Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grauen lauert in der Tiefe

Das Grauen lauert in der Tiefe

Titel: Das Grauen lauert in der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Loeffelbein
Vom Netzwerk:
diskutieren, kurz bevor ihr dran glauben müsst«, sagte Tom.
    Die Antwort musste ihm Max zunächst schuldig bleiben. Das Einzige, was in den nächsten Sekunden aus seiner Kehle kam, war ein lang gezogener Schrei, während die Regenrinne aus ihrer Halterung brach und mit den dreien in die Tiefe stürzte.
    Max brüllte auch noch, als er bereits am Boden lag. Dann fiel ihm auf, dass das ein gutes Zeichen war, und er setzte sich vorsichtig auf.
    Erstaunt stellte er fest, dass er in einem Stoffberg gelandet war, der sich um ihn herum auftürmte und seinen Aufprall abgefedert haben musste.
    Neben Maxwell tauchten die Gesichter von seiner Schwester und Tom auf. »Wo kommen die Bettlaken denn plötzlich her?«, fragte Mafalda und wischte sich irritiert eine ihrer dichten braunen Haarlocken aus dem Gesicht.
    Im selben Augenblick erklang ein ohrenbetäubendes Donnergrollen und die Kinder fuhren vor Schreck zusammen. Ungläubig schaute Max nach oben. Über ihnen wölbte sich statt der leuchtenden Glaskuppel eine dunkle, lilafarbene Masse, die tatsächlich an Regenwolken erinnerte. Ein zweiter Donnerschlag ertönte und dann begann es zu gießen wie aus Kübeln.
    »Die Wasserwolken kommen aus unserer Klimamaschine«, erklärte Tom. »Ohne Regen wird die Luft zu trocken und die Pflanzen würden natürlich auch nicht wachsen. Und ohne Pflanzen …«
    »… gibt es keinen Sauerstoff«, vollendete Max den Satz. »Natürlich, darauf hätte ich auch selber kommen können.«
    » Deshalb auch die Regenrinnen«, stellte Tom klar.
    Mafalda sah sich nach allen Seiten um. »Und wo sind wir hier gelandet?«, wollte sie wissen.
    »Keine Ahnung.« Tom blinzelte in den Regen. »Aber wenn mich nicht alles täuscht, kommen dort hinten die beiden Männer, denen wir gerade entwischt sind.«
    Tatsächlich konnte man undeutlich zwei Gestalten herannahen sehen, die sich durch den dichten Regen kämpften. Sie hasteten an mehreren Geschäften vorbei, die sich auf beiden Straßenseiten befanden. Max erkannte die Schilder einer Schusterei, eines Bäckers und eines Schneiders.
    »Bleibt, wo ihr seid!«, riefen die Männer und ruderten im Rennen wild mit den Armen.
    Aber ehe Max, Mafalda und Tom etwas erwidern konnten, ruckelte es unter ihnen, und der Wäscheberg setzte sich in Bewegung. Erst ziemlich langsam, doch schon bald wurde er schneller und schneller.
    »Halt! Halt!«, brüllten ihre Verfolger.
    Max und Tom antworteten nicht – sie krallten sich an den Stoffbahnen fest und starrten mit weit aufgerissenen Augen auf die Straße.
    Allein Mafalda behielt auf dem rumpelnden Gefährt die Nerven und machte sich daran, ihren merkwürdigen Landeplatz genauer zu untersuchen. »Das ist schon wieder so ein Automobil«, verkündete sie. »Mit einem großen Fass auf der Ladefläche. Und in dem stecken wir drin, zusammen mit den Bettlaken.«
    »Stoppen Sie auf der Stelle den Wagen!«, hallten die zornigen Rufe der beiden Männer in der Häuserschlucht wider.

    Ihre aufgebrachten Stimmen verhießen nichts Gutes, doch mit einem Mal waren die Verfolger im Dunst verschwunden und der Wagen ratterte nun unbehindert weiter durch die niederprasselnden Wassermassen. Nie zuvor hatte Max einen vergleichbaren Regenguss erlebt – nicht einmal in Schottland, wo das Familienschloss seiner Mutter stand. »Wenn das so weitergeht, werden wir noch ertrinken«, japste er.
    »Der Regen ist nicht das Problem«, keuchte Tom zurück. »Der ist gleich vorbei. Aber wir fahren in das Jammerviertel. Und da erwartet uns etwas weitaus Schlimmeres als Regen.«

    »Was denn?«, wollte Mafalda wissen. Sie hatte sich einen Teil der Laken als Kapuze um den Kopf gelegt und schielte darunter hervor. Beim Durchwühlen der Bahnen hatte sie festgestellt, dass der Stoff auf einer Seite mit Wachs behandelt und wasserabweisend war.
    »Das weiß ich auch nicht so genau«, antwortete Tom. »Aber es ist gefährlich dort. Und es ist absolut verboten, das Viertel überhaupt zu betreten. Da leben nur Verrückte und Ganoven.«
    Max war so überrascht, dass er für einen Augenblick sogar den Regen vergaß. Nach der Begrüßungsansprache von Mr Crimer war er davon ausgegangen, dass es so etwas wie Ganoven oder Verrückte in Atlantic Haven überhaupt nicht gab – abgesehen natürlich von Mr Nin und seiner Bande.
    »Hat aufgehört«, sagte Mafalda und nahm ihre Kapuze vom Kopf.
    »Stimmt.« Max schaute in den Himmel. So plötzlich, wie der Regenguss begonnen hatte, war er auch zu Ende. Die dunklen Wolken lösten

Weitere Kostenlose Bücher