Das Grauen im Museum
nicht, daß seine Seele nach seinem Tod in die Fliege übergehe. Ich gab ihm Injektionen von destilliertem Wasser, um ihn bei Laune zu halten. Die Fliege besitzt offenbar alle Eigenschaften von Glossina palpalis.Gamba ist ebenfalls schwach und zeigt die gleichen Symptome wie Batta. Vielleicht probiere ich bei ihm das Tryparsamid aus, denn daß der Stich wirkt, ist schon hinreichend bewiesen. Bei Batta werde ich jedoch nicht eingreifen, denn ich möchte eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, wie lange es dauert, bis ein gestochener Mensch stirbt.
Die Experimente mit der Färbung entwickeln sich gut. Ein isomere Form von Ferroferrizyanid mit einer Beimischung von Kalisalz kann in Alkohol gelöst und mit verblüffender Wirkung auf die Insekten gesprüht werden. Es färbt die Flügel blau, ohne den dunklen Thorax nennenswert zu verändern, und geht nicht mehr ab, wenn die Exemplare mit Wasser besprüht werden. Mit dieser Tarnung werde ich wahrscheinlich die vorhandenen Tse-tse-Kreuzungen verwenden können, so daß ich mich nicht mit weiteren Experimenten aufzuhalten brauche. Mag er auch noch so schlau sein, eine blauflügelige Fliege mit einem an Tsetsefliegen erinnernden Thorax wird er nicht erkennen. Diese ganze Färberei muß ich natürlich strikt geheim halten. Ich darf hinterher auf keine Weise mit den blauen Fliegen in Verbindung gebracht werden.
9. Okt. Batta ist lethargisch und liegt den ganzen Tag auf seinem Bett. Habe Gamba zwei Wochen lang Tryparsamid verabreicht und glaube, er wird sich erholen.
25. Okt. — Batta geht es sehr schlecht, aber Gamba hat sich fast erholt.
18. Nov. Batta ist gestern gestorben, und es passierte etwas Seltsames, was mich angesichts der Eingeborenen-Legenden und Battas eigener Ängste schaudern ließ. Als ich nach seinem Ableben ins Labor kam, hörte ich in Käfig 12., der die Fliege, die Batta gestochen hat, enthielt, ein höchst ungewöhnliches Summen. Das Insekt war wie tollwütig, wurde aber völlig ruhig, als ich auftauchte, setzte sich auf das Drahtgeflecht und sah mich auf die kurioseste Art an. Es streckte sogar die Beine durch den Draht. Als ich vom Abendessen mit Allen zurückkam, war die Fliege tot. Offenbar war sie wild geworden und hatte sich an den Seiten des Käfigs zu Tode gestoßen.
Es ist wirklich merkwürdig, daß dies ausgerechnet passierte, als Batta starb. Wenn dies einer der Schwarzen gesehen hätte, hätte er es sofort mit dem Übergang der Seele des armen Teufels auf die Fliege erklärt. Ich werde jetzt in naher Zukunft meine blaugefärbten Hybriden auf den Weg bringen. Die Bastarde sind offenbar noch etwas giftiger als die reinen Exemplare von Glossina palpalis.Batta starb drei Monate und acht Tage nach der Infektion, aber es gibt natürlich immer einen großen Unsicherheitsfaktor. Ich wünschte mir fast, ich hätte auch bei Gamba nicht eingegriffen.
5. Dez. Damit beschäftigt, mir zu überlegen, wie ich meine Boten zu Moore schaffen kann. Es muß so aussehen, als ob sie von irgendeinem Entomologen kämen, der sein Dipteren Zentralund Südafrikasgelesen hat und der Meinung ist, Moore werde Interesse daran haben, diese »neue und nicht identifizierbare Spezies« zu untersuchen. Außerdem muß glaubhaft gemacht werden, daß die blauflügelige Fliege harmlos ist, beispielsweise durch einen Hinweis auf lange Erfahrungen der Eingeborenen. Moore wird dann keinen Verdacht schöpfen, und eine der Fliegen wird ihn früher oder später mit Sicherheit erwischen, wenn auch nicht abzusehen ist, wann das genau sein wird.
Ob ich Erfolg habe, werde ich nur aus den Briefen meiner New Yorker Freunde erfahren, die mir immer noch von Zeit zu Zeit über Moore berichten, obwohl die Zeitungen sicher seinen Tod melden werden. Vor allem darf ich kein Interesse an seinem Fall zeigen. Ich werde verreisen und die Fliegen unterwegs aufgeben, darf dabei aber nicht erkannt werden. Es wird am besten sein, wenn ich einen langen Urlaub mache, ins Landesinnere fahre, mir einen Bart wachsen lasse, das Päckchen in Ukala absende und mich dabei als Entomologe auf der Durchreise ausgebe, mir dann den Bart wieder abnehme und hierher zurückkehre.
15. April 19 30 Nach langer Reise wieder in M’gonga. Alles ist nach Plan gelaufen, mit der Präzision eines Uhrwerks. Habe die Fliegen an Moore abgeschickt, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Nahm am 15. Dezember Weihnachtsurlaub und machte mich sofort mit allem nötigen auf den Weg. Hatte mir einen guten Versandbehälter gebastelt,
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