Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
würdest du zum Beispiel zur Nemesis der Flamme sagen? Ich habe im Jemen mit einem alten Mann gesprochen, der lebend aus der Karminwüste zurückgekommen war er hatte Irem gesehen, die Stadt der Säulen, und an den unterirdischen Schreinen von Nug und Yeb gebetet lä! SchabNiggurath!«
    Das dunkle Glucksen des Laborassistenten unterbrach Claren-dons kreischende Falsettstimme.
    »Schweig, du Narr! Du glaubst doch nicht, mit deinem absurden Unsinn bei mir etwas ausrichten zu können ? Worte und Formeln Worte und Formeln, was sollten die einem bedeuten, der im Besitz der Substanz ist, die hinter ihnen steht? Wir sind jetzt in einer materiellen Sphäre und den Gesetzen der Materie unterworfen. Du hast dein Fieber, ich meinen Revolver. Du bekommst keine Versuchsobjekte mehr, und ich bekomme kein Fieber, solange ich dich hier vor mir habe und der Revolver zwischen uns ist!«
    Mehr hörte Georgina nicht. Ihr drehte sich der Kopf, und sie wankte hinaus, um frische Luft zu schöpfen. Sie wußte, daß nun die Krise gekommen war und daß schnelle Hilfe nötig war, wenn ihr Bruder noch aus den unbekannten Abgründen des Wahnsinns und des Mysteriums gerettet werden sollte. Unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte gelang es ihr, sich bis ins Haus und in die Bibliothek zu schleppen, wo sie hastig eine Nachricht hinkritzelte, die Margarita James Dalton bringen sollte. Als die alte Frau gegangen war, erreichte Georgina nur noch das Sofa im Salon, wo sie halb ohnmächtig niedersank. Don blieb sie scheinbar eine Ewigkeit liegen, nur undeutlich wahrnehmend, wie das Zwielicht phantastisch aus den unteren Ecken des großen, bedrückenden Raumes in die Höhe kroch, und geplagt von tausend schattenhaften Schreckensgestalten, die in phantasmagorischer Prozession durch ihr gemartertes, benommenes Hirn zogen. Die Dämmerung verdichtete sich zu Dunkelheit, und der Bann war noch immer nicht gebrochen. Dann ertönten feste Schritte im Hausflur, und sie hörte jemanden ins Zimmer kommen und mit der Zündholzschachtel hantieren. Das Herz blieb ihr beinahe stehen, als die Gasflammen des Kronleuchters eine nach der anderen aufflammten, doch dann sah sie, daß der Ankömmling ihr Bruder war. Im tiefsten Herzen erleichtert, daß er noch am Leben war, seufzte sie tief, lange und zitternd auf und sank endlich in barmherzige Bewußtlosigkeit.
    Clarendon, der diesen Seufzer gehört hatte, fuhr herum underschrak zutiefst, als er die reglose Gestalt seiner Schwester auf dem Sofa liegen sah. Ihr Gesicht war von einer Totenblässe, die ihn entsetzte, und er kniete an ihrer Seite nieder, nur von dem einen Gedanken durchdrungen, was ihr Hinscheiden für ihn bedeuten würde. Da er wegen seiner unermüdlichen Wahrheitssuche schon lange nicht mehr als Hausarzt praktiziert hatte, waren ihm die einfachsten Grundregeln der Ersten Hilfe entfallen, und es fiel ihm nichts Besseres ein, als ihren Namen zu rufen und mechanisch ihre Handgelenke zu reiben. Dann dachte er an Wasser und lief ins Eßzimmer, um die Karaffe zu holen. Er tappte in dem dunklen Zimmer herum und brauchte eine Weile, bis er fand, was er suchte, doch dann ergriff er mit zitternder Hand die Karaffe und hastete zurück, um Georgina das kalte Naß ins Gesicht zu schütten. Die rauhe Methode verfehlte ihre Wirkung nicht. Georgina regte sich, seufzte zum zweitenmal und schlug schließlich die Augen auf.
    »Du lebst!« rief er und legte ihre Wange an seine, während sie ihm mütterlich übers Haar strich. Sie war beinahe froh, daß sie in Ohnmacht gefallen war, denn dieser Umstand hatte offenbar den sonderbaren Alfred vertrieben und ihr ihren eigenen Bruder wiedergegeben. Sie setzte sich langsam auf und versuchte, ihn zu beruhigen.

    »Mir geht es gut, AI. Wenn du mir nur ein Glas Wasser geben könntest. Es ist eine Sünde, es auf diese Weise zu verschwenden, ganz zu schweigen davon, daß dadurch mein Mieder ruiniert wird! Wer wird denn gleich den Kopf verlieren, bloß weil seine Schwester einmal ein Nickerchen macht? Du solltest nicht glauben, ich sei krank, denn für solchen Unsinn habe ich doch gar keine Zeit!«
    Alfreds Augen sagten ihr, daß ihre gefaßten, vernünftigen Worte ihre Wirkung taten. Seine brüderliche Besorgnis zerstreute sich augenblicklich, und an ihrer Stelle trat ein unbestimmter, berechnender Ausdruck auf sein Gesicht, als ob ihm plötzlich eine hervorragende Idee gekommen sei. Sein Blick war abwechselnd verschlagen und prüfend, und sie war sich immer weniger sicher, ob ihre Art, ihn

Weitere Kostenlose Bücher