Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)
Bettencourt!“ Eine helle Stimme ließ Stanley herumfahren. Die Ursache war eine ältliche Dame, pummelig trotz Mieder. Ihre rosigen Wangen glühten wie überreife Äpfel. Kleine flinke Augen musterten erst Cecilia, dann Stanley.
„ Lady Shellborne ... ich möchte Ihnen meinen Anwalt, Mister Stanley Hard, vorstellen.“
Stanley verbeugte sich leicht. Lady Shellborne nickte gütig. Ihre Hand behielt sie bei sich.
Resolut drehte sie sich zu Cecilia, legte ihr einen Arme um die Schultern und schob sie neben sich her. „Himmel, wie sehen Sie denn aus? Und was tun Sie hier? Man erzählt sich ja die schrecklichsten Dinge über Sie.“
Stanley blieb zurück. Er grinste den Butler an. Dieser wölbte seine Brauen und starrte ins Leere.
„ Nun kommen Sie schon, junger Mann“, befahl Lady Shellborne. Es schienen Minuten zu vergehen, bis sie die Eingangshalle durchquert hatten. Der Butler geleitete sie in den Salon.
Weiße Möbel, Chippendale, Stuckverzierungen, wohin das Auge blickte, Putten, Standfiguren aus Porzellan, ein erhabener Kamin, getrocknete Blumen, roter Samt. Neben einem duftenden Kräutergesteck stand ein Terrarium, sehr gepflegt, schön bewachsen, gut beleuchtet. Auf einem Ast kauerte ein schläfriger Leguan.
„ Evan – bringen Sie uns Tee!“
Der Butler entschwand.
Sie setzten sich. Lady Shellborne thronte auf einem Louis-Quinze-Sofa. „Was für eine Überraschung.“ Sie rieb sich die kleinen Hände. Zu Stanleys Überraschung öffnete sie die obersten zwei Knöpfe ihres Kleides und entfernte ein Diadem, daß in ihrem Haar klemmte. Achtlos warf sie es auf den Tisch. „Man kann ja nie wissen, wer vor der Tür steht, nicht wahr?“, blinzelte sie schelmisch. „Für gute Freunde putze ich mich um diese Zeit nicht heraus.“ Sie schlug ihre Beine übereinander. „Seitdem mein armer Theodorus auf der Krim gefallen ist, gibt es Dinge, die mir mehr Vergnügen bereiten, als mich zu pudern und zu drapieren wie ein Weihnachtsbaum.“
Stanley schwieg. Lady Shellbornes ungezwungener Charme belustigte ihn.
„ Sie sind nicht gekommen, um mir einen guten Tag zu wünschen, Cecilia!“ stellte die Lady fest. „Dafür ist Ihre Kleidung doch etwas ... außergewöhnlich, obwohl ich gestehen muß, daß Sie mir nicht schlecht gefallen.“ Sie musterte die Kleidung, die Stanley jahrelang getragen hatte. Sie sah ihn an. „Ihr Männer wißt ja nicht, wie elendig es ist, erst das Korsett, dann die Haifischgräten, anschließend unendlich viele Unterröcke und letztendlich das Kleid übereinander zu stülpen. Seitdem ich auf drei Schichten verzichte, haben meine Rückenschmerzen nachgelassen. Warum sollen Frauen eigentlich nicht auch bequeme Hosen und Hemden tragen? Pah! Irgendwann wird sich diese Mode durchsetzen, darauf wette ich!“
Evan servierte den Tee und entfernte sich wieder. Leise klickte die Tür hinter ihm ins Schloß.
Stanley lächelte und nickte, aber Lady Shellborne schien ihn schon wieder vergessen zu haben, denn sie beugte ihren Kopf aufmerksam Cecilia entgegen. „Also, wie kann ich Ihnen helfen?“
„ Erinnern Sie sich an die Seance, die Sie vor zehn Monaten ...“
„ Es ist soweit, nicht wahr?“, unterbrach die Lady. Sie nippte am Tee.
Cecilia nickte still.
Das Schweigen überbrückend goss die Lady nach. „Sie wissen, worüber ich rede, Cecilia. Irgendwann werden Sie es selber erfahren! Waren das meine Worte?“
„ Genau diese, Lady Shellborne.“ Aufgeregt verschüttete Cecilia etwas Tee auf die abgerissene Hose.
„ Und nun soll ich Ihnen helfen?“ Sie wartete die Antwort nicht ab. „Das ist mein großes Vergnügen, Mister Hard! Ich lege Karten, veranstalte Seancen, übe mich in Weißer Magie, lese aus Händen und dem Teesatz ... und werde ausgelacht. Selbstverständlich nicht von allen Menschen.“ Sie schmunzelte gutmütig. „Menschen, die mich um meine Hilfe bitten, glauben daran! Manche glauben an die Wirkung von Kristallen, von Edelsteinen, von Duftölen, andere wieder an Geister und Dämonen, an Stimmen, die sie im Wind erkennen, an Reinkarnation, an Seelenwanderung, Metamorphosen, an die Macht von Büchern, Kräutern, Essenzen, an Talismane, Astrologie, an Fetische, an Schlachtrituale, Opferungen ...“
Ein kühler Hauch zog durch den Salon. Alle Fenster waren verschlossen. Die Sonne zog sich hinter die gegenüberliegenden Fassaden zurück.
Lady Shellborne richtete sich kerzengerade auf. „Also, Cecilia, was kann ich für Sie tun? Liebeszauber? Voodoo? Haben Sie
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