ich war inzwischen endgültig wahnsinnig geworden, denn ich schrie es an: »Moore, Moore, um Gottes willen, was willst du von mir?«Daraufhin hörte die Kreatur zu kreisen auf, kam auf mich zugeflogen und vollführte in der Luft einen tiefen, eleganten Bogen nach unten, der irgendwie an eine Verbeugung erinnerte. Dann flog sie zu dem Buch zurück. Dies alles glaubte ich jedenfalls wahrzunehmen, doch ich kann meinen eigenen Sinnen nicht mehr trauen.
Und dann kam das Schlimmste. Ich hatte meine Tür offengelassen, in der Hoffnung, das Monster würde hinausfliegen, wenn ich es schon nicht fangen konnte, aber gegen halb zwölf schloß ich die Tür, in der Annahme, es sei nicht mehr im Zimmer. Dann setzte ich mich hin, um zu lesen. Es war genau Mittag, als ich ein Kitzeln im Nacken verspürte, doch als ich hinlangte, war nichts da. Einen Moment später spürte ich erneut das Kitzeln, und ehe ich eine Bewegung machen konnte, kam diese Ausgeburt der Hölle von hinten angeflogen, vollführte erneut die spöttische, elegante
Verbeugung in der Luft und flog durchs Schlüsselloch hinaus von dem ich mir nicht hätte träumen lassen, daß es dafür groß genug war.
Das Ding hatte mich berührt, daran konnte kein Zweifel sein. Es hatte mich berührt, ohne mich zu verletzen, und dann fiel mir siedend heiß ein, daß Moore mittags in den Nacken gestochen worden war.Seither hat sich das Ding nicht wieder gezeigt, aber ich habe alle Schlüssellöcher mit Papier verstopft und werde eine zusammengefaltete Zeitung in die Hand nehmen, so oft ich die Tür aufmache, um das Zimmer zu verlassen oder zu betreten.
2.0. Jan. Ich kann noch immer nicht ganz an das Übernatürliche glauben, und doch fürchte ich, daß ich verloren bin. Diese Geschichte ist einfach zu viel für mich. Heute kurz vor Mittag erschien dieses Monstrum draußenvor dem Fenster und begann wieder mit seinem Getrommel, diesmal aber mit nur jeweils drei Schlägen. Als ich ans Fenster trat, flog es davon. Ich habe immer noch genug Kraft in mir, um eine weitere Verteidigungsmaßnahme zu ergreifen. Ich nahm beide Fliegengitter heraus, bestrich sie mit dem klebrigen Zeug, das ich schon für das Tintenfaß verwendet hatte, und setzte sie wieder ein. Wenn diese Kreatur wieder zu trommeln anfangen will, wird ihr das zum Verhängnis werden!
Den Rest des Tages blieb ich ungestört. Aber werde ich das durchstehen, ohne den Verstand zu verlieren?
21. Jan. Im Zug nach Bloemfontein.
Ich bin geschlagen. Das Ding gewinnt. Es verfügt über eine diabolische Intelligenz, gegen die ich machtlos bin. Es erschien heute morgen draußen vor dem Fenster, berührte aber das klebrige
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