Das Grauen lauert in der Tiefe
Max einen finsteren Blick zu. Die Automobile setzten sich wieder in Bewegung.
Max schaute zu seinen Eltern, die mit der für sie typischen Gelassenheit auf ihre Gefangennahme reagierten. Seine Mutter sah genervt an die Decke, während sein Vater die Geheimschrift studierte, die er auf dem Abschiedsbrief von Dr. Baldurixi gefunden hatte. Mafalda und Tom waren in ihrem Käfig zusammengesunken. Max fürchtete erst, dass sie ohnmächtig geworden waren, aber dann stellte er fest, dass die beiden nur so taten. Sie versuchten, das Schloss des Käfigs mit einer von Mafaldas Haarnadeln zu öffnen. Die Mutanten bekamen davon nichts mit, weil sie zu sehr mit Autofahren beschäftigt waren, und Mrs Crimer hatte alle Hände voll mit Hupen und Fingerschnipsen zu tun.
»Gar nicht so dumm«, sagte Max zu sich selbst und stieß einen besonders langen und lauten Seufzer aus, bevor er in seinem Käfig zusammenbrach. Er blinzelte vorsichtig zu Mrs Crimer hinüber, die aber nicht weiter auf ihn achtete, und begann, in seinen Jacketttaschen nach etwas Ähnlichem wie einer Haarnadel zu suchen. Alles, was er fand, war ein Zahnstocher. Immerhin.
Max wollte ihn gerade ins Schloss des Käfigs stecken, als sein Blick zufällig in die Richtung fiel, in die Pupsi kurz zuvor gezeigt hatte.
Vor Schreck ließ Max den Zahnstocher fallen und klammerte sich an den Gitterstäben fest. Im Wasser über dem Tunnel schwebte die monströse Gummirüstung! Sie erschien Max so riesig wie ein Wal und so gefährlich wie ein Hai. Die Angst presste ihm die Lungen zusammen und er bekam keine Luft mehr. Aber weil er das Gefühl bereits kannte, konnte er sich diesmal besser dagegen wehren. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Atmung. Als er wieder hinschaute, war die Angst zwar immer noch da, aber er schaffte es wenigstens, klar zu denken. Mit einem Mal fiel ihm auf, dass die riesigen, dicken Pranken der Rüstung ihm zuwinkten.
Er will, dass wir uns beeilen, schoss es Max durch den Kopf. Der Mann in dieser Rüstung steckt nicht mit den Mutanten unter einer Decke, denn sonst hätte Pupsi nicht so aufgeregt nach draußen gezeigt. Der hatte auch Angst vor diesem Ding.
Weiter kam Max nicht mit seinen Überlegungen, denn kurz darauf explodierte der Altstain-Turm. Max wusste für einige Sekunden nicht, was schlimmer war: der Lärm oder das grelle Licht. Obwohl er sich die Ohren zuhielt und die Lider fest geschlossen hatte, schienen ihm Pfeilspitzen das Trommelfell zu durchbohren und glühende Kohlen die Augen zu verbrennen. Eine Druckwelle presste ihn gegen die Käfigwand. Und eine weitere Druckwelle riss das gesamte Automobil zusammen mit Hopsi und seinem Käfig nach oben und schleuderte es gegen einen Eisenträger.
Max rappelte sich mühsam auf und schaute sich um. Ein Spinnennetz aus Rissen hatte sich in der Glaswand des Tunnels gebildet und breitete sich genauso schnell aus, wie Mrs Crimer mit ihrem weißen Automobil auf ihn zuraste. Im Gegensatz zu ihren Mutanten schien Mrs Crimer eine ziemlich gute Autofahrerin zu sein, denn es war ihr gelungen, ihren Wagen trotz der Druckwelle durch die Explosion auf Kurs zu halten. Max war sich nur nicht ganz sicher, ob die Frau des Bürgermeisters jetzt vorhatte, seinen Käfig zu rammen und ihn ein für alle Mal zu zerquetschen, oder ob es ihr nur darum ging, möglichst schnell aus dem einsturzgefährdeten Tunnel zu fliehen. Vielleicht wollte sie auch das eine mit dem anderen verbinden.
Unbeabsichtigt kam ihr dabei allerdings Hopsi in die Quere. Um sich aus dem zerstörten Automobil zu befreien, riss dieser mit einer letzten gewaltigen Kraftanstrengung das Steuerrad aus seiner Verankerung und warf es in hohem Bogen von sich. Es kreiselte durch die Luft und flog Mrs Crimer mitten ins Gesicht. Dadurch verlor sie nun doch die Kontrolle über ihren Wagen und verfehlte so Maxwells Käfig – nicht aber den Mutanten, der inzwischen auf die Fahrbahn gesprungen war. Hopsi war kein Leichtgewicht, doch die ungebremste Wucht von Mrs Crimers Automobil war auch für ihn zu viel. Wie ein riesiger Mehlsack prallte er gegen die Glaswand und sank leblos in sich zusammen. Mrs Crimer hatte ebensowenig Glück, denn sie krachte mit ihrem Fahrzeug gegen einen weiteren Eisenträger.
Nun erst fiel Max die Schleusenanlage auf, die den gläsernen Tunnel an dieser Stelle verengte. Die Anlage bestand aus einem Stahlrahmen, der in der Mitte durchquert werden konnte und in dem nun auf der einen Seite Mrs Crimers Wagen und auf der
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