Das Grauen lauert in der Tiefe
anderen Seite Maxwells Käfig klemmte.
Ächzend und stöhnend zerrte die Frau des Bürgermeisters an ihrem Lenkrad herum, hinter dem sie hoffnungslos eingeklemmt zu sein schien. Ihr Gesicht war so knallrot, dass Max sich fragte, ob sie jeden Augenblick platzen würde.
Da zersprang die Glaswand des Verbindungstunnels, den sie alle kurz zuvor noch durchfahren hatten. Es gab ein dumpfes Geräusch, das Max daran erinnerte, wie er als Sechsjähriger ein Glas Erdbeermarmelade auf die Küchenfliesen hatte fallen lassen. Das Wasser schoss gurgelnd und sprudelnd auf sie zu, während über ihnen eine schrille Alarmglocke ertönte, die sich fast so schrecklich anhörte wie Mrs Crimers Gekreische. Allerdings stellte Max wenige Sekunden später fest, dass die Frau des Bürgermeisters allen Grund zur Panik hatte. Aus dem Stahlrahmen kamen nämlich dicke Stahlplatten hervorgerattert. Das Schleusentor! Es war dabei, sich zu schließen, um Atlantic Haven vor einer Überflutung zu schützen! Pech nur, dass ihm dabei das weiße Automobil und Maxwells Käfig im Weg waren. Ebenso wie Mrs Crimer begann Max nun, hektisch gegen die Gitterstäbe zu drücken. Natürlich ohne Erfolg. Sie saßen beide in der Falle!
Schon wurde das weiße Fahrzeug mit der boshaften Bürgermeistern von dem Schleusentor erfasst. Max stellte mit Grauen fest, dass die Stahlplatten das Metall wie Butter durchschnitten.
Er presste sich panisch gegen die Seitenwand seines Gefängnisses, und zum ersten Mal in seinem Leben war er froh darüber, nicht so ein kräftiges Muskelpaket zu sein, sondern klein und dünn. Einen halben Zentimeter mehr und er hätte tatsächlich Mrs Crimers Schicksal geteilt. So aber rutschte er gemeinsam mit mehreren losen Gitterstäben und dem zerstörten Boden des Käfigs nach unten. Er schob einige Stahl- und Metallteile beiseite und war frei. Mehr als zwei Schritte gelangen ihm jedoch nicht. Seine Knie gaben nach und er konnte nur noch auf allen vieren vorwärtskriechen.
Max lehnte sich erschöpft gegen die Tunnelwand und sah sich um: Hinter ihm befand sich das fest verschlossene Schleusentor. Von Mrs Crimers Automobil war nur die goldene Galionsfigur übrig geblieben. Durch die gläserne Tunnelwand betrachtete Max den zerstörten Altstain-Turm, der unter Wasser zu brennen schien, und den zerborstenen Tunnel auf der anderen Seite der Schleuse. Als Max den Kopf wandte und den Gang auf dieser Seite der Schleuse hinunterschaute, erkannte er in der Ferne die Umrisse eines Hügels, der mit Gras und Büschen bewachsen war.
Maxwell fühlte sich sterbenselend, und wenn er nicht so gut erzogen gewesen wäre, hätte er sich sicherlich an Ort und Stelle übergeben.
»Jetzt komm schon, du lahme Schnecke!«, rief ihm Mafalda zu. »Willst du hier Wurzeln schlagen? Wir müssen
rennen!
Dieses Sirenengebimmel hat garantiert die Feuerwehr oder die Polizei und diese Greifertruppe alarmiert.«
Max hatte zwar keine Ahnung, wie Mafalda und Tom sich aus ihrem Käfig hatten befreien können, aber er war unendlich erleichtert, sie zu sehen. Mühsam rappelte er sich auf.
»Wo sind Mama und Papa?«, fragte er und zuckte gleich darauf zusammen, weil er ein schmerzhaftes Stechen in der Seite spürte.
»Pupsi ist mit denen abgedampft«, sagte Mafalda. »Oder war es Ralf? Oder Hopsi? Keine Ahnung. Diese Mutanten sehen alle gleich aus.«
»Hopsi ist kaputt«, sagte Max. »Der wird uns auf jeden Fall nie mehr Ärger machen.«
»Bist du sicher?«, fragte Mafalda. »Mamas Messer hat sich Hopsi doch auch einfach …«
»
Sehr
sicher«, unterbrach Max sie. »Der ist
kaputt!
«
»Und die alte Crimer?« Mafalda fasste ihren Bruder um die Hüfte und schleifte ihn mit sich zum Ende des Tunnels. Sie war wirklich erstaunlich kräftig für ihr Alter. Max protestierte natürlich, aber er wehrte sich nicht wirklich, dafür war er viel zu schwach auf den Beinen.
»Ist auch kaputt«, sagte er.
»Was?« Mafalda sah sich gehetzt um, als fürchtete sie, die Frau des Bürgermeisters könnte sie jede Sekunde am Kragen packen.
»Kaputt«, wiederholte Max. »Die Crimer. Mausetot.«
»Donnerwetter«, sagte Mafalda
Mittlerweile waren sie am Ende des Tunnels angekommen. Die Straße führte durch eine hügelige Parklandschaft, bevor sie in einiger Entfernung auf eine niedrige Stadtmauer traf, hinter der elegante Villen in die Höhe ragten.
Mafalda ließ ihren Bruder los und winkte Tom zu, der sich hinter einem Ginsterbusch versteckt hatte. Die Geschwister rutschten einen kleinen
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