Das Grauen lauert in der Tiefe
Abhang hinunter und verschwanden ebenfalls zwischen den dichten gelben Blüten des Ginsters. Gerade noch rechtzeitig, denn zwei Feuerwehrfahrzeuge sausten auf der Straße an den Büschen vorbei, gefolgt von zwei Wagen des Justizministeriums.
Tom beugte sich zu Maxwell herüber. »Alles in Ordnung?«, erkundigte er sich leise.
Max nickte und holte tief Luft. Verschwörerisch legte er den Arm um Toms Schulter. »Hopsi und die Crimer sind auf der Strecke geblieben«, sagte er mit grimmiger Miene. »Jetzt befreien wir unsere Eltern und dann hauen wir ab!«
»Gute Idee«, sagte Mafalda. »Dafür müssten wir allerdings erst einmal wissen, wie wir in den Justizpalast hineinkommen. Dahin wollten sie uns ja schließlich bringen, um uns in der Zahnarztpraxis zu behandeln. Auch wenn ich nicht kapiere, was eine Zahnarztpraxis im Justizpalast soll.«
»Aber ich«, sagte Tom und spähte besorgt durch die Ginsterbüsche auf das Gewimmel oben auf der Straße. »Darüber wird in der Stadt hinter vorgehaltener Hand geflüstert. Angeblich wird im Justizpalast Leuten, die nicht gestehen wollen, in den Zähnen herumgebohrt.«
Maxwell und Mafalda verzogen beide ihr Gesicht, als ob sie in eine saure Zitrone gebissen hätten. »Au Backe«, sagten sie gleichzeitig.
»Vielleicht kann uns Philip helfen.« Tom kniff die Augen zusammen. Er sah nun mindestens so grimmig und entschlossen aus wie Max.
»Wer ist Philip?«, wollten Max und Mafalda wissen.
»Ein Schulfreund von mir«, erklärte Tom. »Philip Sinclair. Sein Vater hat mit meinem Papa und Professor Hardenberg zusammengearbeitet. Als meine Eltern verschwunden sind, wollte ich eigentlich zuerst zu den Sinclairs gehen.« Er machte eine Pause. »Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob man Philips Vater trauen kann. Er arbeitet inzwischen im Justizpalast.«
»Na großartig!« Mafalda schüttelte den Kopf. »Dann steckt er doch mit diesen Irren unter einer Decke.«
»Ich weiß nicht …«, sagte Tom.
»Wir haben ja nicht mehr allzu viele Verbündete«, sagte Max. »Deswegen müssen wir es auf einen Versuch ankommen lassen.«
Tom nickte und wandte sich um. »Um ein Haar hätten uns die Unruhestifter umgebracht«, sagte er leise.
Hinter ihnen wuchs zwar eine Reihe dichter Taxus-Bäume, aber durch einige Lücken konnten sie wie durch ein Fenster die Glaskuppel und den Ozean dahinter sehen. Der Altstain-Turm brannte noch immer und Glas, Stahl und Eisenteile trieben an ihrer Kuppel vorbei. Maxwell meinte sogar, das Feuerzeug des Bürgermeisters durch das Wasser schweben zu sehen.
»Ich weiß nicht, ob die Unruhestifter uns wirklich umbringen wollten«, sagte er zu Tom. »Als wir in dem Tunnel waren, habe ich draußen im Wasser diesen Mann im Gummianzug entdeckt, der einem so schreckliche Angst macht. Und kurz bevor uns Mr Crimer aus dem Wrack von Henriettes Blubber gefischt hat, habe ich diese Gummirüstung auch im Meer herumschwimmen sehen.«
»Vielleicht ist das Mr Nin«, sagte Mafalda aufgeregt. »Der Chef der Unruhestifter!«
»Ja«, sagte Max. »Vielleicht. Aber auf jeden Fall hatte ich den Eindruck, dass er uns nicht umbringen wollte. Er hat mir zugewunken. So als ob er mir ein Zeichen geben wollte. Ein Zeichen, schnell zu verschwinden.«
»Meinem Bruder hat er jedenfalls kein Zeichen gegeben, schnell zu verschwinden.« Tom blickte Max stirnrunzelnd an.
»Du hast recht.« Max schüttelte den Kopf. »Irgendwie verstehe ich das alles nicht. Es sind so viele Geheimnisse auf einmal. Jetzt, wo das Kraftwerk zerstört ist, müsste doch auch eigentlich die Beleuchtung in der Stadt ausgehen. Aber ich habe das Gefühl, dass die heller leuchtet als je zuvor.«
In derselben Sekunde gingen die Lichter aus.
»Schnell«, sagte Mafalda und zog ihren Bruder und Tom am Ärmel. »Das ist unsere Gelegenheit, aus diesen Ginsterbüschen zu verschwinden.«
Max sprang auf die Beine, um die Führung zu übernehmen, aber Mafalda kam ihm zuvor. Sie zog die Jungen den Abhang hoch und zurück auf die Straße. Dabei stießen sie mit mehreren Feuerwehrmännern, Polizeibeamten mit Fackeln und Schaulustigen zusammen, die sich am Eingang zum Tunnel drängten und aufgeregt durcheinanderriefen.
»Nur die Ruhe«, sagte einer der Beamten. »In wenigen Minuten wird es wieder hell werden. Wir haben alles unter Kontrolle.«
»Dass ich nicht lache«, schnaubte Mafalda leise. »Die haben
gar nichts
unter Kontrolle.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, entgegnete Tom. »Bei uns sind Polizei und Feuerwehr
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