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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Wort, während er ihr auf seine altmodisch-ritterliche Art die Hand küßte. Dann brach Georgina in einen wahren Sturzbach hastiger Erklärungen aus in einem einzigen, ununterbrochenen Redefluß erzählte sie ihm alles, was geschehen war, was sie gesehen oder mit angehört, was sie befürchtet und geargwöhnt hatte.
    Dalton hörte ernst und verständnisvoll zu, und seine anfängliche Verwirrung machte Erschütterung, Sympathie und Entschlossenheit Platz. Die Nachricht war ihm von dem nachlässigen
    Sekretär nicht unverzüglich ausgehändigt worden und hatte ihn schließlich mitten in einer angeregten Club-Diskussion über Clarendon erreicht. Ein anderes Clubmitglied, Dr. MacNeil, hatte eine medizinische Zeitschrift mit einem kritischen Artikel über den bekannten Wissenschaftler mitgebracht, und Dalton hatte ihn gerade gebeten, die Zeitschrift aufzuheben, als man ihm endlich Georginas Nachricht überbrachte. Er stellte sein Vorhaben, Dr. MacNeil hinsichtlich Alfred Clarendon ins Vertrauen zu ziehen, zurück, verlangte augenblicklich seinen Hut und seinen Stock und fuhr mit der Kutsche zu den Clarendons.
    Surama, so schien ihm, erschrak, als er ihn wiedererkannte, gluckste dann aber wie gewohnt, als er sich zum Labor hin entfernte. Dalton erinnerte sich später genau an Suramas Gang und Glucksen an diesem ominösen Abend, denn er sollte diese unirdische Kreatur nie mehr wiedersehen. In dem Moment, in dem Surama das Laborgebäude betrat, hatte Dalton den Eindruck, daß sein gutturales Glucksen sich mit fernem Donnergrollen vermengte.
    Als Dalton alles gehört hatte, was Georgina ihm zu sagen hatte, und nun noch erfuhr, daß Alfred jeden Moment mit einer Morphiumspritze zurückkommen würde, beschloß er, lieber alleine mit dem Arzt zu sprechen. Er wies Georgina an, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen. Er selbst ging in der düsteren Bibliothek auf und ab, warf hin und wieder einen Blick auf die Bücherregale und horchte ständig, ob Clarendons nervöse Schritte auf dem Laborweg draußen schon zu hören seien. In den Ecken des riesigen Raumes war es bedrückend dunkel, und je genauer Dalton die Bücher seines Freundes inspizierte, um so weniger gefielen sie ihm. Es war nicht die ausgewogene Sammlung eines normalen Arztes, Biologen oder kultivierten Privatmannes. Es gab zu viele Bände über fragwürdige Grenzgebiete, dunkle Spekulationen und verbotene Rituale des Mittelalters sowie merkwürdige exotische Mysterien in bekannten und unbekannten entlegenen Sprachen.
    Auch das große Laborjournal, das aufgeschlagen auf dem Tisch lag, verströmte eine ungute Atmosphäre. Die Handschrift wirkte neurotisch, und der Inhalt der Einträge war alles andere als beruhigend. Lange Passagen waren in fast unleserlichen griechischen Buchstaben geschrieben, und als Dalton seine Sprachkenntnisse hervorkramte, um sich die eine oder andere Passage
    zu übersetzen, fuhr er plötzlich zusammen und wünschte, er hätte sich am College gewissenhafter mit Xenophon und Homer auseinandergesetzt. Irgend etwas war hier verkehrt, auf unheilvolle, grauenerregende Weise verkehrt, und der Gouverneur ließ sich in den Stuhl sinken, der vor dem Schreibtisch stand, und grübelte weiter über das barbarische Griechisch des Arztes nach. Dann hörte er dicht neben sich ein Geräusch und fuhr zusammen, als sich ihm eine Hand hart auf die Schulter legte. »Was ist der Grund für diesen Überfall, wenn ich fragen darf? Du hättest ja Surama sagen können, worum es geht.«
    Clarendon stand mit eisiger Miene neben dem Stuhl, die kleine goldene Spritze in der Hand. Er wirkte ausgesprochen ruhig und vernünftig, und Dalton hatte einen Moment lang den Verdacht, Georgina müsse mit ihrer Schilderung seines Zustands übertrieben haben. Und waren nicht seine eigenen Griechischkenntnisse schon so eingerostet, daß er nicht sicher sein konnte, was die Einträge in dem Journal wirklich bedeuteten? Der Gouverneur beschloß, bei diesem Gespräch sehr vorsichtig zu taktieren, und dankte dem glücklichen Zufall, der ihm einen so glaubwürdigen Vorwand an die Hand gegeben hatte die Zeitschrift mit dem Artikel über Clarendon. Gefaßt und selbstsicher erhob er sich, um Clarendon zu antworten.
    »Ich dachte mir, daß du kein Interesse daran haben würdest, eine wichtige Angelegenheit vor einem deiner Untergebenen breittreten zu lassen, war aber der Ansicht, daß du diesen Artikel unverzüglich lesen solltest.«
    Er zog die Zeitschrift heraus, die Dr. MacNeil ihm gegeben hatte,

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